Mittlerweile hat sich die Situation normalisiert und der »Berchtesgadener Anzeiger« hat sich umgehört bei den Platzbetreibern und Touristikern, wie die aktuelle Lage ist. Insgesamt fünf Plätze unterschiedlicher Kategorien gibt es im Talkessel: das Camping-Resort Allweglehen in Berchtesgaden, den Campingplatz Landthal in Bischofswiesen-Winkl, die Campingplätze Mühlleiten und Grafenlehen in Schönau am Königssee und den Campingplatz Simonhof in der Ramsau.
Außerdem hat die Gemeinde Schönau einen der Parkplätze am Königssee als Übernachtungsstellplatz für etwa 70 Fahrzeuge ausgewiesen und eine Entsorgungsstation gebaut. Das ist eine sehr beliebte Variante bei den Campingfreunden, die länger unterwegs und auf der Durchreise sind. Da darf dann allerdings auch nicht groß aufgebaut, sondern wirklich nur übernachtet werden. Grundsätzlich bietet der Talkessel damit ein relativ breites Angebot, das viele Bedürfnisse abdeckt.

Wie sich die Zahlen seit Corona entwickelt haben, das weiß man beim Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden. Geschäftsführer Michael Wendl und seine Leiterin für das Destinationsmanagement, Teresa Hallinger, sind zuständig für rund 2000 Betriebe im Talkessel, zu denen auch die fünf Campingplätze gehören.
Unter dem Strich sind die Zahlen relativ stabil geblieben; der Boom in der Branche ist nicht so recht angekommen. Das liegt auch daran, dass während der Lockdownzeiten die Campingplätze ihre Tore ebenfalls schließen mussten. Vergleicht man die Zahlen des Zeitraums Mai mit November 2019 und den selben Zeitraum 2021, kommt annähernd das selbe Ergebnis raus, es gab eine leichte Steigerung von 160.000 auf 161.000 Übernachtungen.
Beim Bergerlebnis glaubt man, dass die Auslastungsgrenze in diesem Bereich erreicht ist. »Die Campingplätze werden ja nicht größer, sondern die Stellplätze eher weniger, weil die Wohnmobile größer werden und die Betreiber mehr Platz und Komfort anbieten wollen«, sagt Teresa Hallinger.
Marketingtechnisch finden sich die Campingplatzbetreiber auf der Bergerlebnis-Homepage wieder, außerdem im Gastgeberverzeichnis und auf den Social Media-Kanälen des Zweckverbands. Einen Werbeschwerpunkt wird es trotz den anhaltenden Booms nicht geben, erklärt Wendl: »Die Plätze sind im Sommer sehr gut ausgelastet. Außerdem bewerben wir ja eine Region, kein einzelnes Produkt.«

Etwas mehr würde sich trotzdem Thomas Fendt wünschen, der das Camping-Resort Allweglehen betreibt. Bis zu 150.000 Übernachtungen pro Jahr kommen beim Fünf-Sterne-Superior-Platz in Spitzenzeiten zusammen; deswegen organisiert er sich auch selber Besuche auf Camping-Fachmessen. Außerdem hat er sich darauf verlegt, grenzüberschreitend mit Salzburg und Tirol zu kooperieren, »wir sind ja schließlich eine Euregio«. Bei ihm findet vom Zelt-Freund bis zum Kapitän eines 100.000 Euro-Campers jeder Platz: »Wir sind wie ein Hotel, nur dass jeder sein Zimmer selber mitbringt.« Und weil Fendt weiß, was Camper wollen und brauchen, hatte er den Gemeinden im Talkessel angeboten, Übernacht-Stellplätze mit Ver- und Entsorgung zu betreiben. Allerdings war nach seinen Worten das Interesse gering; die Gemeinde Schönau am Königssee hat sich der Sache schließlich auch noch selber angenommen.
Beim Zweckverband Bergerlebnis sieht man das als passende Ergänzung, wie Wendl erklärt: »Das ist nicht nur touristisch wichtig, sondern hilft auch, das Wildcampen zu unterbinden. Außerdem sind die Campingplätze in der Hauptsaison stark belegt. Und wenn alles voll ist, kann man da zumindest stehen bleiben.« Und möglicherweise zu einem anderen Zeitpunkt wiederkommen, wie der Touristiker hofft. Immerhin zwei Mal war auch der Stellplatz am Königssee 2021 bis auf den letzten Platz besetzt. Und: »Die Camper lassen Geld da, das muss man schon sagen.« Und in der Relation gar nicht mal so wenig: Im Jahr 2019 wurden im Verbandsgebiet 2,3 Millionen Übernachtungen registriert, 2021 waren es immerhin schon wieder 1,6 Millionen. Und für rund 10 Prozent davon sorgen die fünf Campingplätze.
Dazu zählt auch der Simonhof mit seinen vier Sternen in der Ramsau, den Andreas Graßl in der dritten Generation betreibt. 1964 wurden dort zum ersten Mal Camper begrüßt. Auch er kann sich über mangelnden Zuspruch nach Corona nicht beklagen, fährt aber tatsächlich ein anderes Modell: »Wir sind stetig bei 80 Prozent Auslastung und haben uns selbst ein Limit von 310 Gästen gesetzt, auch wenn mal eine Lücke bleibt.« Die Erfahrung hat gezeigt, dass bei dieser Auslastung der Campingplatz optimal funktioniert, ohne große Wartezeiten an Kiosk und Sanitärbereichen und die Urlauber schätzen das, weiß Graßl: »Wir haben sehr viele wiederkehrende Gäste, deswegen legen wir da großen Wert darauf.«
Auch der Ramsauer hat registriert, dass nach den Lockdowns die Nachfrage deutlich nach oben gegangen ist: »In den Ferien und in der Hauptsaison waren wir immer schon stark belegt, aber nach den Ferien ist die Nachfrage um gut 30 Prozent gestiegen.«
Knapp zwei Drittel der Urlauber am Simonhof haben vorher reserviert, der Rest kommt spontan in die Region, so seine Erfahrungen: »Die kommen in Richtung Berchtesgaden und suchen sich was im Umkreis.« Mit 75 Prozent der Löwenanteil stammt aus Deutschland, heuer sind auch Niederländer und Tschechen stark vertreten. Und die Mehrheit bleibt auch länger, denn einen Stellplatz reservieren kann man bei Andreas Graßl erst ab fünf Nächten: »Das haben wir bewusst so gewählt, um besser steuern zu können.«

Um die Werbung kümmert sich der Unternehmer weitgehend selbst: »Wir sind natürlich in einigen Campingführern vertreten, haben unsere Homepage neu gestaltet und während Corona ein digitales Reservierungssystem eingeführt. Außerdem vermarktet sich der Name Berchtesgaden quasi von alleine.«
Zwiespältig betrachtet Graßl die Möglichkeit von reinen Wohnmobil-Stellplätzen wie am Königssee: »Ein Campingplatzbetreiber in der Nähe hat das Nachsehen. Andererseits ist das gut für alle, die in der Hochsaison keinen Platz mehr finden. Aber das sollte auch entsprechend überwacht werden, damit da niemand günstig seinen Jahresurlaub verbringt.« Nicht zu vergessen ist, dass Corona ja viele erst zum Campen gebracht hat, um den Lockdowns zu entfliehen.
Auch Graßl stellt viele »Quereinsteiger« fest, die während der Pandemie ihre Camping-Begeisterung entdeckt haben und vermutet schmunzelnd, dass dieser Boom auch wieder ein wenig abebben wird: »Da kommen in Zukunft bestimmt eine günstige gebrauchte Wohnmobile auf den Markt.«
Thomas Jander