Klar: Als Netzbetreiber haben sie zunächst mal keinen Einfluss darauf, wie »viel« und »welcher« Strom in den Leitungen fließt. Aber beim Bayernwerk weiß man: Schon heute steckt bereits mehr regenerative Energie im (regionalen) Stromnetz, als man vielleicht denken würde. »Dank aktuell über 390 000 in das Stromnetz eingebundenen dezentralen Einspeiseanlagen – größtenteils Fotovoltaik – verteilt das Bayernwerk heute schon zu über 70 Prozent regenerativen Strom«, sagte Tobias Huber, Kommunalmanager des Bayernwerks in Freilassing.
Der Netzbetreiber hat über 19 dieser Kundencenter im ganzen Freistaat und steuert von dort aus die »regionale Versorgung« der Abnehmer mit Strom. »Man muss es sich ein bisschen so wie beim Straßennetz vorstellen. Die Hochspannungsleitungen sind die Autobahnen, die den Strom überörtlich transportieren«, erklärte Kundencenterleiter Christoph Mengele. Das Bayernwerk nimmt diesen Strom ab und führt ihn ins regionale Verteilnetzwerk über, das die Region wie ein Netz von Gemeinde-und Gemeindeverbindungsstraßen durchzieht – viele davon unterirdisch.
Diese lokale Strom-Infrastruktur soll nun noch weiter wachsen und ertüchtigt werden: Rund 30 Millionen Euro nimmt das Bayernwerk 2023 alleine für den Bereich Freilassing in die Hand (siehe einige Beispiele im Kasten). Rund ein Drittel entfällt davon auf Instandhaltung, zwei Drittel auf Neuinvestitionen.
Die Maßnahmen sind dabei vielfach ebenfalls der Energiewende geschuldet: Denn das Bayernwerk erlebe einen regelrechten »Anschlussboom«, so Huber. Im ganzen Bayernwerk-Gebiet habe man 3 000 bis 6 000 Anfragen pro Monat, das bedeutet im Vergleich zum Vorjahr eine Verdoppelung.
Interessenten, die eine neue Fotovoltaikanlage errichten wollten, mussten zuletzt rund 45 Arbeitstage warten, bis ihr Antrag beschieden war. Inzwischen habe man aber intern die Kapazitäten gebündelt und könne schon nach rund zehn Tagen eine Rückmeldung geben.
Nur eine von mehreren Maßnahmen, damit der weitere »lokale« Leitungsbau Fahrt aufnimmt. Denn – so will man sich beim Bayernwerk schon ein wenig verstanden wissen: Auch dieser lokale Leitungsbau sei ein Baustein der Energiewende. Zumal nicht nur an die Einspeiseseite und die steigende Zahl (privater) Fotovoltaikanlagen gedacht werden müsse, sondern auch an die Bezugsseite. Stichworte sind hier Elektromobilität und mehr Rechenzentren. Angesichts all dieser Herausforderungen ist man beim Bayernwerk stolz, dass die Ausfallzeiten des Stromnetzes weiterhin äußerst gering sind. Heruntergebrochen auf die Zahl der angeschlossenen Kunden nur wenige Minuten jährlich – weltweit spitze, wie Thomas Kotarski, zuständig für den Betrieb der Umspannwerke und Schaltstationen, vorrechnete. Und diese Zuverlässigkeit soll auch während der anstehenden Ausbauarbeiten gewährleistet sein. Denn durch verschiedene netzstabilisierende Maßnahmen soll Otto Normalverbraucher davon so gut wie nichts merken.
Johannes Geigenberger