»Die damals frisch in der Strub wieder stationierten Jager hatten den Auftrag, sich in der Gesellschaft möglichst gut zu integrieren«, erinnert sich Helmut Weinbuch. Der war damals frisch aus München nach Bischofswiesen gekommen und leitete als Vorsitzender das Unteroffizierskorps. Hier wurde dann die Idee geboren, einen großen Nikolausumzug mit Gefolge zu organisieren. Die Organisation lag zunächst in den Händen des ebenfalls damals gegründeten Soldatensportvereins, aus dem später der ASV Strub wurde.
»Wir bekamen zwar damals den Segen der Obrigkeit, aber es fehlte das Geld zur Anfertigung der brauchtumsgerechten Holzmasken und zum Erwerb der Glocken«, erinnert sich Helmut Weinbuch. Durch eine Fürsorgeaktion auf dem Übungsplatz Grafenwöhr konnte man den nötigen Betrag schließlich beschaffen. Ein Soldat schnitzte dann die Loafn getreu den überlieferten Vorlagen der Schnitzschule Berchtesgaden, das Stroh besorgt man bei einem Getreidebauern im Raum Anger.
Unterstützung durch die Tragtierkompanie
Um der großen Herausforderung gerecht zu werden, hat man sich noch etwas Besonderes einfallen lassen. Man bat die Kameraden von der Tragtierkompanie in Bad Reichenhall um Unterstützung. Auf diese Weise durfte der heilige Nikolaus hoch zu Ross auf einem Haflinger reiten, von dem er anfangs auch einmal unfreiwillig abgesetzt wurde. Die begleitenden Mulis trugen statt der sonst üblichen Munitionskästen wunderschöne Weihnachtspakete. »Sie entfachten damit ganz besonders bei den Kindern eine spontane Vorfreude auf das herannahende Weihnachtsfest«, weiß Weinbuch.
Der so organisierte erste Umzug 1962 wurde zu einem vollen Erfolg. »Zudem hatten wir zu einer Zeit, da sich das gute Erscheinungsbild der Bundeswehr noch nicht in allen Köpfen verankert hatte, eine Veranstaltung ins Leben gerufen, die dem Standort Strub schon damals weitaus mehr einbrachte als jede Militärparade«, freut sich Helmut Weinbuch.
Die Namen vieler Einheimischer sind mit der Geschichte der Struber Buttnmandl eng verbunden. Neben vielen anderen haben sich besonders Heribert Ailler, Martin Hallweger, Robert Grübl, Michael Schropp, Gerd Schelble und Franz Grüsser erheblich engagiert, bis heute dabei sind Joachim Schwab und Sepp Pfnür, der auch heuer wieder den Organisationsstab anführt.

Auch Engerl sind dabei
Natürlich hat es im Laufe der Jahre einige Veränderungen beim Umzug gegeben. So hatte Heribert Ailler vor langer Zeit die Engerl eingeführt, die lange Zeit auf Pferden gesessen sind. Nach einem Unfall war das nicht mehr möglich, seit einigen Jahren sitzen die Engerl nun in einer Kutsche und werfen zentnerweise Guatln in die Menschenmenge. In einer weiteren Kutsche fahren normalerweise der heilige Nikolaus und der Knecht Ruprecht und in einer dritten Kutsche sitzen die Musikanten von der Marktmusi. Ob das mit den Kutschen auch heuer wieder so funktioniert, steht noch nicht fest. Denn aus verschiedenen Gründen wird es immer schwieriger, Kutschen zu organisieren.
»Wir sind von der heimischen Geschäftswelt immer gut unterstützt worden«, betont Hans Denk, der seit Jahren die Kontakte zu den Unternehmern im Markt aufrecht erhält. Auch die Banken haben immer etwas gegeben. Den Bittgang durch die Geschäfte will Denk aber heuer nicht antreten. »In aktuellen Zeiten haben die Geschäfte genug Sorgen, da wollen wir nicht auch noch zum Betteln kommen«, erklärt Denk den Hintergrund. Dafür darf man sich auch weiterhin der besonderen Unterstützung der Gemeinden gewiss sein. Die fünf Talkessel-Gemeinden und die Stadt Altötting spendieren heuer sogar jeweils eine geschnitzte Loafn für die Strohbuttnmandl. »Unsere alten Loafn sind schließlich schon sehr desolat«, sagt Joachim Schwab vom Organisationsstab.
Um 14 Uhr öffnen sich die Tore
So ist dafür gesorgt, dass sich am Montag, 5. Dezember, pünktlich um 14 Uhr wieder die Tore der Gebirgsjägerkaserne öffnen werden, um den Weg für den Tross freizugeben. Erwartet wird man vor der Kaserne bereits von einer großen Menschenmenge, der ein Glühweinstandl die Wartezeit verkürzen soll. Dann geht es – immer wieder unterbrochen durch kurze Stopps – den Gmundberg hinauf in den Markt und hinüber zum Schlossplatz, wo der Nikolaus Kontakt zu den Menschen suchen wird.
Bereits am Morgen des mit Spannung erwarteten Tages treffen sich die geladenen Gäste in der Kaserne zur 60-Jahr-Feier. Hier wird man nicht ohne Stolz auf die lange Erfolgsgeschichte der Struber Buttnmandl anstoßen. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass am Rande der Feier auch die Sorge über die Zukunft dieser Tradition thematisiert wird. Aufrecht erhalten wird der Brauch ohnehin nur noch von einer handvoll Einheimischer im Organisationsstab. Nachdenklich sagt Joachim Schwab: »Keine Ahnung, wie es weitergeht, wenn wir das einmal nicht mehr machen.«
Ulli Kastner