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Foto: David Ebener/dpa-Archivbild

Verstoß gegen Corona-Auflagen in Bischofswiesen – Gerichtsverhandlung wird fortgesetzt

Bischofswiesen/Laufen – Die »Augenhöhe« war ihnen wichtig. Sowohl die 49-jährige Beschuldigte als auch der mitgebrachte Zeuge bestanden im Laufener Gerichtssaal darauf, stehen zu bleiben. In dem Verfahren geht es um einen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid über 250 Euro, den die Bischofswieserin zahlen sollte, weil sich am 24. März 2021 in ihrem Haus acht Menschen aus fünf verschiedenen Hausständen getroffen hatten, was einen Verstoß gegen die damals geltenden Kontaktbeschränkungen bedeutete.


In Laufen behauptete die Frau, es habe sich um eine politische Versammlung der Partei »Die Basis« gehandelt, was mit einem entsprechenden Hygienekonzept auch zulässig gewesen sei. Doch bei der abendlichen Kontrolle sei davon keine Rede gewesen, versicherte ein Beamter der Polizeiinspektion Berchtesgaden. Im Gegenteil: Die »Gäste« hatten sich zunächst in Zimmern versteckt, aus denen sie erst rausgekommen seien, »als wir nicht lockergelassen haben«.

»Flyer der Partei sind im Flur gelegen«, versuchte die Beschuldigte den politischen Hintergrund zu unterstreichen. Als Zeugen hatte sie Anton Huber, den damaligen Kreisvorsitzenden Berchtesgadener Land und Traunstein der Partei »Die Basis« mitgebracht, der allerdings an besagtem Abend nicht dabei gewesen war. Der 73-Jährige fragte den Richter zunächst, ob er Richter am Amtsgericht sei. Die Frage nach seiner Staatsangehörigkeit beantwortete der Kirchanschöringer so: »Seit 1638 bayerischer Abstammung.« Er will die Bischofswieserin gebeten haben, Gleichgesinnte zu gewinnen, »um innergebirg Fuß zu fassen«.

»Wir haben genau die aktuellen Themen diskutiert: Corona, Freiheitsberaubung, Nötigung, Grundgesetz und Grundrechte«, unterstrich die 49-Jährige, die anderen Parteien und Medien vorhielt, »nur die geltenden Narrative zu bedienen«. »Wir hatten ein Hygienekonzept«, betonte die Beschuldigte, musste aber einräumen: »Gut, die Abstände haben wir nicht eingehalten.«

»CSU, Freie Wähler, alle machten ihre Versammlungen. Dann dürfen wir das auch«, erklärte Huber. Den abendlichen Polizeieinsatz wertete er als »typische Aktion«, wie sie seine Partei »immer wieder erleben muss«. Er will der Beschuldigten das geltende Hygienekonzept übermittelt haben, während die Frau erklärte, sie habe ein solches von den regelmäßigen Treffen in Weibhausen mitgenommen. Eine Woche nach dem privaten Treffen habe zudem eine angemeldete Versammlung in Berchtesgaden stattgefunden.

Richter Christian Daubner kündigte an, alle Beteiligten als Zeugen zu laden. Die hatten bis auf einen ihre Bußgeldbescheide akzeptiert und bezahlt; einen politischen Hintergrund habe keiner vorgebracht. »Ich bin wohl oft naiv«, sagte die Frau, »für mich war das damals alles neu. Und jetzt stehe ich wie ein Schwerverbrecher da. Denunziation wird anscheinend höher gewertet als Grundrechte.«

Daubner versuchte noch einmal eine Brücke zu bauen: »Warum kann man nicht einfach dazu stehen? Wegen 250 Euro muss man daraus kein Schwurgerichtsverfahren machen.« Zugleich warnte der Strafrichter vor Falschaussagen von Beteiligten, die zu weit höheren Strafen führen könnten. »Es geht ums Prinzip«, erwiderte die Frau, »es gibt noch Leute mit Rückgrat, die sagen, was hier falsch läuft.« Im Übrigen mache sie »bei so einem Nachbarn keine Party«, zielte sie auf den anonymen Anrufer. Sie habe jedenfalls »ein reines Gewissen«.

Fortgesetzt wird die Verhandlung am Montag, 29. August, um 11.30 Uhr. Geladen dazu werden die vier Beteiligten aus anderen Haushalten sowie ein zweiter Polizeibeamter.

Hannes Höfer