Bildtext einblenden
Foto: Pixabay/Symbolbild

»Letzter Ausweg Marihuana« – Vielfach Vorbestrafter bekommt keine Bewährung mehr

Bad Reichenhall – Die 30 Gramm Marihuana will der 38-jährige Maschinenführer allein zum Eigenkonsum gekauft haben. Doch Urin-Tests waren stets negativ ausgefallen. Hatte er also mit den Drogen Handel betrieben? Für Staatsanwalt und Richter sprach jedenfalls genug dafür, um den zwölffach vorbestraften Kurstädter dafür hinter Gitter zu schicken. Am Laufener Amtsgericht entschied Richter Josef Haiker auf sechs Monate ohne Bewährung.


Der Angeklagte berichtete von psychischen Problemen und von Schlafstörungen, von vielen Überstunden und einem ganzen Jahr ohne Urlaub. Allein nur deshalb habe er das Marihuana gekauft. »Mein letzter Ausweg«, sagte er dazu. »Eigentlich wollte ich nicht so viel haben«, versicherte er, doch habe ihm der Anbieter nur seine Gesamtmenge überlassen wollen. »Es war dumm von mir.« Andere 30 Gramm von schlechter Qualität will er an einen Spezl verschenkt haben. Dieser 36-jährige Handwerker, der zur Zeit in der JVA Bernau einsitzt, bestätigte dieses »Weihnachtsgeschenk« von minderer Qualität.

Mit der Ramme waren Beamte am frühen Morgen in die Wohnung des Angeklagten eingedrungen. Dort fanden sie 2665 Euro auf dem Wohnzimmerschrank und 18 Gramm Marihuana hinter einer Revisionsklappe, einer Fliese an der Badewanne. »Er war ruhig und kooperativ«, schilderte der Polizist den Einsatz. Das Geld soll Erspartes gewesen sein. Doch auf dem Kuvert fanden sich Namen und Beträge, innen Scheine vorrangig von 5 bis 20 Euro. Die Scheine hatte der Angeklagte sowohl aufgefächert als auch in der Hand haltend fotografiert.

Auffallend häufig findet sich Körperverletzung in seiner Vorstrafenliste, auch gegen Frauen, aber ebenso Anbau und Erwerb von Drogen. Bewährungen waren verlängert worden, eine unbedingte Haftstrafe vom Landgericht in eine Bewährungsstrafe umgewandelt worden. Im April 2019 hatte das Amtsgericht auf sechs Monate wegen eines Kopfstoßes gegen seine damalige Lebensgefährtin entschieden, das Landgericht das Strafmaß jedoch später auf fünf Monate verringert. Darüber hinaus hatte der Angeklagte die Zeugin zu einer Falschaussage bewegen wollen.

Für Staatsanwalt Fabian Meixner reichten die Indizien aus, um den Kurstädter nicht nur wegen Abgabe, sondern auch wegen Handels mit Betäubungsmittel zu verurteilen. »Viermal einschlägig vorbestraft und zwei offene Bewährungen«, komprimierte Meixner die »wahnsinnige Vorstrafenliste«. Bei der »stabilen Lebenssituation« mit Job, Lebensgefährtin und Kind könne man dem Mann zwar eine positive Sozialprognose stellen, die Legalprognose aber sei »verheerend«. Meixner beantragte daher acht Monate.

Rechtsanwalt Udo Krause sah hingegen »keine Hinweise auf ein Handeltreiben«. Sein Mandant habe zwar in der Vergangenheit »viele Fehler« gemacht, nun aber habe er einen guten Job und 30 Gramm seien doch eher wenig. Eine Haft brächte Chaos in sein Leben, der Job wäre weg und er könne »einpacken«. Der Verteidiger erachtete vier Monate zur Bewährung für ausreichend.

Für Richter Josef Haiker war der Eigenkonsum sowie das angeblich angesparte Geld »eine reine Schutzbehauptung«. Der Angeklagte selbst sei kein Drogenkonsument, weshalb die Namen und Beträge auf dem Geldkuvert naheliegend aus Verkäufen stammten. Weder Haft- noch Bewährungseindruck, weder Kind noch Lebensgefährtin und Arbeitsstelle hätten ihn vor weiteren Taten abgehalten.

»Ich bereue den Schmarrn und verspreche: nie wieder«, erklärte der Reichenhaller in seinem Schlusswort. Die Reue und die Tränen mochte Haiker dem 38-Jährigen sogar abnehmen, »doch das hätten sie sich besser vorher überlegen sollen«.

Der Strafrichter entschied auf sechs Monate. Die 2665 Euro aus dem Kuvert bleiben eingezogen.

Hannes Höfer