Jahrestourismus bereitet Probleme
Die Barrierefreiheit beschäftigte den Vorstand. »Die Jennerbahn ist ein Leuchtturmprojekt«, so der erste Vorsitzende Matthias Stauch. Sie ermögliche Menschen mit schwersten Behinderungen, dass sie ohne Barrieren auf den Berg gelangen. Christine Kury, zweite stellvertretende Vorsitzende, unterstrich Stauchs Aussage. Man habe reichlich Zeit, entspannt in die Bergbahn einzusteigen. Auch die Rollstuhlrampen würden die zugelassene Höchststeigung von sechs Prozent einhalten.
Gerade im Sommer zeichnet die Jennerbahn erhöhten Zulauf an Touristen. »Das Saisonloch gibt es für die Jennerbahn nicht mehr«, erklärte Stauch. Zumindest nicht mehr in dieser Form. Überhaupt seien einstige Skigebiete mittlerweile auch in der Sommersaison beliebt. Man spricht von Jahrestourismus.
Dieses Phänomen stellt den Verband vor einem Problem: Man müsse durchgehend Personal mobilisieren. Die Saisonarbeit verschwindet, Arbeiter müssen langfristig an den Betrieb gebunden werden. »Auch wir sind vom Personalmangel betroffen«, so Stauch. Zudem verkürzen sich die nötigen Pausen zwischen Sommer- und Wintersaison. Diese seien für Revisionsarbeiten aber unverzichtbar, um die Sicherheit der Seilbahnen zu garantieren. »Die Seilbahn ist das sicherste Verkehrsmittel«, versicherte Kury. Demnach seien zwei Revisionsarbeiten pro Jahr notwendig. Kury sprach von einem Wartungsregime: »Die Seilbahnen werden von oben nach unten auf Sicherheit geprüft.« Allgemein gebe es Wartungsteile, die jede Woche kontrolliert werden. Manche werden sogar täglich begutachtet. Durch einen strukturierten Wartungsplan seien verkürzte Betriebspausen der Seilbahnen für die Revisionsarbeiten noch möglich. »Doch das Zeitfenster wird wegen der hohen Nachfrage immer enger«, so Stauch.
Über den allgemein hohen Zulauf in Deutschland freute sich der Vorstand des Verbandes. Peter Lorenz, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Seilbahntagung stellte fest, dass der Verband deutschlandweit im Winter 1,5 Prozent mehr Einnahmen als im Vorjahr gemacht hat. Ähnlich positiv verlief die Sommersaison der Seilbahnen, bei der man sich derzeit in Nähe des Vorjahreswerts befindet. Der Wert könne auch noch überschritten werden. »Das hängt davon ab, wie lange der Spätherbst dieses Jahr noch dauert«, so Lorenz. Auch wenn die Besucherzahlen und Umsätze jährlich ansteigen, bringt diese erfreuliche Nachricht eine große Herausforderung mit sich: den Massentourismus. »Es ist Segen und Fluch zugleich«, so Stauch. Touristen würden unbedacht mit ihren Autos zu jedem Fleck fahren. Durch diese Unbekümmertheit schädige man die Natur.
Massentourismus macht zu schaffen
Von Geheimtipps könne nicht mehr gesprochen werden: Sobald jemand ein Foto von diesem »geheimen« Standort online veröffentlicht, sei der Zufluss nicht mehr zu verhindern. Man wolle die erhöhte Besucherströmung über eine geregelte Infrastruktur kontrollieren. So sei es ein Ziel, die Besucher verstärkt für öffentliche Verkehrsmittel zu sensibilisieren. Durch die An- und Abreise zum Skiausflug werden 80 Prozent der CO2-Emissionen verursacht. Die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel würde deshalb die Bilanz verbessern.
Stauch konnte aus eigener Erfahrung sagen, dass diese gezielte Besucherlenkung auf der Zugspitze funktioniert hätte. Dabei wären an einem Tag über 3 600 Besucher der Zahnradbahn mit dem Bus angereist. »Es kann funktionieren. Das macht uns zuversichtlich«, so Stauch.
Damit gebe es bereits Seilbahnen, die naturschonend Touristen lenken können. Auch bei dem Betrieb der Seilbahnen spielte Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Der Verband wolle gerade bei Neubauten und Sanierungsarbeiten viel auf erneuerbare Energien setzen und Spezialisten für diese Angelegenheit mobilisieren.
Man möchte auch in Zukunft auf die E-Mobilität setzen. Dabei gewinne die Seilbahn als urbanes Verkehrsmittel an Bedeutung. Eine konkrete Umsetzung für die Zukunft können sich die Verantwortlichen vorstellen. Patrick Vietze