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Eine eigene Busspur wird es auf der Königsseer Straße wohl nicht geben, dafür Radwege auf beiden Seiten. Die Parkplätze werden vermutlich bleiben und die Straße soll wieder Alleecharakter bekommen. (Foto: Ulli Kastner)

Königsseer Straße soll wieder Alleecharakter bekommen

Berchtesgaden – Die Königsseer Straße soll verkehrstechnisch neu strukturiert und optisch aufgewertet werden. Und man will im selben Zug Verbesserungen für den ÖPNV realisieren. Darin sind sich alle Verantwortlichen einig. Dass es nach dem Wunsch der Marktgemeinde Berchtesgaden aber nun vermutlich keine eigene Busspur, sondern dafür in beide Richtungen eigene Radwege geben wird, gefällt nicht allen.


Leidtragende des abendlichen Rückstaus in der Hochsaison sind vor allem die Busfahrer der RVO-Linie Königssee. Die Regionalverkehr Oberbayern GmbH und ihre Beschäftigten sind es also in erster Linie, die sich sehnlichst eine eigene Busspur auf der Königsseer Straße in Richtung Kreisverkehr wünschen, um die Fahrpläne besser einhalten zu können. Unterstützung bekommen sie vom Verkehrsforum Berchtesgadener Land, das ebenfalls vehement für eigene Busspuren auf der Königsseer Straße und auf der Bundesstraße 20 von der Gmundbrücke bis zum Kreisverkehr plädiert.

Verkehrsforumfordert Busspuren

»Wir sind schließlich eine Biosphärenregion. In Zeiten des Klimawandels sollten Busspuren der Standard werden«, betont Verkehrsforums-Vorsitzender Dr. Karl Bösenecker. Der verweist darauf, dass man ja die Busspuren auch für Radfahrer freigeben könne. Und im Forum hat man auch den Neubau einer Königssee-Bahn noch nicht aufgegeben. Im Gegenteil, das sei nach wie vor ein »heißes Thema«, versichert Bösen­ecker.

Franz Rasp, Bürgermeister von Berchtesgaden, hält eine »Schwarz-Weiß-Debatte« in punkto Busspur nicht für zielführend. »So leicht ist es eben nicht«, sagt der Rathauschef und erinnert daran, dass es massive Rückstaus vom Kreisverkehr in Richtung Königssee nur während der Sommersaison etwa zwischen 15 Uhr und 17 Uhr gebe. Verkehrsplaner Peter Nolden aus Essen hat im Rahmen eines Gutachtens herausgefunden, dass eine Busspur nur einen Zeitgewinn von circa 160 Sekunden bringen würde. Dazu komme, dass die aktuellen Verspätungen, die zwischen Königssee und Bahnhof im Durchschnitt drei Minuten betragen, ihre Ursache auch in einer verspäteten Abfahrt in Königssee haben. Zu viel Zeit wird in den Bussen nämlich beim Ticketverkauf verschwendet.

»Für eine Modernisierung des Ticketerwerbs bräuchte man aber die entsprechende Infrastruktur«, sagt Franz Rasp. Der Aufwand allerdings ist beträchtlich. Es müssten nicht nur die digitalen Voraussetzungen für ein elektronisches Ticket geschaffen werden, sondern jede einzelne Bushaltestelle bräuchte auch einen Fahrkartenautomaten«. Die Verbesserung des ÖPNV-Angebotes sei aber ein gemeinsames Anliegen, bestätigt Rasp.

Bei Busspur kein Platz mehr für Parkplätze

»Natürlich hat es etwas, wenn du mit dem Bus an einer Fahrzeugschlange vorbei fahren kannst«, räumt Franz Rasp ein. Eine Busspur bringe aber außerhalb der Saison gar nichts, auch in der Hauptsaison sei der Zeitgewinn überschaubar. Darüber hinaus werde die Situation für Fußgänger schwieriger, weil zusätzlich die Busspur überquert werden müsse, und auch für Abbiegende verschlechtere sich die Situation. Bei Anlegung einer Busspur wäre es, so Rasp, auch nicht mehr möglich, die Gehwege zu verbreitern, was eigentlich das Ziel sein müsse. Und, vielleicht das entscheidende Gegenargument: Wegen der beengten Platzverhältnisse entlang der Königsseer Straße würden bei Anlegung einer zusätzlichen Busspur alle Parkplätze wegfallen. Für die Anlieger und für die Geschäfte ein erheblicher Einschnitt.

Franz Rasp verweist auch darauf, dass für die Zulassung einer Busspur durch die Untere Verkehrsbehörde am Landratsamt auch einige Voraussetzungen zu erfüllen seien. So müsse es dafür eine ausreichende Anzahl von Linien pro Stunde geben. »Auch bei einer Taktverdichtung bringen wir die bei weitem nicht zusammen«, weiß der Bürgermeister. Eine weitere Voraussetzung sei das Erreichen einer »deutlichen Verbesserung«. Auch die sieht Franz Rasp nicht gegeben, weil die Verbesserungen nur saisonal kurzzeitig erreicht würden. Außerdem betrage die Fahrzeit zwischen Einmündung Vorderbrandstraße und Kreisverkehr auch bei Rückstau nur acht Minuten.

Doch wie geht es nun weiter mit den Planungen für eine Neugestaltung der Königsseer Straße? »Wir prüfen Alternativen, wie der Bus schneller zum Bahnhof kommen kann«, erklärt der Rathauschef. In dieser Sache sei man in konstruktivem Dialog mit der Gemeinde Schönau am Königssee, deren Gemeinderat ebenfalls den ÖPNV verbessern will. Die Gemeinde hat sich auch an den Kosten für das Gutachten beteiligt.

Intelligente Ampellösung beim »Sulzberger«?

Geprüft wird aktuell eine intelligente Ampellösung, die dem Bus Zeitvorteile verschafft. So könnte man an der Bundesstraße 20 an der Einmündung der Alten Königsseer Straße auf Höhe »Sulzberger« eine Bedarfsampel installieren, die rechtzeitig vor Annäherung eines Linienbusses aus dem Ortsteil Schwöb per GPS automatisch auf Rot schaltet. Der Rückstau vom Kreisverkehr in Richtung Königssee würde sich dann während der ein- oder zweiminütigen »Räumzeit« deutlich verkürzen und der Bus könnte zügig vielleicht bis zur Einmündung Vorderbrandstraße fahren. Möglich wäre so eine Bedarfsampel auch aus Richtung Unterstein, sodass es einen weiteren Zeitgewinn für den Bus aus Königssee gäbe. »Aktuell laufen auf der Bundesstraße und aus Richtung Unterstein Verkehrszählungen durch Peter Nolden, die Aufschluss über den Sinn solcher Maßnahmen geben sollen«, sagt Rasp. Allerdings müsse man bei Realisierung des Ampelprojekts auch dafür sorgen, dass die Busse an der Haltestelle Wemholz nicht wieder überholt werden können.

Zurückhaltend reagiert Bürgermeister Hannes Rasp aus Schönau am Königssee auf die Alternativideen seines Berchtesgadener Amtskollegen. »Grundsätzlich bin ich für alle Lösungen offen. Wir müssen halt dafür sorgen, dass der ÖPNV eine bessere Akzeptanz bekommt, der Individualverkehr dafür zurückgedrängt wird«. Dazu gehöre auch, dass man in den Bussen künftig per Handy zahlen kann oder die Bustickets bereits in den Touristinformationen oder an Automaten besorgt werden können. Dann könnten die Busse in Königssee auch pünktlich abfahren. »Dass die Anschlüsse am Bahnhof verpasst werden, ist eine untragbare Sache«, betonte Hannes Rasp und äußert Skepsis, ob da eine Bedarfsampel auf Höhe »Sulzberger« etwas bringt. »Bei Rückstau braucht man vom Sulzberger bis zum Bahnhof eine Viertelstunde. Was bringt dem Bus da eine Ampel, die zwei Minuten auf Rot steht?«

Planung von außen nach innen

Allgemein fordert Berchtesgadens Rathauschef Franz Rasp für die Königsseer Straße im Gegensatz zur üblichen Praxis eine »Planung von außen nach innen«. Man sollte also zuerst Angebote für Fußgänger und Radfahrer schaffen und dann schauen, wie viel Platz noch übrig bleibt. »Die Parkplätze sollten unbedingt erhalten werden, die Aufenthaltsqualität in der Königsseer Straße soll besser werden, es soll eine weitere Überquerungshilfe geben und die Straße soll wieder Alleecharakter bekommen«, erklärt der Rathauschef seine Visionen. All das sei mit einer eigenen Busspur schwierig zu realisieren. Berchtesgadens Bürgermeister geht davon aus, dass eine Entscheidung im nächsten Jahr fallen könnte. »Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit«, sagt er. Eine Umsetzung des Projekts durch das Staatliche Bauamt Traunstein und die Marktgemeinde Berchtesgaden könnte frühestens in den Jahren 2023/2024 erfolgen.

Während für die Neugestaltung der Königsseer Straße noch keine endgültige Entscheidung gefallen ist, ist eine Busspur für die Bundesstraße 20 zwischen Gmundbrücke und Bahnhof bereits passé. »Echtversuche« durch das Staatliche Bauamt Traunstein haben laut Franz Rasp gezeigt, dass der Zeitgewinn für Busse lediglich ein bis zwei Minuten betragen würde. »Das ist keine Busspur wert«, betont Rasp. Darüber hinaus gebe es hier nur eine einzige Buslinie – aus Ramsau. Künftig solle es auf diesem Abschnitt der B 20, wie auch aktuell, nur noch eine Fahrspur in jede Richtung geben. Dann ist ausreichend Platz für einen breiten Geh- und Radweg, von der Fahrbahn abgetrennt durch einen Grünstreifen. Vor Umsetzung des Projekts muss noch die Ufersanierung an der Ache beendet werden, außerdem arbeitet man noch an einer technischen Lösung für den Bahnübergang »Haus Achental«.

Ulli Kastner

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