Königssee: Abschiedskonzert für Wirtsleute vom Gasthaus »Unterstein« – Der Adler fliegt über Unterstein
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So kennt man Willy Michl: Der Isarindianer verabschiedete die »Unterstein«-Wirtsleute Judith und Thomas Lichtmannegger im Rahmen eines Konzerts. (Foto: privat)

Der Adler fliegt über Unterstein – Abschiedskonzert für Wirtsleute

Schönau am Königssee – Es ging um Freiheit, Leichtigkeit, Brüderlichkeit. Das Konzert von Willy Michl im Gasthaus »Unterstein« glich einem dreieinhalbstündigen Adlerflug mit viel Zeit zum Träumen. 85 Zuschauer nahm der Isarindianer mit auf eine fantasievolle Reise in eine Welt des Friedens und der Zufriedenheit. Ein würdiges Abschiedskonzert für die Wirtsleute Judith und Thomas Lichtmannegger.


»Sound of Thunder«, dem Berchtesgadener Land und vor allem der Ramsau seit Jahrzehnten tief verbunden, hat mehrere treue Wegbegleiter zum Konzertabend mitgebracht. Allen voran natürlich seine Frau Cora, seine frühere Frau Evi, die ihn 1971 in die Ramsau gebracht hat und bei Konzerten immer noch den Einlass organisiert, und Tonmeister »Professor Karpati«.

Um Punkt 20 Uhr ertönt aus den Lautsprechern »Dunbar Theme« aus dem Film »Dances with Wolves«, seit 1990 die Auftrittsmusik des Isarindianers, der seine Fans bei anhaltendem Applaus herzlich begrüßt: »Guten Abend Berchtesgaden.« Der Erfinder des »Bairischen Blues« beginnt mit einem, wie er sagt, »bayerischen Indianerlied«, nämlich »Indian Summer«. Es folgen die alten Hits »Isarflimmern«, »Wuidperdl« und »Blues goes to Mountain«, gewidmet Friedl Lichtmannegger. Mit dem Zither-Virtuosen aus der Ramsau hatte Willy Michl einst den »Bairischen Blues« in den Münchner Union Studios aufgenommen.

Willy singt »Ois is Blues« und erzählt von seinem jüdischen Produzenten Gerhard Moische Mendelsohn. Weiter geht's mit dem noch nicht veröffentlichten Song »Träume von den Bergen«, in dem der Bluesmann die Geheimnisse der Natur preist. Richtig aus dem Häuschen ist Willys »Yediritter-Publikum«, wie er es nennt, dann beim Song »Fliag Vogel Fliag«, den er einem schwer erkrankten Freund aus Berchtesgaden widmet. Den ersten Konzertteil beschließt »Sound of Thunder« mit einem fulminanten Gitarren-Solo zu seinem Lied »Wakan-Tanka«, an dem sich auch das Publikum gesangsstark beteiligt. »Ein wildes Land hier und wilde Leute«, stellt Willys Ehefrau Cora fest. Das sieht auch der Willy so: »Eine eigene Volkheit im geheimnisvollen Lande der liegenden Hex.«

Nach 27 Minuten wohlverdienter Pause tritt der Barde wieder an und bringt »auf Wunsch einer schönen Berchtesgadenerin« den bekannten Song »Bella Signorina« und dann – wie soll's auch anders sein – reißt er die Zuschauer mit dem »Bobfahrer-Lied« von den Stühlen. Das Publikum tobt und springt höher als anderswo, Juchitzer gellen durch den Saal. Wie aus dem Nichts legt Willy Michl schließlich den Schalter um und wendet sich mit einem langen Talking-Blues ans Publikum. »Sitting on a Dock of a Bay« und »Take a Walk on the wild Side« von Lou Reed begleiten die wortreichen Erinnerungen Michls, in denen »der größte bayerische Hochhäuptling« Franz Josef Strauß genauso vorkommt wie Willys frühere »Sexbomben-Lehrerin« und der General Böhm von der 1. Gebirgsdivision, den der Isarindianer vor vielen Jahrzehnten mit dem Song »Give Peace a Chance« unterhalten hat.

Dann bringt Willy Michl das Lied »Lilli Marleen« und das Publikum ist plötzlich wie verzaubert. Die Zuhörer werden in eine Zeit zurück versetzt, die es längst nicht mehr gibt. Man kann eine Stecknadel fallen hören, so leise ist es plötzlich im Saal. Zum Schluss ehrt Willy Michl das Wirtepaar Thomas und Judith Lichtmannegger. Der Chef selbst kommt zur Bühne, umarmt Willy liebevoll und wünscht sich noch das Lied vom Einsperrhaus, das einst der große bayerische Zitherspieler Kraudn Sepp gesungen hat. Es wird sehr emotional, als der Willy noch für seinen »Bruder Stefan Silent Hawk« die alte Hans Albers Version von »La Paloma« bringt.

Und beim Abschluss-Song vom Kraudn Sepp singen alle »Yediritter« lautstark mit: »Es muaß ein Sonntag g'wesn sein, ein Tag voll hellem Sonnenschein, es war ein Glückstag ganz gewiss, wie unser Bayernland entstanden is'.«

Als das Publikum nach dreieinhalbstündiger »One Man Show« frenetisch applaudiert, ist es bereits Mitternacht geworden. Und Schwester Mond steigt über den Bergen empor. UK/fb