Seit eineinviertel Jahren wohnt Hans-Jürgen Klein mit seiner Frau Iris nun in der Ramsau. Dort ist das aus Nordrhein-Westfalen stammende Paar auch schnell in der Ortsgemeinschaft angekommen, weil man sich charakterlich durchaus ähnelt. Hans-Jürgen Klein, der von den Einheimischen nur Hans genannt wird, liebt die Natur, mag es sportlich gerne ambitioniert und ist alles andere als ein Sprüchemacher. Dabei könnte er eigentlich so viel aus seinem spannenden Leben erzählen.

Eigentlich ist Klein ein richtiger Flachländer. Geboren im nordrhein-westfälischen Castrop-Rauxel und später mit seiner Frau wohnhaft im Münsterland, zog es ihn irgendwie immer in die Berge. Geweckt wurde diese Leidenschaft schon in Klein's Jugend, als er an einer Schülerfahrt nach Saalbach-Hinterglemm teilnahm. Doch zunächst war zu wenig Zeit, um intensiv dem Bergsteigen zu frönen. Als Fremdsprachenkorrespondent für eine zu Thyssen-Krupp gehörende Firma war Hans-Jürgen Klein in ganz Europa viel unterwegs. Er betreute Kunden von Spanien über Frankreich bis nach Skandinavien, Osteuropa und die Türkei. »Ich durfte viele nette Menschen und fremde Kulturen kennenlernen. Das öffnet einem schon die Augen«, blickt der 65-Jährige dankbar zurück. Auch heute noch, im Rentnerdasein, pflegt er freundschaftliche Kontakte zu einigen seiner damaligen Geschäftspartner. Dazu kamen noch private Auslandsreisen, beispielsweise nach Kanada.
Vor 40 Jahren erstmals in Berchtesgaden
Eine Reise führte ihn bereits vor 40 Jahren zusammen mit seiner Frau Iris auch ins Berchtesgadener Land. An die Schönheit der Gegend erinnerte er sich später und so verbrachte das Paar dann vor zehn Jahren einen weiteren Urlaub in der Ramsau. Dort hat sich das Paar nun, nach eineinhalb jähriger Zwischenstation in der Stanggaß, auch niedergelassen. »Die Steilheit der Berge und die Beengtheit im Tal – wir mögen das«, schwärmt Hans-Jürgen Klein.

Dass das Bergsteigerdorf Ramsau auch eine sportbegeisterte Kommune ist, dürfte die Umzugsentscheidung des Paares sicherlich auch beeinflusst haben. Denn Hans-Jürgen Klein ist seit Jahrzehnten Sportler durch und durch. Immer ambitioniert und oft auch wettkampfmäßig hat er sich in den verschiedensten Sportarten ausprobiert. Er spielte Fußball, Tischtennis, Badminton und Tennis. Verschiedene Verletzungen im Schulter- und Armbereich ließen ihn dann, als er bereits Ende 40 war, zur Leichtathletik wechseln. In den verschiedenen Laufdisziplinen erreichte er schnell ein hohes Niveau, bei Bahnwettkämpfen auf Strecken zwischen 800 und 10 000 Metern mehrere gute Platzierungen. Im Seniorenbereich tauchte der Name Hans-Jürgen Klein auf der deutschen Bestenliste regelmäßig auf. Unter anderem holte er sich in der Klasse 50 im Halbmarathon den Titel eines westdeutschen Mannschaftsmeisters.
Die Liebe zum Berglauf
Und dann entdeckte er schließlich noch seine Liebe zum Berglauf. Bei den deutschen Seniorenmeisterschaften war Klein genauso dabei wie beispielsweise einmal beim Hochfelln-Berglauf. Am nachhaltigsten in Erinnerung blieb ihm aber der denkwürdige Zugspitzlauf des Jahres 2008. Bei dem Extremlauf verloren damals in der Kälte zwei Sportler ihr Leben, es gab außerdem mehrere Verletzte. Hans-Jürgen Klein entging der Katastrophe knapp, weil er sich rechtzeitig für den Abbruch entschied.
An Wettkämpfen nimmt der Wahl-Ramsauer heute nicht mehr teil, gelegentliche Bergläufe in den Berchtesgadener Bergen gehören aber nach wie vor zu seinem Trainingsprogramm. »So konnte ich bis heute mein Gewicht halten und auch die Gelenke machen noch gut mit«, freut sich der 65-Jährige. Dass Klein mit vielen Jungen noch gut mithalten kann, zeigt die Zeit, die er dieser Tage von der Ramsauer Ortsmitte bis zur Blaueishütte und zurück schaffte: 1:54 Stunde.
Freilich ist Hans-Jürgen Klein auf seinen Bergtouren nicht immer joggend unterwegs, aber sportlich mag er es schon. Einmal im Jahr geht er in einem Stück rund um den Königssee. Allerdings nicht auf kürzestem Weg, sondern über Gotzenalm, Landtal, Kärlingerhaus und Trischübel. 20 Stunden braucht er dafür. Die Watzmannüberschreitung gehört genauso zu seinem Bergprogramm wie Begehungen der verschiedenen Klettersteige. Durch die Watzmann-Ostwand ist Klein einmal zusammen mit Bergführer Heinz Zembsch geklettert. Und zu Hause gibt es als Kür noch eine Klimmzug-Session oder eine Yoga-Stunde. Man will ja in Form bleiben.
In der Ramsau angekommen
In der Ramsau fühlen sich Iris und Hans-Jürgen Klein mittlerweile pudelwohl. Ihr Freund Peter Grassl, bei dem sie im Neuhausenlehen zuvor schon den einen oder anderen Urlaub verbracht hatten, verhalf dem Paar zu vielen Kontakten. Über ihn fand Hans-Jürgen Klein auch den Weg zu den Berchtesgadener Feuerschützen, wodurch sich wieder neue Verbindungen ergaben. »Der Peter war für uns schon eine Art Türöffner«, sagt Klein, der in der Sommersaison gelegentlich auch Touristen mit dem Fährschiff »Annerl« über den Hintersee fährt.

Oft ist der 65-Jährige mit Markus Leitner, dem Pressesprecher des BRK-Kreisverbandes, in der Natur unterwegs. Die beiden verbindet die Leidenschaft Naturfotografie. »Wir versuchen dann beispielsweise, die beiden Geierdamen oder Adler aufzuspüren«, erzählt Hans-Jürgen Klein. Dabei sind ihnen schon spektakuläre Aufnahmen gelungen. Nicht selten ist der 65-Jährige aber auch alleine unterwegs, denn Geduld ist vor allem für einen Tierfotografen äußerst wichtig. »Ich sitze dann schon mal drei Stunden, bis sich eine gute Fotogelegenheit ergibt«, sagt Klein und lacht.
Professionelle Ausrüstung
Bis zu drei Kilogramm Fotoausrüstung schleppt Hans-Jürgen Klein mit sich, wenn er auf Tour geht. Dazu gehören auch Objektive bis zu einer Brennweite von 700 Millimetern. Denn dem 65-Jährigen ist es wichtig, Abstand zu den Tieren zu halten. »Ich will die Tiere ja nicht erschrecken«, sagt Klein, der aktuell mit zwei verschiedenen Kameras fotografiert: mit einer Nikon D 500 Spiegelreflexkamera und einer spiegellosen Nikon Z 6 Vollformatkamera. Sehnlichst wartet er derzeit außerdem auf eine bereits bestellte Nikon Z 9. Das ist durchwegs professioneller Standard und kostet natürlich seinen Preis.

»Ich habe halt sehr hohe Ansprüche, was die Qualität der Ausrüstung und der Bilder angeht«, sagt Hans-Jürgen Klein. Dazu kommen bei der Tierfotografie noch die Parameter Erfahrung, Geduld und Technik. Das Wissen um Belichtungs- und Verschlusszeiten hat sich Klein teils selbst angeeignet, teils aber auch in Kursen und aus Büchern erworben. »Wichtig ist, dass du immer vorbereitet bist. Denn oft hast du für eine gute Aufnahme nur wenige Sekunden Zeit«.
Aus vielen spannenden Regionen dieser Erde hat Hans-Jürgen Klein schon Bilder in Spitzenqualität mitgebracht. Doch ein paar Ziele hat er noch: die Lofoten, Island, die Müritzer Seenplatte und Namibia mit seiner beeindruckenden Tierwelt.
Einen Teil seiner atemberaubenden Naturbilder postet Hans-Jürgen Klein regelmäßig auf seinem Instagram-Account (@hklein888).
Ulli Kastner