Ein erstes Urteil gegen seinen vermeintlichen Spezl Abdul wegen gefährlicher Körperverletzung war in Laufen am 16. Oktober 2019 ergangen. Die Berufungsverhandlung am Landgericht Traunstein fand am 15. Oktober 2020 statt. Eine Revision des Urteils hatte in Folge das Bayerische Oberste Landesgericht verworfen, weshalb das Urteil gegen Abdul rechtskräftig ist. Dem nun angeklagten Mohamed war unterstellt worden, bewusst die Tat auf sich genommen und falsch ausgesagt zu haben, um den vorbestraften Abdul vor weiterer Strafe zu schützen.
Trotz des Hinweises von Staatsanwältin Karin Hahn, dass ihm ein Geständnis zugute kommen würde, blieb der Angeklagte dabei: »Nachdem ich mit der Faust geschlagen worden bin, habe ich mit meinem Handy zugeschlagen.« Allerdings: »Ob auch Abdul zugeschlagen hat, weiß ich nicht. Ich habe ihn nicht in Schutz genommen.«
Die folgenden Urteile gegen Abdul waren eindeutig ausgefallen. Sowohl Richter Martin Forster vom Amtsgericht Laufen als auch Landgerichtsvizepräsidentin Andrea Titz aus Traunstein schilderten ihre jeweiligen Verhandlungen. Für Forster stand außer Frage, dass beide Palästinenser ihre Aussagen abgesprochen hatten und der nun angeklagte Mohamed die Schuld auf sich nehmen sollte. Titz erinnerte sich, dass Mohamed zunächst bei der Polizei ausgesagt hatte, er sei betrunken gewesen und könne sich nicht erinnern. Ein Zeuge habe zudem berichtet, Mohamed sei damals gar nicht in der Nähe des Geschehens gewesen.
Aussagen abgesprochen
Anders als Gruppenleiter Dr. Ralf Burkhard, der sich »überhaupt nicht mehr« an das Verfahren erinnern konnte, berichtete Josef Haiker als Staatsanwalt in der Laufener Verhandlung, dass er versucht habe, Mohamed »eine Brücke« zu bauen. »Mein Eindruck war, die Aussagen waren abgesprochen.« Ein 40-jähriger Security-Mitarbeiter schilderte, dass die Sache in dieser Nacht »komplett eskaliert« war und sich Abdul »so richtig aggressiv« verhalten habe, während Mohamed »ziemlich friedlich« geblieben sei.
Einer der Sicherheitsleute hatte damals gegen 2.30 Uhr ein Bild des Täters gemacht, von dem Abdul eingeräumt hatte, er sei der Mann auf dem Bild. Als Mohamed nun in Laufen behauptete, auf dem Bild sei er zu sehen, platzte Karin Hahn der Kragen: »Hören Sie auf mit dem Theater, das ist ja furchtbar.« Schon zuvor war Richter Lang ob der wenig konzisen Aussagen des Angeklagten ziemlich laut geworden.
Als Zeuge geladen war auch der verurteilte Abdul. Karin Hahn war es, die vorschlug, auf die Einvernahme des Mannes zu verzichten. Der Grund: »Das Einzige, was es bringt, ist ein neues Verfahren.« Unter offener Bewährung stehend, laufe der Zeuge möglicherweise »sehenden Auges« in eine neue Anklage. Richter, Verteidiger und der Angeklagte schlossen sich diesem Verzicht an. Maler Mohamed, der seit September 2016 in Deutschland lebt, ist nicht vorbestraft. Zeugen in einem Verfahren seien wichtige Beweismittel, mahnte Hahn in Richtung des Angeklagten, »der uns heute wieder eine Lügengeschichte präsentiert hat«. Offenbar versuche er, »es durchzuziehen«. Die Staatsanwältin beantragte eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne.
Nachdem Rechtsanwalt Jürgen Pirkenseer zwischenzeitlich angemerkt hatte, es sei nicht auszuschließen, dass Abdul den gegenständlichen Schlag mit dem Handy ausgeführt habe, während Mohamed vielleicht eine gänzlich unbekannte Person geschlagen habe, schloss er sich in seinem Schlussplädoyer der Staatsanwältin an: »Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass er offensichtlich falsch ausgesagt hat.« Seinem Mandanten mochte der Verteidiger zugestehen, »dass er alles vermischt und vermengt«, gleichwohl gab sich auch Pirkenseer überzeugt, Mohamed habe versucht, Abdul zu »schützen«.
Entschuldigung für »den hohen Aufwand«
Richter Christopher Lang folgte dem Verteidigerantrag mit acht Monaten. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Lang bestätigte dem 29-Jährigen, dass er gut integriert sei und eine Arbeitsstelle habe. Mohamed entschuldigte sich in seinem Schlusswort für »den hohen Aufwand« des Gerichts. Er möchte nun endlich »damit abschließen.« Die Duldung des 29-Jährigen läuft vorerst bis zum 31. Oktober 2022.
Hannes Höfer