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Seit Monaten stehen die Teile der Wärmepumpe unter dem Vordach und warten auf ihren Einbau. Kommende Woche soll Rosmarie Dörps neue Heizung nun eingebaut werden. (Fotos: Kilian Pfeiffer)
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In die Jahre gekommen: die Ölheizung im Keller.

Wärmepumpe als teures »Experiment«

Berchtesgaden – Sechs Wochen sollte es dauern, bis die neue Wärmepumpe die alte Ölheizung von Rosmarie Dörp ersetzt. Mittlerweile ist mehr als ein Jahr vergangen. Denn für einige notwendige Teile bestanden Lieferschwierigkeiten. In der kommenden Woche soll der Einbau nun starten – »hoffentlich«, sagt Dörp. Die Kosten für die Umrüstung sind höher als gedacht. Josef Pflügl, Obermeister der Innung für Spengler, Sanitär- und Heizungstechnik (SHK) Traunstein, sagt: »Die Gefahr ist, dass die Menschen weiter verunsichert werden.«


Seit Monaten steht die Palette unter einem Vorbau neben der Garage und wartet auf den Einbau. Rosmarie Dörp wohnt mit ihrem Mann in einem Berchtesgadener Einfamilienhaus. Vor zwölf Jahren haben die beiden ihr Haus gekauft und renoviert. Die Heizung blieb bei der Übernahme damals bestehen. Geheizt wird noch mit Öl. Doch die Heizung und der Kessel sind bereits in die Jahre gekommen, die vier Öltanks im Keller des Hauses haben mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel, »der Austausch war einfach fällig«. 3 500 Liter Öl benötigten die Dörps pro Jahr. In den vergangenen Jahren stieg der Verbrauch zudem deutlich. Eigentlich wollte die Familie auf eine Gasheizung wechseln. Diese war auch bereits bestellt. »Das wäre unser Wunsch gewesen, weil die Anschaffungskosten deutlich günstiger waren«, sagt Dörp.

Aus sechs Wochenwurde ein Jahr

Mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine stornierte die Berchtesgadenerin die Gasheizung. »Gas war für uns gestorben.« Die Wärmepumpe geriet in ihr Blickfeld. Deutlich teurer, aber die einzige Möglichkeit, sagt Dörp. Fernwärme ist am Haus keine Option, da die Leitungen in der Gegend noch nicht verlegt sind.

Ein Heizungsfachmann begutachtete im April vergangenen Jahres den alten Ölkessel. Das Angebot trudelte zwei Wochen später ein. Die Erstaussage: Die Wärmepumpe könne in sechs Wochen eingebaut werden, sagt Dörp rückblickend. Aus den sechs Wochen ist mittlerweile ein Jahr geworden. Die Pufferspeicher waren nicht lieferbar, weitere Teile fehlten. Auch der Stromanschluss bereitete Schwierigkeiten, weil ein Verteilerkasten nicht geliefert werden konnte. Neues Öl hat die Familie schon lange nicht mehr geordert. Aus einem behelfsmäßigen Plastikbehälter wird die Heizung mit Öl versorgt.

Das Haus von Familie Dörp ist mehr als 60 Jahre alt. »Der Heizungsmonteur sagt, die Wärmepumpe wird bei uns gut funktionieren.« Natürlich könnte die Ausgangslage besser sein, weiß die Wärmepumpenkäuferin. Eine nicht vorhandene Fußbodenheizung wäre laut Experten optimal. Die Familie hat allerdings nur Heizkörper. Die Fenster wurden beim Einzug vor zwölf Jahren erneuert. Das Einfamilienhaus ist aber nicht speziell gedämmt. Auch das wäre gut, gleichzeitig aber auch mit enormen Kosten verbunden. Trotzdem soll das neue Wärmepumpen-System funktionieren – zwar mit höheren Vorlauftemperaturen. Optimal bei einem Luftwärmepumpensystem ist eine Vorlauftemperatur von 35 Grad. Auch bei Vorlauftemperaturen von bis zu 55 Grad kann der Betrieb einer Wärmepumpe noch sinnvoll sein.

Wärmestromtarif verspricht niedrige Kosten

Rosmarie Dörp sagt: »Für uns ist es wie ein Experiment.« Denn der Betrieb einer Wärmepumpe erfordert den Einsatz von Strom. Wie hoch die monatlichen Kosten ausfallen werden, kann sie noch nicht abschätzen. Ein eigens abgeschlossener Wärmestromtarif verspricht niedrige Stromkosten. Immerhin.

Insgesamt bleiben die Kosten aber hoch. Zwar steht die Wärmepumpe mit knapp 15 000 Euro auf dem Angebot aus dem Jahr 2022. Inklusive Einbau, Material, Monteurstunden und zusätzlicher Elektrik knacken die Kosten die 50 000 Euro-Marke.

»Die Geräte sind zu teuer«, attestiert auch Josef Pflügl, Obermeister der Innung für Spengler, Sanitär- und Heizungstechnik in Traunstein. Dass die Geräte günstiger werden, davon geht er nicht aus. »Wir haben viel zu wenige Leute, die Löhne werden auch nicht günstiger«, sagt Pflügel. 30 Prozent mehr zahlt er nun allein in die Berufsgenossenschaft im Vergleich zu den vorherigen Jahren. Würde er heute eine 17 KW-Wärmepumpe bestellen, »kostet mich das im Einkauf allein 17 000 Euro«, sagt der SHK-Obermeister. Verdient hat er dabei noch keinen Cent. Die Preistendenz sei eher steigend als fallen, »auch wenn die Prognosen der Politiker anderes verlauten lassen«.

Mitarbeiterzahl bereitet Kopfzerbrechen

Am meisten Kopfzerbrechen bereiten ihm aber die Mitarbeiterzahlen in seinem Gewerk. Als Obermeister hat er einen guten Überblick. 100 Azubis waren es in seinem Zuständigkeitsgebiet im vergangenen Jahr. 90 traten zur Prüfung an, ein Drittel fiel durch. »Erfahrungsgemäß bleibt in den Jahren drauf dann ein Drittel im Gewerk.« Die Lage ist so dramatisch, dass kaum einer weiß, wie es weitergeht, wenn das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) tatsächlich Einzug hält.

»Noch ist die Nachfrage nach Ölheizungen riesig«, sagt auch Stefan Stanggassinger, Anlagenmechanikermeister für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik aus Bischofswiesen. Die Wartezeiten? Mehr als ein Jahr, sagt Stanggassinger. »Ende 2024«, sagt der Obermeister. Doch dann sollen Ölheizungen schon gar nicht mehr eingebaut werden dürfen. »Die Nachfrage ist größer als in den vergangenen zehn Jahren«, weiß Josef Pflügel. Ähnlich sieht es bei den Wärmepumpen aus. »Prognosen sind schlecht zu stellen.« Laut ihm sei die Gefahr groß, dass Bürger weiter verunsichert werden, zumal die Politik hohe Förderungen versprochen hat. »Wenn die nicht eingehalten werden, wird es zum Stillstand führen«, schätzt Pflügel.

Rosmarie Dörp ist froh, dass das letzte Teil nun geliefert und die Heizung endlich eingebaut werden kann. Das teure Unterfangen hat Nerven gekostet. Was bleibt, ist Zuversicht, dass die Wärmepumpe funktionieren wird. »Im Notfall habe ich noch meinen Holzofen«, sagt Dörp.

Kilian Pfeiffer

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