Die Allgemeinverfügung des Landratsamtes zu den »Spaziergängern« ist bereits am 14. Februar ausgelaufen. Die Einschränkungen sind damit kassiert. Die Verhältnismäßigkeit sei nicht mehr gegeben, sagt die Pressesprecherin des Landratsamtes am Telefon. Nach einer Woche Pause sahen sich die Vertreter der »Berchtesgaden Solidarisch«-Initiative dazu aufgerufen, erneut auf die Straße zu gehen.
Begleitet von rund zehn Polizeibeamten war die offiziell angemeldete Gegendemonstration nur von kurzer Dauer: Man habe sich am Weihnachtsschützenplatz eingefunden, »weil wir nicht länger dabei zusehen wollen, wie eine Minderheit eine egoistische Freiheit einfordert«, sagte Anna, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will. Zusammengefunden habe man sich aber auch, »weil wir das Gefühl hatten, dass eine Minderheit ein Ventil braucht, um ihren Frust, ihre Sorgen und ihre Verzweiflung über die Entwicklung der Pandemie artikulieren zu können«.

Nicht länger wolle man dabei zusehen, wie die Pandemie »auf dem Rücken weniger ausgetragen wird«. Annas Befürchtung: Eine weiterhin sich zunehmend radikalisierende Bewegung, die mit dem Modus des »Mir-doch-egal den Lichtblick vom absehbaren Ende der Pandemie verdunkelt«. Mit dem offenen Brief wollte man die Demokratie schützen, sagte die »Berchtesgaden Solidarisch«-Vertreterin, und darauf aufmerksam machen, worauf man sich einlasse, wenn man jenen folge, die auf Telegram den Ton angeben. »Dort geht es um Verschwörungsideologien, die sich aus der Realität flüchten und eine Erklärung für all das Unheil suchen.« Weil diese Ideologien von »antisemitischen Narrativen« geprägt seien, gelte es, das Wort zu erheben. All das ist eine »Art des Menschenhasses, der in diesem Land schon viel zu viel Unheil gebracht hat«. Rechtsextremen, die »bürgerliche Masken tragen«, dürfe man nicht folgen, zumal dabei »Fakten zu Meinung werden und Fake News zu alternativen Fakten«.
Anna bedauert, dass die Entwicklung in der Coronapandemie die Gesellschaft polarisiert, dies zu viel Leid geführt habe. Mit der hohen Zahl an Unterstützern habe man Position bezogen. »Das ist unglaublich.« Einen weiteren Referenten gab es nicht. »Wir haben leider niemanden gefunden«, sagte Anna zum Schluss. Ob kommende Woche wieder demonstriert wird, dazu gab es keine Auskunft.
kp