Auch wenn die Unterschiede in der Beurteilung des bestehenden Jagdkonzepts im Nationalpark durch die verschiedenen Verbandsvertreter schnell deutlich wurden, war man sich in der Zielsetzung einig: Das Schalenwild (Huftiere) ist im komplexen Ökosystem des Nationalparks ein wichtiger Baustein.
Die Wechselwirkungen zwischen Tier- und Pflanzenwelt sind komplex und enden nicht an den Grenzen des Schutzgebiets. In den nächsten Monaten soll nun gemeinsam diskutiert werden, was es braucht, um sowohl den fachlichen Ansprüchen als auch den gesellschaftlichen Erwartungen an ein modernes Huftiermanagement gerecht zu werden. Parallel sollen aus diesen Diskussionen Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Nationalparks abgeleitet werden.
Der Einladung der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden zur Etablierung eines Fachforums Wildtiermanagement im Rahmen der Fortschreibung des Nationalparkplans folgten am Mittwoch zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der betroffenen Interessengruppen. Den Impuls für die Veranstaltung im »Haus der Berge« hatten die aktuellen öffentlichen Diskussionen rund um den Umgang mit Rot- und Gamswild im Nationalpark gegeben. Den gut 25 Teilnehmenden war bewusst, dass vor Beginn der eigentlichen fachlichen Auseinandersetzung der Rahmen für die künftige Zusammenarbeit geklärt werden muss. Unter der Begleitung externer Moderatoren beschrieben die lokalen Vertreter und überregionalen Experten aus Jagd, Tierschutz, Naturschutz und Wildbiologie ihre persönlichen Erwartungen an das Fachforum.
In einer intensiven Diskussion, die zeitweise auch emotional und kontrovers geführt wurde, legten die Teilnehmer gemeinsam einen thematischen Fahrplan für die weiteren Treffen fest. Dieser Fahrplan spiegelt die Vielfalt des Forums, aber auch die Komplexität des Umgangs mit Schalenwild in einem Nationalpark wider. Wichtig war allen, den Blick in die Zukunft zu richten, um eine fachlich fundierte sowie regional umsetzbare Handlungsstrategie für den Nationalpark und die Betroffenen im Umkreis zu entwickeln.
Die Fülle der Themen und damit verbundenen Aufgaben, die in kommenden Wochen und Monaten vor den Teilnehmenden liegen, ist groß: Sie reicht von der Analyse der bestehenden Daten und ihrer transparenten Darstellung bis zur Formulierung von Anforderungen und Grundlagen für ein Managementsystem für Schalenwild in einem Nationalpark, in dem nur noch auf wenigen Flächen außerhalb der Kernzone gejagt wird.
Auch die Ansprüche der verschiedenen Wildarten, der Verbiss, die Waldökologie, das Gesamt-Ökosystem Nationalpark, die Jagdpraxis, Kommunikation und Transparenz sowie der gesetzliche Rahmen sollen beleuchtet werden. Neben konkreten Maßnahmen vor Ort geht es auch darum, Empfehlungen für ein neu konzipiertes Monitoringsystem und Forschungsideen für die Nationalparkverwaltung zu entwickeln.
»Das war nur der Anfang«, stellte Roland Baier, Leiter der Nationalparkverwaltung, abschließend fest, »die Nationalparkverwaltung hat bereits heute ein paar Hausaufgaben vom Fachforum erhalten, die werden wir jetzt abarbeiten«.
Das von der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden im August 2019 initiierte »Fachforum Huftiermanagement im Nationalpark Berchtesgaden« setzt sich aktuell zusammen aus Vertretern des Bayerischen Jagdverbandes, des Ökologischen Jagdverbandes, der Hochwildhegegemeinschaft Berchtesgadener Land, des Bunds Bayerischer Berufsjäger, der Salzburger Jägerschaft, des Vereins Wildes Bayern, des Landesbunds für Vogelschutz, des Bund Naturschutz in Bayern, des Tierschutzvereins Berchtesgaden, des Deutschen Tierschutzbunds, des Vereins der Freunde des Nationalparks.
Mitglieder sind außerdem Vertreter der Nationalparkverwaltung, des Forstbetriebs Berchtesgaden, des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Traunstein sowie der Natura 2000-Botschafter Alexander Huber und der Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch. fb