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Schon 2020 kämpften Julia Schmied (l.) und Anja Haberstroh dafür, dass Schulen und Kindergärten trotz Corona offen bleiben. Gemeinsam organisierten sie mehrmals Proteste. (Foto: privat)

Reichenhaller Stadträtin wehrt sich gegen Urteil

Bad Reichenhall – Die Reichenhaller Stadträtin Julia Schmied stand noch kürzlich in Laufen vor Gericht, nachdem sie Einspruch gegen einen Strafbefehl in Höhe von 3000 Euro eingelegt hatte. Ihr wurde vorgeworfen, als Veranstalterin einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen nicht dafür gesorgt zu haben, dass die Auflagen eingehalten werden. Am Ende der Verhandlung wurden aus der Strafe 600 Euro. Doch auch das will Schmied nicht hinnehmen, kündigt sie an: Sie habe gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt.


Früher Grüne, jetzt fraktionslos

Die inzwischen partei- und fraktionslose Schulreferentin des Stadtrats, damals noch Mitglied der Grünen, hatte im Januar 2021 die Versammlung vor dem Reichenhaller Rathaus geleitet, bei der es zu den Ordnungswidrigkeiten gekommen sein soll. Es war eine von vielen Veranstaltungen, die sie organisierte, um in der Pandemie vor allem gegen die Schließung der Schulen zu protestieren.

»Gemeinsam mit einer kleinen Elterngruppe meldeten wir mehrere Demonstrationen an, teilweise vor der Grundschule Marzoll mit bis zu 20 Teilnehmer/innen und fünf größere Veranstaltungen mit 50 bis 100 Teilnehmer/innen in Bad Reichenhall«, schreibt Schmied in ihrer aktuellen Stellungnahme, die sie gemeinsam mit Anja Haberstroh verfasst hat, weil diese alle Veranstaltungen mitorganisierte und auch als Zeugin vor Gericht ausgesagt habe.

Die Veranstaltungen, an denen hauptsächlich Eltern, Großeltern und Kinder teilgenommen hätten, seien »immer ruhig und sicher« abgelaufen, betonen die beiden. Der Dialog mit den Behörden sei aus ihrer Sicht höflich und wertschätzend gewesen. »Warum es zu einer Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit bei der Demonstration am 25. Januar 2021 kam, ist für uns nicht nachvollziehbar.«

Psychosoziale Folgenbefürchtet

Als beschuldigte Versammlungsleiterin habe sie Widerspruch eingelegt, so Schmied. Aus dem Widerspruch gegen einen Bescheid einer Ordnungswidrigkeit in Höhe von 120 Euro sei ein Straftatbestand in Höhe von 3000 Euro geworden. Warum eine Behörde einen so großen Sprung und einen Straftatbestand erkannt haben wolle, »entzieht sich unserer Kenntnis und unserem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit«, so Schmied und Haberstroh.

»Schön« sei, dass einige Eltern nach wie vor ihre Unterstützung zeigen, fügen die beiden Frauen hinzu und erinnern an die Situation 2020: Als die Schulen und Kindertagesstätten über mehrere Monate geschlossen wurden, hätten sie als Mütter und Sozialarbeiterinnen schnell befürchtet, »dass hier massive negative psychosoziale Folgen für Kinder und Jugendliche entstehen können/werden«.

Mit einer Petition für dauerhaften Präsenzunterricht sammelten sie mehr als 4 000 Unterschriften, auch andere Eltern forderten die Öffnung von Schulen und Kitas. »Viele Eltern meldeten sich und bestätigten die Problematik. Familien kamen schnell an ihre Grenzen. Homeoffice und Homeschooling oder die Betreuung der Kinder in verschiedensten Altersgruppen brachten viele, insbesondere Mütter, an ihre Grenzen«, erinnern Schmied und Haberstroh.

Depressionen und Diabetes

Für die Kinder sei die Isolation von Freunden und dem öffentlichen Leben hinzugekommen. »Die Folgen sind inzwischen bekannt und wurden von verschiedenen Krankenkassen zusammengefasst. Angststörungen, Depressionen, Essstörungen und Diabetes haben in den vergangenen zwei Jahren unter Kindern und Jugendlichen stark zugenommen. Die Kinderkliniken sind voll, ebenso Kinder- und Jugendpsychotherapeuten.«

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek, mit dem Schmied bei einer Diskussion sprechen konnte, habe dies bestätigt und arbeite an der Bereitstellung von weiteren Hilfsangeboten, schildert Schmied ihren Eindruck von dem Gespräch.

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