Marion Keupp trägt schwarze Dienstuniform, am Gürtel hängt ihr mobiler Drucker für Strafzettel und das wichtigste Werkzeug hält sie ständig in ihrer Hand: ein schwarzes Smartphone, das auf den Drucker abgestimmt ist. Über eine App auf ihrem Diensthandy erstellt sie die Strafzettel. Die Kontrolleurin muss viele Daten eintragen sowie die ganze Situation dokumentieren. »Genauigkeit lautet die Devise«, sagt die Kontrolleurin.
Dokumentation mit Handykamera
Wie sie das umsetzt, lässt sich auf dem Busparkplatz vor dem Alten Friedhof beobachten. Am linken Fahrbahnrand gilt absolutes Halteverbot. »Ein Hot-Spot für Falschparker«, weiß die 56-Jährige. Dort stehen tatsächlich ein schwarzer Peugeot und ein schwarzer Suzuki. Die falsch geparkten Autos verengen die Straße, andere Fahrzeuge kommen schwer an ihnen vorbei. Zudem behindern sie anderen Verkehrsteilnehmern die Sicht. »Das muss ich bestrafen«, erklärt Keupp und schreitet flott in Richtung »Tatort«. Marion Keupp tippt zunächst auf ihrem Smartphone die Eckdaten ein: Automarke und -kennzeichen, Tatort und -zeit sowie Tatbestand. Dann zieht sie ein Notizbüchlein aus ihrer Hosentasche, um die Tatbestandsnummer nachzulesen. Keupp ist erst kurzzeitig im Dienst und kennt deswegen diese langen Nummern noch nicht auswendig. Die Tatbestandsnummer ist Teil des Bußgeldkatalogs und gibt an, um welchen Tatbestand es sich handelt.
Im nächsten Schritt aktiviert Keupp ihre Handykamera. Sie fotografiert den Suzuki aus allen Perspektiven. Zusätzlich beweist die Kontrolleurin mit den Fotos, dass sich der Suzuki eindeutig im absoluten Halteverbot befindet. Diesen Vorgang wiederholt sie für den schwarzen Peugeot. »Ich muss so nachvollziehbar wie möglich das Vergehen dokumentieren, falls die Parksünder Einspruch einlegen.«
Die Kontrolleurin ist mit dem Peugeot fertig: Der Drucker am Gürtel piept, der Strafzettel löst sich vom Gerät. Sie platziert ihn zwischen Scheibenwischer und Windschutzscheibe. Die Falschparker beim Alten Friedhof müssen Verwarngeld in Höhe von 15 Euro zahlen. Kurz darauf läuft ein Mann mit rotem Pullover hektisch auf die Kontrolleurin zu. Es ist der Peugeotbesitzer. Der Mann ist aufgebracht. Er fuchtelt wild mit seinen Armen. »Halt!«, schreit er und rechtfertigt sich: »Ich muss doch nur schnell hier etwas abholen. Wo soll ich mich sonst hinstellen?« Mit ruhiger Stimme und betont freundlich erklärt ihm Marion Keupp: »Wenn Sie nur schnell etwas abholen müssen, können Sie auch paar Meter weiter in der Tiefgarage parken. Die ersten 20 Minuten sind kostenfrei.« Der Peugeotfahrer ist einsichtig, als Keupp sagt, dass sein abgestellter Wagen die Straße unnötig verenge.
Der Mann will sofort sein Verwarngeld bezahlen. »Sie müssen das Geld leider überweisen. IBAN steht auf dem Zettel«, so die 56-Jährige. Kontrolleure der Kommunalen Verkehrsüberwachung dürfen nämlich kein Geld annehmen. Die Kontrolleurin bittet den Falschparker, den Wagen umgehend wegzufahren. Denn wenn der Wagen nach einer halben Stunde immer noch hier steht, müsse sie die Strafe erhöhen, erklärt sie.
Gute Erfahrung mit mündlicher Verwarnung
Gerade wegen solcher Situationen wollte Marion Keupp Kontrolleurin werden: »Ich kommuniziere gerne mit Menschen und kann auch mit ihnen umgehen. Über Kommunikation will ich Verkehrssünder erziehen. Klappt das nicht, greife ich härter durch.«
Am 1. Juli dieses Jahres trat Marion Keupp ihren Dienst beim Zweckverband an. Während der Schulungsphase hatte sie immer einen Mitarbeiter an ihrer Seite. Mittlerweile ist sie eingelernt und dreht alleine ihre Runden im Markt. Redebedarf gibt es auch im Eingangsbereich der Fußgängerzone am Marktplatz neben der Dr.-Imhof-Straße. Um 12 Uhr steht mitten auf dem Weg ein großes silbernes Auto. »Zwischen 11 und 17 Uhr dürfen hier nur Autos mit einer Genehmigung zum Beliefern halten«, erklärt Marion Keupp. Die Kontrolleurin blickt auf die Windschutzscheibe. Keine Spur von einem Zettel.
Der Beifahrer sitzt aber im Auto. Die Kontrolleurin fragt freundlich: »Haben Sie eine Genehmigung?« Der Mann erwidert: »Nein, aber wir liefern hier nur Lampen für die anstehende Berchtesgaden-leuchtet-Veranstaltung.« Das bestätigen der Fahrer und ein Mitarbeiter vom Fotogeschäft, die sich umgehend an die Kontrolleurin wenden. Marion Keupp klärt alle über die Situation auf. Sie belässt es aber bei einer mündlichen Verwarnung. Die Falschparker bedanken sich und scheinen einsichtig zu sein. »Bisher habe ich gute Erfahrungen mit meiner Erziehungsweise gemacht. Eine gewisse Kulanz reicht schon aus. Allerdings gab es schon Wiederholungstäter«, erzählt Marion Keupp. Dann hilft nur noch die Strafzettelerziehung.
Besonderes Augenmerk legt die Kontrolleurin auf Autos, die auf Gehsteigen parken. Oft müssen deswegen ältere Menschen mit Rollator oder Mütter mit ihren Kinderwagen kurzzeitig auf die Straße ausweichen. »Ein solches Parkverhalten ist unverantwortlich. Sie bringen die Fußgänger unnötig in Gefahr. Ich muss Situationen wie diese entschärfen«, betont Keupp. Das macht sie auch am Eingang zum Kurgarten Berchtesgaden. Mitten auf dem Gehsteig steht ein blauer Seat. Die Kontrolleurin hat eine Vorahnung und geht zum nahe gelegenen Restaurant. Dort hat der »Parksünder« die Situation bereits erkannt und springt von seinem Stuhl auf. Er weiß, dass er sich nur durch Höflichkeit retten kann und räumt sein Fehlverhalten sofort ein. In dieser Situation strahlt Marion Keupp erneut ihre Ruhe aus und belässt es bei einer mündlichen Verwarnung. »Tausendmal danke. Das wird nicht wieder vorkommen«, versichert der Falschparker und sucht für sein Fahrzeug sofort einen offiziellen Stellplatz. Generell hatte die 56-Jährige bisher kaum Kommunikationsprobleme. »Die meisten sind umgänglich und kommen gleich zur Vernunft. Amüsant finde ich dennoch ihre Ausreden«, sagt Keupp. In ihrer bisherigen Dienstzeit wurde sie noch nie beleidigt.
Strafzettel und Humor
Anstrengende Diskussionen erlebt sie aber öfters. »Wer ohne gültigen Parkschein sein Auto auf dem Parkplatz abstellt, kann sich auch nicht großartig dagegen wehren«, weiß die Kontrolleurin und steuert einen weiteren Hotspot für Falschparker an: das Parkdeck an der Ludwig-Ganghofer-Straße. Hier überprüft die Kontrolleurin zunächst die Parkplätze für Menschen mit Behinderung, die oft ohne Berechtigung genutzt werden. Doch heute ist hier alles in Ordnung, die Behindertenstellplätze sind frei. Dann kontrolliert Marion Keupp die Parkscheine in den Autos. Sie entdeckt ein Auto ohne Parkschein und eines mit einem Jahresparkticket, das aber nicht für das Parkdeck zugelassen ist. »Viele meinen, sie können damit tricksen. Doch solche Tickets sagen nichts aus«, erklärt Keupp. Die 56-Jährige erstellt für beide Autos einen Strafzettel in Höhe von 10 Euro.
Gerade als die Kontrolleurin den Strafzettel hinter den Scheibenwischer steckt, kehrt der Fahrzeuglenker mit dem Jahresparkticket zurück. Der Mann sieht die Sache gelassen und sagt nur humorvoll: »Ich bin ja selbst schuld, wenn ich unüberlegt mein Auto abstelle.« Marion Keupp lacht und freut sich, wenn jemand mit Humor auf ihre kleine Erziehungsmaßnahme reagiert. »Das versüßt meine Arbeit für den restlichen Tag.« Patrick Vietze