Bildtext einblenden
Mit der Überreichung einer Fuikl verabschiedete man den früheren Bereichsleiter Landwirtschaft am AELF Traunstein, Hans Zens (M.). Bei ihm bedankten sich (v.l.) der Vorsitzende des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern (AVO), Josef Glatz, Bezirksalmbauer Kaspar Stanggassinger, sein Stellvertreter Georg Fegg und AVO-Geschäftsführer Hans Stöckl. (Foto: Maria Horn)

»Almwirtschaft ist Naturschutz mit Hausverstand«

Bischofswiesen – »Almwirtschaft ist Naturschutz mit Hausverstand. Sie spielt eine zentrale ökologische und ökonomische Rolle in der bayerischen Land- und Forstwirtschaft. Deshalb ist es wichtig, dass in den Berggebieten der Rinderbestand erhalten bleibt.« Das stellte Bezirksalmbauer Kaspar Stanggassinger bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung der Bezirksalmbauernschaft Berchtesgaden fest. Wie breit gefächert das Thema Almwirtschaft an sich ist und welchen Stellenwert eine gute Vernetzung einnimmt, das zeigte sich im Laufe der Jahreshauptversammlung bei Kurzreferaten und Grußworten.


Ein gewohntes Bild bot sich auch heuer im Bischofswieser »Brenner Bräu«, denn die Stuhlreihen waren dicht besetzt mit Almleuten, Landwirten sowie Vertretern aus Politik, von Ämtern, Banken, Behörden und Verbänden. Nach der Begrüßung erinnerte Bezirksalmbauer Kaspar Stanggassinger an die verstorbenen Mitglieder. Ihm war es aber auch ein Anliegen, an jene Menschen zu denken, die sich im Krieg befinden.

Den Kuhbestand auf den Almen erhalten

Nach dem Kassenbericht, der die volle Zustimmung der Revisoren fand, kam Stanggassinger auf die Bedeutung der Almwirtschaft zu sprechen. Sie diene nicht nur der Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, sondern biete Lebensraum für eine artenreiche Pflanzen- und Tierwelt. Er unterstrich den Stellenwert der Rinderhaltung auf den Almen und stellte heraus: »Bei uns im Berggebiet müssen wir den Kuhbestand erhalten, damit wir unsere Molkerei mit Bergbauern- und Biomilch beliefern können. Denn sonst ist bei uns im Berchtesgadener Land nicht viel für uns zu holen.«

Als sehr erfreulich bewertete Stanggassinger den Neubau der Versteigerungshalle in Traunstein. »Wir brauchen ein Vermarktungszentrum für unsere Tiere und ich möchte mich bei unserer Ministerin Michaela Kaniber für ihre Unterstützung bedanken«, freute er sich über den pünktlichen Subventionsfluss zu Baubeginn und ergänzte mit einem Augenzwinkern: »Wenn auch bei den Fördergeldern noch Luft nach oben gewesen wäre.«

Landrat Bernhard Kern bewertete die Almwirtschaft als »hohes Gut«, das über weite Bereiche die Grundlage für den Tourismus im Berchtesgadener Land bilde. Im Landkreis werden aktuell 55 Almen bewirtschaftet. Der Kreischef informierte die Versammlungsbesucher über das bayerische Vertragsnaturschutzprogramm (VNP). Im Landkreis steigt die Zahl der Antragsteller seit Jahren, heuer gab es eine Rekordsumme mit rund 1 350 Hektar an Neuabschlüssen. »Dadurch steigt der Bestand auf rund 4 000 Hektar, das entspricht etwa einem Viertel der landwirtschaftlich genutzten Fläche im Berchtesgadener Land. Somit fließen jährlich rund 1 Million Euro direkt an unsere Landwirte«, zeigte Kern auf und ergänzte: »Besonders erfreulich ist, dass heuer mit 835 Hektar auch viele Almflächen in das Vertragsnaturschutzprogramm aufgenommen wurden.« Das entspricht einer Fördersumme von 150 000 Euro. »Im Rahmen der Antragstellung wurden gemeinsam mit dem Landschaftspflegeverband Eigentümer und Pächter zusammengebracht, wo eine Bewirtschaftung sonst nicht mehr möglich gewesen wäre«, bedankte sich der Kreischef bei allen Beteiligten.

Die Bereichsleiterin Landwirtschaft im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Traunstein, Sonja Bergmeier, gab einen Überblick über die Entwicklung an den Land- und Hauswirtschaftsschulen in Traunstein und Laufen. Alle Semester sind stark nachgefragt, deshalb bat sie, dass sich Interessenten bald melden sollen, um noch Plätze für den kommenden Herbst zu bekommen. Sie lobte die hohe Motivation der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und stellte fest: »Gute Bildung ist ein grundlegendes Thema.«

Almfachberater Alfons Osenstätter gab einen kurzen Überblick zu Förderprogrammen und Georg Linner ergänzte diese Hinweise mit Details zum Antragsverfahren. Veterinär Dr. Matthias Popp zeigte auf, dass die Tuberkulose bei Rindern immer noch primäres Tiergesundheitsthema für die Almbestoßung ist. Im Landkreis hat es glücklicherweise noch keine Fälle gegeben. Für risikoorientierte Untersuchungen wird das Veterinäramt direkt auf die Betriebe zukommen.

Die Bereichsleiterin Landwirtschaft bei den Milchwerken Berchtesgadener Land, Sylvia Schindecker, unterstrich die Bedeutung der Erhaltung der Milchwirtschaft für den Landkreis, kam auf das Thema Tierwohl zu sprechen und widmete sich kurz dem Klimaschutz, wobei sie konstatierte: »Die Landwirtschaft ist die einzige Branche, die aktiv CO2 bindet.« Weiter animierte sie die Versammlungsbesucher, selbst als Markenbotschafter zu agieren und die eigenen Produkte zu kaufen. »Wir sind ein profitorientiertes Unternehmen und wollen den Gewinn in euch stecken, indem wir euch einen guten Milchpreis zahlen«, fasste sie zusammen

Der Wolf treibtdie Gemüter um

Das Thema Wolf rückt gerade jetzt, in den Wochen vor Beginn der Almsaison, wieder in den Vordergrund. Bezirksalmbauer Kaspar Stanggassinger hatte zu den von der Regierung vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen durch Umzäunung oder die Haltung von Herdenschutzhunden einiges zu sagen. Einen Zaunbau im alpinen Gelände hält er für nicht realisierbar und fragte in Bezug auf die Gefahren durch den Wolf in den Raum: »Wie kann man noch Hirten finden, wenn es ständig qualvoll verendete oder zugerichtete Tiere auf der Alm gibt? Was ist mit den Herdenschutzhunden, die nur für rund vier Monate benötigt werden? Und was bedeutet ein finanzieller Kostenersatz für gerissene Tiere, wenn man mit Leib und Seele Bauer ist?« Stanggassinger weiter: »Die Anwesenheit eines nutzlosen Schadenstifters hat letztendlich nur die Auflassung der Almen zur Folge. So weit darf es nicht kommen, dafür werden wir uns weiter einsetzen.«

Landrat Bernhard Kern sagte, dass sich die »Biosphärenregion BGL« des Themas »Wolfsmonitoring« angenommen hat. So wird als Ergänzung für den südlichen Landkreis nun auch für den mittleren und nördlichen Landkreis eine weitere Wildkamera angeschafft.

Bischofswiesens Bürgermeister Thomas Weber sprach ein sehr emotionales Grußwort. Denn wenige Tage vor der Versammlung war die Antwort aus Berlin zum Schreiben der Landkreisbürgermeister zurückgekommen, in dem sie gemeinsam mit dem Landrat die Bejagung des Wolfes gefordert hatten. In dem Papier heißt es: »Die CDU/CSU-Fraktion ist mit ihrem Vorstoß für ein effektives Wolfsmanagement und die Aufnahme des Wolfes in den Katalog der jagdbaren Arten gescheitert.« Einen entsprechenden Antrag hat der Umweltausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktion und der Fraktion »Die Linke« abgelehnt. Als Begründung heißt es unter anderem, dass der Wolf eine streng geschützte Art sei und noch von Experten zu klären sei, ob der günstige Erhaltungszustand der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) bereits erreicht ist. Ein Vertreter der Grünen habe zu bedenken gegeben, dass die Bejagung des Wolfes nicht unbedingt zur Verringerung von Wolfsrissen beitrage. entscheidender sei es vielmehr, aggressive Tiere sofort zu entnehmen – und das sei in Deutschland längst möglich. Eine Vertreterin der Linksfraktion befürwortete, Maßnahmen für den Herdenschutz besser zu honorieren und Entschädigungszahlen weniger bürokratisch zu gestalten. Die Notwendigkeit eines Bestandsmanagements sah auch sie. Eine europarechtlich konforme Ausgestaltung sei möglich, aber anspruchsvoll und erfordere Zeit.

Thomas Weber brachte sein Unverständnis für diese Rückantwort zum Ausdruck und sagte zu den Almbauern: »Wir werden nicht aufgeben – und wenn wir noch so viele Anträge schreiben müssen. Wir geben nicht auf, und wir wollen auch nicht, dass ihr aufgebt.«

»Die Vernunft wird siegen«

Der Vorsitzende des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern, Sepp Glatz, erklärte: »Wir sind eure Vertreter und man braucht die Beziehung zur großen Politik,« Dazu berichtete er von verschiedenen Erfahrungswerten. »Die EU hat mehrheitlich beschlossen, dass der Schutzstatus des Wolfes überprüft gehört. Leider gibt es bei uns in Deutschland im Umweltministerium noch Hardliner. Aber irgendwann müssen auch die nachgeben, weil die Vernunft siegt«, zeigte er sich optimistisch, dass auch in Deutschland eine Bejagung des Wolfes möglich sein wird.

Bauernverbandskreisobmann Hans Gruber plädierte für sachliche Diskussion und stellte deutlich heraus: »Der Wolfsmanagementplan muss von der Bundesregierung eingereicht und von der EU genehmigt werden.« Unter dem Punkt »Wünsche und Anträge« ging es um die Fahrgenehmigungen zu den Almen. Hier wollen sich die beteiligten Parteien nochmals austauschen, um eine akzeptable Lösung für alle Seiten zu finden. Weiter wurde der frühere Bereichsleiter Landwirtschaft, Hans Zens, verabschiedet.

Maria Horn