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Monika Nestle entdeckte eine schöne Jeans.

Soziales Shoppingerlebnis im Second-Hand-Markt der Kolpingsfamilie

Bischofswiesen – Erst Mode, dann Müll: Für immer mehr Kleidungsstücke ist das ein typisches Schicksal. Nicht so für das Gewand, das im Second-Hand Markt der Kolpingsfamilie Berchtesgaden im Keller des Pfarrheimes in Strub landet. Dort werden aussortierte Kleidungsstücke weiter verkauft. Ein soziales Shoppingerlebnis. 


Eine 64-jährige Berchtesgadenerin wühlt in einer Kiste mit Tüchern. »Diesen Fleece habe ich hergebracht«, sagt sie und zeigt auf eine graue Sportjacke, die feinsäuberlich auf einem Bügel an einem Kleiderständer hängt. Die 64-Jährige hat Platz geschaffen in ihrem Kleiderschrank. »Jetzt kann ich mir etwas Neues gönnen«, sagt sie. Lächelt. Sie zieht ein grau gemustertes Tuch aus der Kiste. »Hübsch ist das«, bemerkt sie.

Sie komme öfter in den Second-Hand Markt. »Ich gebe etwas ab und nehme dafür etwas mit«, erklärt sie. Die 64-Jährige ist gut gekleidet, hat Freude an der Mode. Sie shoppt gerne – aber sozial. Fast Fashion, also billig produzierte Mode, die wenig kostet, wenige Waschgänge übersteht und dann auf dem Müll landet, ist nicht ihr Ding. So hat die mode-, sozial und gleichzeitig umweltbewusste Berchtesgadenerin in dem Second-Hand-Markt »ihren« Laden gefunden.

Das Leitungsteam der Kolpingsfamilie mit Maria Schmidt, Alexander Dinter und Martin Kienast hat im Herbst 2020 begonnen, den Gebrauchtkleidermarkt einzurichten. Sie haben mit einem Helferteam Kleiderspenden entgegengenommen, sortiert, den Kellerraum im Struber Pfarrheim bezogen, die Kleidungsstücke auf die Bügel gehangen, die von einem ehemaligen Berchtesgadener Trachten-Second-Hand Laden spendierten Kleiderständer bestückt.

Mittlerweile gibt es den gut sortierten Second-Hand Markt der Kolpingsfamilie seit gut zweieinhalb Jahren. In den Abteilungen für Kinder-, Damen- und Herrenmode, in den Abteilungen für Tracht und Sport gibt es Schuhe und Jacken, Hosen und Röcke, Pullover und Stickwaren, Hemden und Blusen, T-Shirts und Tops, ja, sogar Unterwäsche und Socken, Accessoires und Schmuck.

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Maria Schmidt vom Leitungsteam der Kolpingsfamilie nimmt Kleidungsstücke entgegen. (Fotos: Lisa Schuhegger)

Die Artikel sind oft so gut wie neu, zumindest aber neuwertig. Viele Kleiderspenden gingen ein. »Doch wir sortieren kräftig aus«, erklärt Maria Schmidt. Die 41-jährige Mutter aus dem Kolping-Leitungsteam engagiert sich federführend für das Projekt. Maria Schmidt legt großen Wert darauf, dass »gute«, modische Stücke zum Verkauf angeboten werden. »Abgetragenes und dreckiges geben wir ins Recycling«, erklärt die 41-Jährige. Auch Ladenhüter müssten ins Recycling. Dort werden die Sachen weiterverarbeitet.

Dass eine Kinderjacke, die nach einer Saison zu eng ist, oder ein Damenblazer, der ein Fehlkauf war, im Müll landet, will Maria Schmidt vermeiden. »Das ist alles andere als sozial verträglich und umweltfreundlich«, sagt sie. Monika Nestle, die an einem Ständer mit Jeanshosen steht, stimmt zu. »Es wird viel zu viel weggeschmissen.« Dem Wegwerfwahn setzt sie sich entgegen. Ihre Anziehsachen kauft sie stets aus zweiter Hand, sehr gerne im Second-Hand Markt in Strub, wo sie die Kleidungsstücke anprobieren kann, beraten wird und stets einen netten Plausch mit dem Personal hält.

»Ich habe hier schon Hosen, Schuhe, Sportsachen gekauft.« Wann immer sie etwas »Neues« brauche, werde sie im Second-Hand Markt fündig.

Monika Nestle, die wegen des Nachhaltigkeitsgedankens im Gebrauchtkleidermarkt einkauft, gehört zu den Stammkunden. Zudem zählen Auszubildende und Studenten, »Fashionistas« und Familien, »die aufs Geld schauen müssen« zu den Einkäufern, weiß Maria Schmidt.

Für letztere gibt es sogar Gutscheine. Diese würden über die Tafel oder die Caritas verteilt. »Erst vor kurzem habe ich wieder Wertscheine bei der Caritas abgegeben«, sagt die 41-Jährige.

Die Mode, die im Second-Hand Markt angeboten wird, ist nicht teuer, kostet aber doch ein bissschen etwas. Der Erlös kommt sozialen Projekten zugute.

Der Laden in Strub steht allen offen, die Waren abgeben wollen und ein soziales Shoppingerlebnis schätzen. Die Öffnungszeiten sind am Dienstag von 16 bis 19 Uhr und am Samstag von 9 bis 12 Uhr.

»Den Dienstagsdienst übernehmen unsere Senioren«, erklärt Maria Schmidt. Am Samstag kümmern sich oft Mitglieder der Kolpingsfamilie, Mütter und Väter um die Warenannahme und den Verkauf. »Es gibt stets genug zu tun«, sagt Maria Schmidt. Sie freut sich über ehrenamtliche Unterstützerinnen und Unterstützer.

Informationen zum Projekt gibt es unter www.kolpingsfamilie-berchtesgaden.de.

Lisa Schuhegger