Eine Bauvoranfrage des Zweckverbands hatte der Marktgemeinderat Berchtesgaden bereits vor einiger Zeit befürwortet. Geplant war der Bau eines Wohn- und Geschäftshauses mit 20 bezahlbaren Wohnungen als Ersatzbau auf dem Grundstück des Kurdirektions-Gebäudes. Der Plan des Bad Birnbacher Architekten Stefan Kohlmeier sah ein viergeschossiges Gebäude mit Tiefgarage im Untergeschoss vor. Das Erdgeschoss und die oberen Stockwerke sind für 20 Wohnungen und Raum für Gewerbe vorgesehen. Die Wohnungen sollten nach damaligem Stand mit 10 Euro pro Quadratmeter (kalt) leistbar sein.
In Anbetracht steigender Baukosten und Zinsen ist man von diesen 10 Euro längst wieder abgekommen und hat bereits mit 12 Euro geplant. Dieser Mietpreisdeckel würde für einen künftigen Investor gelten. Für das Grundstück wurde laut Ausschreibung ein Mindestkaufpreis von 1,3 Millionen Euro angesetzt. Doch das Interesse war äußerst mager. »Es hat zwar das eine oder andere Angebot gegeben. Aber es war entweder rechtlich nicht belastbar oder der Interessent wollte sich mit einem Kriterium nicht abfinden«, sagt Dr. Bartl Wimmer, Vorsitzender des Zweckverbands Bergerlebnis Berchtesgaden. So hat man kürzlich den Beschluss gefasst, die laufende Ausschreibung wieder aufzuheben. »Wir stehen praktisch wieder bei null«, erklärt Wimmer.
Aktuell befindet man sich in einer internen Debatte mit den Bürgermeistern der Talkessel-Gemeinden. Denn für alle ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum von äußerster Wichtigkeit. Doch wie lässt sich noch ein Käufer finden? Den Grundstückspreis senken kann man nicht, weil der Zweckverband nicht unter dem Verkehrswert verkaufen darf. Nicht ausgeschlossen ist, dass der Zweckverband doch noch einen höheren Mietpreis zulässt und das Projekt damit für einen Investor lukrativer werden könnte. Oder dass man die Mietwohnungsauflage etwas abmildert und zumindest den Verkauf einiger Wohnungen zulässt.
Darüber hinaus besteht auch noch die Möglichkeit, das Wohnbauwerk doch noch ins Boot zu holen. Das hatte eine Projektbeteiligung vor allem wegen der hohen Grundstückskosten bereits abgelehnt. »Wenn eine Gemeinde das Grundstück erwirbt und dieses als Sacheinlage zur Verfügung stellt, dann könnte sich das Wohnbauwerk zumindest die Grundstückskosten sparen«, gibt Wimmer zu bedenken.
Der Verbandschef weiß aber auch, »dass das noch lange nicht spruchreif ist«. Oder eine Gemeinde stellt das Grundstück heimischen Unternehmen für den Bau von Mitarbeiterwohnungen zur Verfügung.
»All das werden wir in den nächsten sechs bis acht Wochen intensiv besprechen, diese Angelegenheit soll sich nämlich nicht über Monate oder gar Jahre hinziehen«, versichert Dr. Bartl Wimmer. Vor allem gehe es nicht um Kaufpreismaximierung, »sondern darum, dass da unten etwas Vernünftiges entsteht«. Denn ein Verkauf des Grundstücks ohne irgendwelche Auflagen, sagt Wimmer, sei kein Problem. Aber dann könnte dort auch ein Projekt entstehen, das nicht im Sinn der Öffentlichkeit ist. »Das will ich aber und das will auch die Mehrheit im Verband nicht«, betont Wimmer. Der räumt allerdings auch ein, dass es über das weitere Vorgehen bei den Bürgermeistern unterschiedliche Ansichten gebe. Der letzte Mieter, aktuell nur noch der Nationalpark Berchtesgaden, wird das alte Kurdirektions-Gebäude jedenfalls in Kürze verlassen. Dann steht das Haus leer –- und das soll laut Wimmer auch bis zum Verkauf so bleiben.
Die Mitarbeiter des Zweckverbands sind schon vor längerer Zeit in den AlpenCongress umgezogen, womit die von Wimmer angekündigte »Einhäusigkeit« Realität wurde. Damit gibt es nun auch die Touristinfo an zentraler Stelle gegenüber dem Bahnhof nicht mehr. »Mir ist allerdings klar, dass wir hier etwas tun müssen«, sagt Wimmer. Sein Wunsch ist es, künftig im Bahnhof gemeinsam mit der Regionalverkehr Oberbayern GmbH eine Mobilitätsauskunft zu betreiben.
Ulli Kastner