Pierre Matthäi in seinem schwarzen RAM bei der Allrad-Challenge mit dem »Berchtesgadener Anzeiger« in Bischofswiesen. (Video: Fischer)

Das Dodge-Duell der Autopfleger – Allrad-Challenge auf dem Vierradweg

Bischofswiesen – Beide sind Meister ihres Fachs. Und noch etwas haben die Autopfleger Thomas Auer aus Berchtesgaden und Pierre Matthäi aus Bischofswiesen gemeinsam:


Beide fahren einen Dodge RAM 1500 Hemi. Matthäi einen schwarzen, Auer einen roten. Was liegt da näher, als die Zwei gegeneinander antreten zu lassen? Die Aufgabe: Beim kurvenreichen Bergauf-Fahren so wenig Wasser wie möglich verschütten. Wer gewonnen hat, steht am Ende des Artikels.

Treffpunkt Vierradweg. Das Sträßchen in der Engedey eignet sich nicht nur wegen seines Namens perfekt für die Allrad-Challenge. Sondern auch, weil er so eng, kurvenreich und steil ist. Als Basislager dient die Pension »Oberstöberllehen«. Deren Inhaberin, die allseits bekannte Liesl Eder, hat mit ihren 85 Jahren spontan zugesagt.

Die Aufgabe: Eine randvoll mit Wasser gefüllte Wanne wird auf der Ladefläche des jeweiligen Trucks positioniert. Dann muss der Teilnehmer auf dem Vierradweg bis zum Vierradlehen und wieder zurück fahren. Die Zeit wird zwar gemessen, spielt aber keine wesentliche Rolle. Viel wichtiger ist, möglichst wenig Wasser zu verlieren.

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Rot ist Pflicht: Als überzeugter Feuerwehrler kommt für Thomas Auer nur eine Autofarbe infrage. Wichtig ist dem Berchtesgadener auch der Auspuff-Sound.

Unter den neugierigen Blicken einiger Gäste brummt der erste Teilnehmer den Vierradweg herauf. Der Bischofswieser Pierre Matthäi und sein Monstrum erschüttern die Strub. Erst nachdem er ausgestiegen ist, erfährt der ehemalige Rallye-Fahrer seine Mission.

»Anti-Rutsch-Matten sind was für Weicheier«, platzt es aus ihm raus. »Aber jetzt könnte ich eine gebrauchen.« Doch der Inhaber eines Autopflegebetriebs in Piding weiß sich zu helfen. Aus Pappe bastelt er sich eine Unterlage, stellt die Wanne drauf und zurrt sie aufwendig mit Spanngurten fest.

Roter RAM

Typ: Dodge RAM 1500 5,7 Hemi

Baujahr: 2015

Leistung: 401 PS aus 5,7- Liter-V8-Motor

Höchstgeschwindigkeit: ca. 180 km/h

Verbrauch: durchschnittlich 18 Liter im Talkessel, 13,5 Liter auf der Autobahn

Gefunden: im Juni online bei einem Händler in Hannover

Umbauten vor Kauf: Felgen, Höherlegung, Spurverbreiterung, Radhausverbreiterung

Umbauten nach Kauf: Auspuffanlage, ausziehbare Ladefläche

Allrad-Argument: Berchtesgaden im Winter

Pierre Matthäi ist ein Treibauf Immer in Bewegung, immer am Reden. Er sagt, dass er solche verrückten Geschichten liebt. Man glaubt es ihm. Im vergangenen Jahr hat sich der 39-Jährige selbst ein futuristisches Auto gebaut, um damit bei der TV-Show »Devil's Race« mitzumachen. Dort wurde er auf der Strecke mit Flammenwerfern traktiert, musste Abrissbirnen und Landminen ausweichen.

Mindestens genauso hart ist die »Allrad-Anzeiger«-Challenge. Um sie zu bewältigen, hat Matthäi eine ungewöhnliche Idee. »Ich fahre rückwärts rauf. Da verschütte ich nicht so viel.« Im Schritttempo trottet der Dodge den Vierradweg hinauf.

Den entgeistert schauenden Rennradfahrer winkt Matthäi vorbei. Und der Lieferwagen muss warten. Solange, bis Matthäi am Vierradlehen rechts, also eigentlich links, ranfährt und ihn vorbeilässt. Der Fahrer nickt ihm anerkennend zu. Vielleicht glaubt er, wir müssen Sperrgut ausliefern. Haha. Grüß Gott, wir bringen ihre 20 Liter Wasser.

Dodge-Duell der Autopfleger in Bischofswiesen und Berchtesgaden
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Pierre Matthäi steht auf Schwarz. Die Auspuffanlage seines RAM ist allerdings noch original. Dafür fährt der Dodge des Bischofswiesers auch mit LPG. (Fotos: Fischer)

Schwarzer RAM

Typ: Dodge RAM 1500 Hemi Laramie

Baujahr: 2012

Leistung: 375 PS aus 5-7-Liter-V8

Höchstgeschwindigkeit: ca. 170 km /h

Verbrauch: durchschnittlich 14 Liter Autogas. 18,5 Liter Superbenzin bei normaler Fahrt

Gekauft: aus zweiter Hand im Mai 2018 in Tübingen

Besonderheiten: Gas-Benzin-Hybrid

Umbauten nach Kauf: Felgen (Supersize 6-Zoll), Höherlegung, Kotflügelverbreiterung

Geplante Umbauten: Leistungssteigerung auf 500 PS, Brembo-Bremsanlage

Allrad-Argument: bessere Traktion bei Anhängerfahrten, vor allem bergauf

Bergab geht es geradeaus. Am Rückspiegel baumeln ein Fläschen Autoparfüm und ein an eine Mini-Holzschaukel erinnernder Glücksbringer, den Matthäi von einem buddhistischen Mönch in Thailand erhalten hat. Er hat wohl gewirkt. Denn zurück am Oberstöberl zeigt sich, dass der Bischofswieser nur ganz wenig Wasser verloren hat.

Als nächstes ist Thomas Auer dran. Im Vergleich zu Matthäi ist der Berchtesgadener eher wortkarg. Dafür sehr effizient. Mit ein paar Handgriffen hat er die Abdeckung entfernt und die Ladefläche seines Pick-Ups herausgezogen. Eine Eigenkonstruktion. »Erleichtert das Auf- und Abladen enorm«, sagt er.

Eine Anti-Rutsch-Matte hat auch er nicht eingebaut. Dafür aber eine Leiste mit mehreren Ösen für Spanngurte. Ratsch, klick, fertig.

»Fahr' ma«, sagt Auer und lässt den RAM an. Wrumm. Dreht den Automatik-Schalter auf D. Und gibt Gas. Er fährt vorwärts. »Das ist sinnvoller«, sagt er. »Nur so erkenne ich Hindernisse, Gegenverkehr, Kurven und Schlaglöcher.« Dementsprechend schneller ist der Berchtesgadener unterwegs. Die House-Musik dreht er etwas leiser, die Zigarette drückt er aus.

Kurz vor dem Scheitelpunkt schaltet die Automatik arg ruppig runter. Ein Lastwechsel, den das Wasser nicht recht mag. Zügig geht es Richtung Vierrad. Obwohl sich der Beifahrer schon den Abhang hinunterkugeln sieht, wendet Thomas Auer souverän. Das Bild der Rückfahrkamera auf dem Bildschirm im Armaturenbrett, der so groß wie mancher Fernseher im heimischen Wohnzimmer ist, braucht er nicht.

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Die ausziehbare Ladefläche hat Thomas Auer selbst gebaut. Praktischerweise verfügt sie über Spanngurt-Ösen.

Auch, als ihm kurz nach dem Wenden ein Auto entgegenkommt, wird der Fahrzeugpfleger nicht nervös. Auch beim zweiten nicht. Auer grüßt kurz mit der linken Hand und murmelt lächelnd ein kurzes Danke.

Zwei Minuten später: »So, samma do«, sagt Auer und dreht den Schalter auf P. Den Parcours hat Thomas Auer in etwa einem Drittel von Matthäis Zeit gemeistert. Dafür aber deutlich mehr Wasser verschüttet. Die Redaktion hat sich deshalb für einen Gleichstand entschieden. Herzlichen Glückwunsch.

Christian Fischer

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Stehplatz: Pierre Matthäi fuhr den Vierradweg rückwärts rauf. Trotz Rückfahrkamera wollte er es am Scheitelpunkt genau wissen