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Der Strafrichter entschied wegen vorsätzlicher Körperverletzung auf 30 Tagessätze à 50 Euro. (Foto: privat)

52-Jähriger bestreitet Taten: Hat er seine Stieftochter geschlagen?

Bad Reichenhall – Bei offenem Fenster permanent die Heizung voll aufgedreht. So soll die heute 17-jährige Stieftochter den 52-jährigen Handwerker lächelnd provoziert haben. Vor ziemlich genau zwei Jahren eskalierte der Streit in dem Reichenhaller Wohnhaus. Der Mann soll mit der Mutter gerangelt, und anschließend deren Tochter dreimal den Ellbogen in die Rippen gestoßen haben. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung sollte der Handwerker 3.000 Euro zahlen. Mit seinem Einspruch erreichte er am Laufener Amtsgericht zumindest eine Halbierung der Strafe.


1500 Euro habe er an Heizkosten nachzahlen müssen, beklagte der 52-Jährige. Die Stieftochter, erneut darauf angesprochen, sei zur Mutter nach unten gelaufen. »Die hat geschrien, ist völlig ausgetickt und hat mir mehrfach gegen das Schienbein getreten«, schilderte der Angeklagte die folgende Auseinandersetzung, bei der sich die Frau den Kopf gestoßen haben soll und eine Vase kaputt gegangen war. »Ich habe sie nur abgewehrt und sie weggedrängt.«

Die Stieftochter will im Zimmer nebenan die Schreie der Mutter gehört und die Rangelei durch das Schlüsselloch beobachtet haben. »Ich bin in den Flur und wollte beide auseinanderziehen«, berichtete die 17-Jährige, »dann hat er mir mit seinem Ellbogen dreimal in die Rippen gestoßen.« Der Angeklagte behauptete hingegen, die Jugendliche sei von hinten auf ihn gesprungen und habe auf ihn eingeschlagen.

Die 45-jährige Mutter beschrieb es »wie im Horrorfilm«. »Ich hatte Angst, dass er mich die Treppe hinunter schmeißt.« Die Tochter habe sich beim Versuch, ihr zu helfen, eingenässt.

Mutter und Tochter waren daraufhin in das Zimmer geflüchtet, hatten die Türe zugedrückt und die Polizei gerufen. »Ich habe noch nie im Leben körperliche Gewalt ausgeübt«, beteuerte der Angeklagte, der eine Einstellung des Verfahrens unter der Vorgabe, einen sozialen Trainingskurs zu absolvieren, abgelehnt hatte. »Weil ich niemanden geschlagen habe. Ich lasse mich nicht als Schläger hinstellen.«

»Der Angeklagte war außergewöhnlich ruhig«, erinnerte sich ein Beamter der PI Bad Reichenhall, »im Gegensatz zur Frau.« Die hatte rund 0,5 Promille Alkohol im Blut, der Angeklagte 0,0. Verletzungen habe man nicht festgestellt, ergänzte eine Kollegin, »sonst hätten wir die fotografiert«. Die Mutter will dennoch einen Kratzer an der Stirn davongetragen haben, die Tochter sprach von leichten Druckschmerzen. Lediglich der Angeklagte konnte ein Attest vorlegen, wonach er Prellmarken am Schienbein und eine geringe Schwellung davongetragen habe. »Die Tochter hat sich für das Verhalten der Mutter entschuldigt«, wusste der Beamte weiter zu berichten. Die wiederum beschuldigte den Angeklagten, während der ganzen Ehe aggressiv gewesen zu sein und Gegenstände geworfen zu haben.

Rechtsanwältin Claudia Ernst bezweifelte, dass die Tochter durch das Schlüsselloch gleichsam um die Ecke habe sehen können. »Heute schilderte sie es anders als bei der Polizei.« Die Verteidigerin räumte ein, dass ihr Mandant der Stieftochter aufgrund der enormen Heizkosten gedroht habe, sie rauszuwerfen. »Wenn die ihn von hinten anspringt, ist nachvollziehbar, dass er zurück boxt.« Wer nicht überzeugt war, war Richter Christian Daubner: »Die Stieftochter klammert sich an sie und schlägt gleichzeitig auf sie ein. Wer soll das glauben?«

Amtsanwalt Tobias Streifinger erachtete zumindest die Rippenstöße gegen die junge Frau als glaubhaft. Er beantragte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30 Euro. Die Verteidigerin betonte, dass weder Mutter noch Tochter vor Ort von Verletzungen berichtet oder über Schmerzen geklagt hatten. »Einzig der Angeklagte wurde verletzt.« Claudia Ernst beantragte einen Freispruch und die Übernahme aller Kosten ihres Mandanten.

Der Handwerker, der nicht vorbestraft ist, blieb in seinem Schlusswort dabei: »Es geht um Rache. Die wollen mir eins reindrücken.« Im Zusammenhang mit der Scheidung gehe es den beiden nicht zuletzt ums Geld. »Ich habe noch nie jemanden geschlagen.« Was die Rangelei im Flur mit der Frau betrifft, wollte Christian Daubner im Zweifel zugunsten des Angeklagten urteilen, was jedoch bleibe, seien die Stöße gegen die Stieftochter. »Ich meine, sie hat uns mit der Wahrheit bedient.« Zudem habe die 17-Jährige die Sache »eher verharmlosend dargestellt«. Hätte sie dem Angeklagten eins auswischen wollen, so hätte sie es sicher drastischer geschildert. Der Strafrichter entschied wegen vorsätzlicher Körperverletzung auf 30 Tagessätze à 50 Euro.

höf