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Der Angeklagte führte zusätzlich ein Klappmesser im Auto mit. (Foto: privat)

»Kokain-Gaudi« im Ötztal

Bad Reichenhall – Mit Cannabis hatte der 24-jährige Wiener bereits Erfahrungen gesammelt. Über Kollegen eines Finanzvertriebs war er dann zu Kokain gekommen. Für eine Betriebsfeier im Tiroler Ötztal hatte er die bestellten Portionen von insgesamt 12,2 Gramm besorgt. Doch er hätte besser nicht den Weg über die Bundesrepublik gewählt, denn am Grenzübergang Walserberg wurden die Beamten fündig. Weil der Mann im Auto auch noch ein Klappmesser mitführte und ohne Führerschein unterwegs war, entschied das Laufener Schöffengericht wegen unerlaubter Einfuhr und Fahrens ohne Fahrerlaubnis auf eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung.


Mit Cannabis habe er aufgehört, schilderte der 24-jährige Wiener im Gerichtssaal. Mit Kokain habe er begonnen, weil ihm das im Kollegenkreis als Partydroge präsentiert worden sei. »Ich wollte kein Spießer sein und akzeptiert werden«, begründete er, weshalb er in Wien 16 Tütchen für ein viertägiges Firmen-Event im Tiroler Ötztal besorgt hatte. Den Lieferanten hatte er von den Kollegen erfahren.

Am Grenzübergang Walserberg fanden die Beamten vier Tütchen in der Fahrertüre, eines in der Hosentasche und elf in einer Laptoptasche. Damit nicht genug: Der Wiener fuhr ohne Führerschein, denn den hatte man ihm wegen einer Fahrt unter Drogeneinfluss abgenommen. Erschwerend war, dass sich im Auto auch ein Klappmesser befand. »Ich bin so aufgewachsen, ich hatte immer ein Messer dabei, einfach als Werkzeug.«

Die Nacht nach der Festnahme hatte der Wiener in der Polizeizelle verbracht, die zweite Nacht in der JVA, ehe seine Eltern 5.000 Euro Kaution hinterlegten. »Die waren enttäuscht und haben gefragt, warum ich so deppert bin«, erzählte der Angeklagte kleinlaut. Dessen Haargutachten verriet einen häufigen bis regelmäßigen Kokainkonsum.

Die Tatsache, dass sich der Wiener von jedem der bestellten Tütchen eine kleine Menge abgezwackt hatte, wertete Staatsanwalt Nils Wewer als entgeltliche Gegenleistung. Verwundert zeigte sich Wewer, dass man wegen Cannabis den Führerschein verliere und anschließend zum gefährlicheren Kokain greife. »Kokain ist kurz vor dem Absturz«, urteilte er über dessen Potenzial. Wewer beantragte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten, die von Gesetz wegen schon nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

»Der Hintergrund ist die Firmenstruktur«, meinte Rechtsanwalt Michael Vogel. Weil sein Mandant nicht als »Spießer« habe dastehen wollen, habe er sich bereit erklärt für die »Kokaingaudi im Ötztal« den Stoff zu besorgen. Der Verteidiger wollte von einem minderschweren Fall ausgehen, der ein Strafmaß zwischen einem und zwei Jahren zur Bewährung verdiene.

Das Schöffengericht urteilte auf 20 Monate und eine dreijährige Bewährungsfrist. »Die Besonderheit ist hier die Bestellung«, meinte Vorsitzender Richter Martin Forster, das Motiv den Kollegen zu gefallen, sei eher jugendtypisch. Der Wiener hat sich illegaler Drogen zu enthalten und seine Beratungstherapie fortzusetzen. Von einer sonst üblichen Geldauflage sahen die Richter ab, denn die Kosten für die diversen Gutachten seien relativ hoch. Vermutlich würden die gleich mit der hinterlegten Kaution verrechnet.

höf