Königssee/Ramsau: Schlaflose Nacht für Bergwacht – Bewusstlose, Verletzte, Vermisste und Erschöpfte
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Foto: Bergwacht Berchtesgaden

Bewusstlose, Verletzte, Vermisste und Erschöpfte am Königssee und in Ramsau – Schlaflose Nacht für Bergwacht

Ramsau/Schönau am Königssee – Eine schlaflose Nacht bereiteten mehrere Notfälle am späten Sonntagabend den Bergwachten Ramsau und Berchtesgaden: Die Bergretter waren am Sonntag vom Nachmittag weg bis tief in die Nacht hinein bei vier Einsätzen gefordert.


Eine bewusstlose 57-Jährige brauchte im Wimbachtal medizinische Hilfe, eine nach einer Knieverletzung nicht mehr gehfähige 26-Jährige musste im Südspitz-Abstieg erst gesucht und dann gerettet werden, drei junge Abenteurer ohne Stirnlampen und Ausrüstung hatten sich bei einer langen, alpine, Tour im Abstieg vom Hochkalter durchs Ofental getrennt und dann als vermisst gemeldet und ein Duo aus Hamburg musste aus der unteren Watzmann-Ostwand gerettet werden.

Bewusstlose Frau (57) aus dem Wimbachtal gerettet

Los ging es für die Retter gegen 14.30 Uhr mit einem internistischen Notfall zwischen Wimbachklamm und Schloss. Zunächst mussten die Einsatzkräfte den genauen Ort erst suchen, da die Anruferin in Panik und mit ihrem ausländischen Akzent kaum zu verstehen war.

Die Bergwacht ließ sich per Handy und mit eingeschaltetem Martinshorn von der Frau zu sich lotsen und fand dann am Weg zwischen dem Ausgang der Wimbachklamm und dem Schapbachweg etwa 200 Meter oberhalb der Holzbrücke die 57-jährige, zeitweise bewusstlose Frau.

Vor Ort wurde die Dame aus dem Landkreis Rosenheim notfallmedizinisch versorgt – auch der Bergwacht-Notarzt war am Einsatzort –, bevor sie mit der Trage zum Wimbachweg gebracht wurde. An der Wimbachbrücke übergaben die Bergretter die Patientin an eine Rettungswagen-Besatzung. Fünf Einsatzkräfte waren eineinhalb Stunden lang gefordert.

Verletzte Frau am Südspitz-Abstieg des Watzmanns

Gegen 19.20 Uhr abends ging dann ein Notruf von der Grieshütte wegen einer vermeintlich erschöpften 26-jährigen Frau aus Baden-Württemberg am unteren Ende des Watzmann-Südspitz-Abstiegs ein. Die Bergwacht Ramsau fuhr zur Grieshütte; allerdings war der Melder bereits weiter ins Tal abgestiegen und konnte keine direkte Verbindung mehr zu der Frau herstellen.

Die Retter fuhren deshalb weiter bis ans Ende des Wegs, stiegen zu Fuß bis zum im Notruf beschriebenen gelben Wegweiser auf, wo aber niemand mehr vor Ort war. Die Ehrenamtlichen versuchten dann, Rufkontakt herzustellen. Der Vater der Patientin hörte die Rufe, sah die Retter auch und antwortete, was aber die Bergwacht nicht hören konnte.

Die Bergwacht suchte den Fußweg vom Wegweißer zur Grieshütte erfolglos ab, schickte einen Trupp auf die Südspitze los und forderte einen Hubschrauber zur Suche an. Der Trupp fand die Frau dann knapp oberhalb des Wegweisers und bestellte den alarmierten Polizeihubschrauber „Edelweiß 6“ wieder ab. Die 26-jährige Patientin hatte nach einem Sturz im oberen Abschnitt des Abstiegs starke Schmerzen im linken Knie, war selbst noch abgestiegen und konnte irgendwann gar nicht mehr weiter.

Die Bergwacht schaffte es, die junge Frau so zu lagern und zu schienen, dass sie fast schmerzfrei wurde und brachte sie dann mit der Gebirgstrage über den Fußweg bis zum Pinzgauer. Eine Rettungswagen-Besatzung des Berchtesgadener Roten Kreuzes übernahm sie im Tal an der Wimbachbrücke und brachte sie in die Kreisklinik Bad Reichenhall. Vier Einsatzkräfte waren bis 23 Uhr gefordert.

„Taschenlampe, Handy und Pfeife hatte er im Eifer des Gefechts ganz vergessen. Das Mobilfunknetz im Abstieg von der Südspitze ist zwar schwach, funktioniert aber durch den aufgerüsteten Masten am Hirschkaser am Toten Mann mittlerweile gut. Wenn man das Handy aus der Tasche holt, hat man zunächst keinen Empfang. Man muss dem Gerät ein paar Sekunden geben, bis es sich einwählt. Die Abdeckung ist nicht ganz flächendeckend, jedoch überwiegend vorhanden“, erklärt Einsatzleiter Michael Renner.

Suchaktion: Vermisste junge Männer im Hochkalter-Ofental

Auch am späten Abend war noch lange nicht Schluss: Denn kurz vor Mitternacht, um 23.47 Uhr, folgte der dritte Alarm. Ein Freilassinger, dessen Handy-Akku leer war, hatte in einem Haus an der Hirschbichlstraße einen Notruf abgesetzt, da er mit zwei weiteren Männern aus Regensburg und Wolfsburg am Hochkalter unterwegs war und die beiden anderen noch immer nicht im Tal waren.

Die jungen Leute hatten sich im Abstieg ins Ofental getrennt, da die Gruppe bereits im Aufstieg von der Blaueishütte zum Hochkalter sehr langsam vorangekommen war. Jeder war dann alleine unterwegs. Die Besatzung des Polizeihubschraubers „Edelweiß 6“, die bereits in Bad Reichenhall zur Wärmebild-Suche am Waxriessteig war, konnte das Ofental wegen des starken Windes nicht anfliegen.

Der Freilassinger hatte zuletzt gegen 20.20 Uhr SMS-Kontakt mit den beiden anderen, die zu diesem Zeitpunkt nach eigener Aussage in guter Verfassung waren, aber keine Stirnlampen dabei hatten. Die Bergwacht fand den Regensburger dann gegen 0.20 Uhr am Fußweg neben der Hischbichlstraße.

Gleichzeitig meldete sich die Leitstelle, da der Wolfsburger dort mitgeteilt hatte, dass er keine Hilfe wünscht – was aber aufgrund der fehlenden Lampe auf der weiten Strecke durchs Ofental unglaubwürdig erschien. Deshalb fuhr die Bergwacht mit zwei Fahrzeugen über den alten Forstweg so weit wie möglich nach oben und fand den Mann dann um 0.36 Uhr in rund 1200 Metern Höhe unterhalb der Ofental-Diensthütte, wo er sich bereits zum Schlafen hingelegt hatte.
Die Retter brachten den trotz der alpinen und langen Bergtour nur mit Sneakers, einem kleinen Rucksack und Handy-Licht ausgerüsteten Abenteurer sicher ins Tal zurück. Fünf Einsatzkräfte waren bis 1.15 Uhr nachts gefordert.

Erschöpftes Duo aus Watzmann-Ostwand gerettet

Während die Bergwacht Ramsau die im Ofental vermissten beiden jungen Männer und die Bergwachten im Saalachtal aufwendig nach einem verstiegenen Urlauber am Poschberg suchten, ging drei Minuten nach dem letzten Notruf, gegen 23.50 Uhr, ein weiterer Notruf aus der unteren Watzmann-Ostwand ein. Dort hatte ein Duo aus Hamburg den Aufstieg über den Berchtesgadener Weg abgebrochen und brauchte in rund 1200 Metern Höhe erschöpft und überfordert Hilfe.

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Foto: Bergwacht Berchtesgaden

Die Frau und der Mann stießen im alpinen Gelände trotz der guten Ausrüstung an ihre Grenzen und waren viel zu langsam vorangekommen. Sie kehrten dann um, stellten aber fest, dass sich der Abstieg schwieriger als erwartet gestaltete. Sie kamen selbst bis unterhalb des Schuttkars, wo sie nach Rücksprache mit dem Einsatzleiter biwakieren sollten.

Gegen 1 Uhr meldeten sie sich dann wieder beim Einsatzleiter und baten darum, dass sie doch abgeholt werden. Die BRK-Wasserwacht brachte insgesamt neun Einsatzkräfte der Bergwacht Berchtesgaden samt des All-Terrain-Vehicles (ATV) mit dem Rettungsboot von der Seelände nach Bartholomä, wo die Retter so weit wie möglich nach oben fuhren und dann zu Fuß aufstiegen.

Ein Voraustrupp mit zwei Rettern traf sehr rasch bei den Hamburgern ein und versorgte sie. Danach folgten weitere sieben Einsatzkräfte. Die Bergwacht führte die beiden Hamburger dann am Seil gesichert ins Tal nach Sankt Bartholomä zurück, wo sie in der Früh von der BRK-Wasserwacht mit dem Rettungsboot abgeholt wurden.

red/BRK BGL