Der »Berchtesgadener Anzeiger« freut sich über jede Aktion und unterstützt das Engagement mit entsprechender Berichterstattung. Fotos und Kurzberichte über die Müllsammelaktionen könnten nach dem World Cleanup Day noch bis Donnerstag, 24. September, per E-Mail an redaktion(at)berchtesgadener-anzeiger.de geschickt werden.
Die größte Bottom-up (von unten nach oben) Bürgerbewegung der Welt versucht, durch das Müllsammeln einzelner Personen oder Gruppen das weltweite Müllproblem zu lösen. Das Prinzip von Bottom-up funktioniert in diesem Fall ganz einfach: Wenn jeder einzelne mithilft, wird die Welt in einem Tag aufgeräumt. 2019 beteiligten sich 21 Millionen Menschen in 180 Ländern weltweit am World Cleanup Day und setzten damit ein wichtiges Zeichen für eine saubere, müllfreie Umwelt.
Das Problem Plastik
Zu den größten Müll-Problemen der Gegenwart gehört die weltweite Verschmutzung durch Plastikmüll. Über 400 Millionen Tonnen werden weltweit pro Jahr produziert. Alleine vor europäischen Küstenabschnitten gelangen jedes Jahr etwa 100.000 Tonnen Kunststoffabfall ins Meer. Dazu kommen Abfälle, die durch Abflüsse ins Meer schwimmen oder von den Schiffen einfach im Wasser entsorgt werden.
Laut Schätzungen des WWF erreichen weltweit etwa fünf bis 13 Millionen Tonnen Mikroplastik, also zersetztes Plastik, das Meer. Am stärksten betroffen ist das Mittelmeer. Aufgrund des Plastikmülls sterben laut Naturschutzbund jährlich bis zu 135.000 Meeressäuger und eine Million Meeresvögel rein am Plastikmüll, indem sie sich in Netzen verfangen, Plastikabfälle fressen oder sich schwer an spitzem Kunststoffmüll verletzen.

Hinzu kommt, dass die Menschen die Fische essen, die sich zuvor mit Mikroplastik ernährt haben. Ein Kreislauf, der kaum mehr aufzuhalten ist. Obwohl Deutschland vorgibt, Recyclingweltmeister zu sein, werden gerade einmal zehn Prozent des Plastikmülls wiederverwertet. 79 Prozent landen auf Müllhalden, der Rest wird illegal verbrannt.
Es fängt vor der Haustür an
Auch wenn das Berchtesgadener Land doch ein gutes Stück vom Meer entfernt ist, so trägt auch die Rücksichtslosigkeit vieler Bürger und Gäste im Landkreis dazu bei, dass der Müll in die Gewässer gelangt und schließlich irgendwann im Meer landet. Denn auch im idyllischen Talkessel ist das Problem offensichtlich. Wer beispielsweise eine Runde um den Hintersee dreht und dabei etwas abseits der Wege marschiert, entdeckt einzelne Schuhe im Wasser, leere Joghurtbecher unter den Steinen und jede Menge Taschentücher und Kotbeutel für Hunde unter und hinter den Felsen.
Auch am Königssee sieht es nicht anders aus. Bereits im Mai berichtete der »Berchtesgadener Anzeiger« über die teilweise schlimmen Zustände am Königsbachwasserfall. Am vergangenen Wochenende sammelte der Fotograf und Journalist Florian Schütz mit zwei Bekannten ebenfalls Müll am Königssee. Das Ergebnis von zwei Stunden entlang des Ostufers am Malerwinkel: 50 Kilogramm Müll. Darunter Einweggrills, Flaschen, Dosen, leere Essensverpackungen und haufenweise Mund- und Nasenschutz-Masken. Doch nicht nur an den Hot Spots sammelt sich Abfall. Ein Blick entlang der Wander- und Spazierwege, am Straßenrand sowie auf Parkplätze genügt, und das Chaos wird sichtbar.
Zuspruch vonseiten der Gemeinden
Nicht jede Gemeinde im Talkessel ist gleich stark von der Verschmutzung der Natur betroffen. Zwar gebe es überall die gleichen Probleme mit Hundekotbeuteln oder illegaler Entsorgung von Dingen, die eigentlich auf die Mülldeponie gehören, doch so schlimm wie an den Hot Spots wie dem Königssee oder Hintersee sei es zum Beispiel in Marktschellenberg nicht, erzählt Wolfgang Dopke von der Marktgemeinde Marktschellenberg.

Seit der Landkreis zum 1. April 2019 wieder die Abfallbeseitigung übernommen hat, bekämen die Gemeinden ohnehin sehr wenig direkt mit, erzählt Heidemarie Plenk von der Gemeinde Berchtesgaden. Zudem sammle der Bauhof den gesamten Abfall im sichtbaren Nahbereich wie auf Wegen oder Straßen ein. Ein gravierendes Müllproblem mit angehäuftem Abfall gebe es auch in der Gemeinde Schönau am Königssee nicht, erzählt Geschäftsleiter Andreas Huber. Das sei in diesem Jahr vor allem entlang der stark frequentierten Wege wie dem Malerwinkl und dem Königsseer Fußweg der Fall.
Das größte Problem sieht Huber sowohl im Bereich des Königsbach-Wasserfalls als auch an den Parkplätzen, die kurzerhand zu Campingplätzen umfunktioniert wurden. »Zumindest am Königssee selbst konnten wir durch verlängerte Öffnungszeiten der Toiletten etwas Abhilfe schaffen, sodass nicht alle ihr Geschäft in der Natur verrichtet haben« so Huber. Wer allerdings genau hinsehe, würde abseits der Wege schon einiges an Abfall vorfinden, erzählt Huber. Und das Problem kennen nahezu alle Gemeinden. Deshalb finden Aufräumaktionen wie der Cleanup Day oder auch von Schulen gestartete Müllsammelaktionen großen Anklang sowohl bei den Bewohnern als auch bei den Gemeinden selbst.
Der DAV setzt ein Zeichen
In den Bergen gibt es keine Müllabfuhr und deshalb auch keine Mülleimer. Dass man seinen Müll deshalb ausnahmslos wieder mitnimmt, ist leider nicht für jeden selbstverständlich. Gerade durch Corona kamen noch mehr Menschen nach Berchtesgaden und somit auch in die Berge. Deshalb ruft der Alpenverein Berchtesgaden für nächsten Samstag zur Aufräumaktion. Zusammen mit anderen Aktionsgruppen des DAV ist Gabi Schieder-Moderegger an der Eiskapelle am Königssee, der Toni-Lenz-Hütte und auch am Königsbachwasserfall unterwegs, um Müll zu sammeln.
Durch Corona sind die Gruppen auf zehn Teilnehmer beschränkt, die ausschließlich einer DAV-Gruppe wie zum Beispiel einer Klettergruppe angehören. »Die Gruppen sind fast dieselben wie in den letzten beiden Jahren auch. Wir würden gerne eine offizielle Anmeldung für alle starten, damit die Gruppen größer werden. Leider geht das aufgrund von Corona dieses Jahr nicht. Ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr mit Anmeldung größere Gruppen zusammentrommeln können«, so Schieder-Moderegger. Dass es keine offiziellen Gruppen gibt, sieht die DAV-Funktionärin allerdings nicht als Problem. Jeder könne beim Spazierengehen, Baden oder Berggehen eine Mülltüte mitnehmen und so selbst am Aktionstag teilnehmen.
Jede Hilfe zählt
Am Cleanup Day und natürlich auch an jedem anderen Tag kann jeder etwas für seine Heimat tun. Egal ob alleine, in Gruppen oder mit Aktionsgruppen, jede Mithilfe zählt. Der »Berchtesgadener Anzeiger« wird darüber berichten. Eva Goldschald