Massive Verluste
Wilfried und Sonja Breitbach aus Bad Honnef sind enttäuscht. Sie wollen den Lebensabschnitt Bischofswiesen am liebsten vergessen. »Das alles hat uns so viel Geld gekostet. Wir haben dort horrende Verluste gemacht«, sagt Wilfried Breitbach. Die beiden wollten doch nur die Umgebung aufwerten, als sie die Erbmühle im August 2005 erwarben. »Wir strebten eine Wiederbelebung an.« Das Ehepaar wollte nicht nur die von Schimmel befallene Mühle mit Mahlwerk und Wasserrad wieder instandsetzen, sondern auch einen Backofen im Innenbereich anlegen. Die Eigentümer hätten Backtage für Familien angeboten.
Vorgesehen für das Gebäude waren auch ein bis zwei Gästezimmer, eine Weinstube, ein Mühlenmuseum sowie eine handwerkliche Ausstellung. Streuobst sollte den Garten verschönern. Schulklassen, Kindergärten und andere geschlossene Gruppen sollten Zugang haben. Ziel war es, »der jungen Generation ein Stück Heimatkunde und heimisches Handwerk zu vermitteln«.
Darüber hinaus wollten die Breitbachs eine Wohnung. Dazu hätte ein barrierefreier Ersatzbau am Mühlengebäude, anstelle des abzureißenden Stadels, entstehen sollen. Die Eigentümer wollten das Gelände hinter dem Gebäude abtragen, um die Mauern trockenlegen zu können. Zudem war ein neuer Stadel geplant, in dem man einen Traktor und andere Geräte abstellen kann. »Diese Gegend schien perfekt dafür geeignet«, so Wilfried Breitbach.
Daraus wurde aber nichts. Stattdessen ärgerte sich das Ehepaar mit den Auflagen, die für eine Baugenehmigung erforderlich waren. So gab es keine Übereinstimmung mit dem Landratsamt, was die Größe und Situierung des Ersatzbaus betrifft.
Kein Kompromiss
Laut der Behörde hätte dieser Ersatzbau sich der Mühle unterordnen müssen. »Er darf nicht zu groß werden und muss auch vom Äußeren her passen«, hieß es in einer Stellungnahme des Landratsamtes aus dem Jahr 2008. Diese Ansicht hatten auch die Bayerische Staatskanzlei, das bayerische Innenministerium sowie das Landesamt für Denkmalpflege.
Sonja Breitbach wirft noch heute dem Landratsamt vor, dass es den Eigentümern in den Rücken gefallen sei. Dabei bezieht sie sich auf eine Ortsbesichtigung am 3. August 2006. Sie erinnert sich, dass sich die Experten mit einem Zwei-Meter-Vorsprung des Ersatzbaus vor dem Mühlengebäude einverstanden erklärt hätten. »Wir hatten damals die Pläne entsprechend geändert – und plötzlich erinnerte sich keiner der Anwesenden mehr daran«, kritisiert sie. Nach neuerlich abgelehnten Bauanträgen, unzähligen Schreiben an Behörden, Politiker und Baufachleute sowie einer eingereichten Petition im Bayerischen Landtag verlor das Ehepaar die Hoffnung.
Zwei Einbrüche
»Entweder geht alles glatt oder nicht. Die Behörden haben sich gegen das Projekt gestellt«, beklagt Wilfried Breitbach. Für die beiden kam es sogar noch schlimmer: Gleich zweimal brach jemand in die Erbmühle ein und stahl Werkzeuge sowie Maschinen.
»Der Dieb muss sich mit dem Gebäude ausgekannt haben. Weder Fenster noch Türen waren eingeschlagen«, erinnert sich Sonja Breitbach an das Unheil. Nach diesen Vorfällen zogen die Eigentümer im Jahr 2009 einen Schlussstrich. Sie lagerten Möbel, Werkzeuge und Wertsachen nach Winkl aus, sie kehrten zurück nach Bad Honnef, sie kamen nur nach Bischofswiesen, um das dort gelagerte Material wieder in ihre Heimat zu bringen. Selbst bei dieser Aktion wurden die beiden enttäuscht. »Wir konnten gut die Hälfte der gelagerten Dinge wegwerfen, weil alles verdreckt war und Materialschäden entstanden sind. Irgendwo reicht es einem auch«, so Sonja Breitbach.
Seitdem wollen die beiden nichts mehr von Bischofswiesen hören. Das Ehepaar bedauert nur, dass das denkmalgeschützte Gebäude nicht genutzt wird. 13 Jahre war es still um die Erbmühle. Doch in der jüngsten Gemeinderatssitzung äußerte Kommunalpolitiker Matthias Aschauer seine Sorgen, denn die Erbmühle droht zu verfallen. Fraglich bleibt auch, ob das Anwesen ausreichend vor einer weiteren Naturgewalt geschützt ist.
Schließlich hinterließ das Hochwasser im vergangenen Juli enorme Schäden zwischen Erbmühl- und Scheuerbichlweg. Laut Bischofswiesens Geschäftsleiter Rupert Walch wurde die Straße teilweise abgebrochen. Zudem rutschten Schlamm- und Geröllmassen den Hang hinunter. Inzwischen wurde die Straße repariert und eine Stützmauer entlang der Bahnlinie errichtet. Die Schäden durch den Murgang könne man aber frühestens im Frühjahr beheben, so Walch. Er kann allerdings nicht sagen, ob die Erbmühle selbst wegen des Starkregens in Mitleidenschaft gezogen wurde. Diesbezüglich seien keine Einsätze bekannt, sagt der Geschäftsleiter. Klar ist aber: Das historische Anwesen befindet sich an einem Hang unweit der Bischofswieser Ache und des Wegscheidergrabens. Matthias Aschauer fragte in der Gemeinderatssitzung nach, ob die Gemeinde etwas unternehmen kann, bevor das Bauwerk einstürzt.
Eingriff nicht möglich
Bürgermeister Thomas Weber erwiderte, dass die Gemeinde nicht eingreifen könne, da es sich bei dem Gebäude um ein Privateigentum handelt. Er teilte aber auch mit, »dass die Erbmühle veräußert werden soll«. Wilfried Breitbach wünscht sich jedenfalls, dass das historische Anwesen in die richtigen Hände gelangt. »Es wäre schön, wenn der Käufer etwas Sinnvolles daraus machen kann.« Noch besteht die Chance, die einstige Getreidemühle, die seit dem 17. Jahrhundert existiert, zu erhalten.
Patrick Vietze