Nationalparkleiter Dr. Roland Baier ist erfreut und erleichtert zugleich: »Ich bin wirklich froh, dass wir den Kaunersteig nach über drei Jahren Sperre jetzt wieder für Bergsteiger freigeben können. Die Sanierung war ein echter Kraftakt, den unsere Mitarbeiter zusammen mit einer Spezialfirma aus Österreich bravourös gelöst haben.« Nach einem massiven Murenabgang musste der Steig im März 2019 gesperrt werden. Rund 2 000 Quadratmeter Oberboden waren zusammen mit der Vegetationsdecke ins Tal gestürzt, direkt oberhalb der schwierigen Schlüsselstelle des Kaunersteiges in sehr steilem, felsdurchsetztem Bergwald.
Lange war nicht klar, wie mit dem Steig aufgrund der großen Steinschlaggefahr weiter verfahren werden sollte. »Die Sicherheit unserer Besucher steht für uns an allererster Stelle«, betont Nationalpark-Wegereferent Lorenz Köppl. »Wir hatten drei Optionen: entweder den Kaunersteig komplett aufzulassen, den Anrissbereich der Mure und die Sturzbahn technisch zu sichern oder den Steig um die Gefahrenstelle herum komplett neu zu trassieren. Auflassen wollten wir den Steig nicht, also haben wir uns zunächst darum bemüht, die Gefahrenstelle zu sichern, auszuputzen und etwas zu entschärfen. Wanderern, die trotz Sperrung im Steig unterwegs waren, sollte damit ein rasches Passieren der Steinschlagzone ermöglicht werden«, führt Köppl weiter aus. »Wir waren mit den Kollegen viele Male im Steig und haben loses Gesteinsmaterial entfernt. Außerdem wurde der Steig vor dem Hintergrund des Sicherheitsmanagements mit einer neuen Methode zur Analyse von Georisiken beurteilt. Leider hat sich aber gezeigt, dass auch Starkregen und ein weiterer Winter das lose Gestein nicht ausreichend aus dem Gefahrenbereich herausgewaschen haben und dass auch die zunehmende Vegetationsdecke den Bereich nicht angemessen befestigen konnte. Es hat sich also keine deutliche Verbesserung der Gefahrenlage ergeben. Eine technische Verbauung des Anrissbereichs ist kaum möglich und enorm teuer. Also haben wir uns unter Einbeziehung eines Geologen und in Absprache mit unseren Partnern für die Neutrassierung entscheiden«, fasst der Wegereferent zusammen.
In dem steilen und von Felswänden durchsetzten Bergwald gestaltete sich auch die Suche nach einem neuen, dem ursprünglichen Charakter des Kaunersteiges entsprechenden Trassenverlauf schwierig. Nach Abschluss der rund sechswöchigen Bauzeit zweigt der neue Kaunersteig von Salet kommend nun bereits 150 Meter vorher nach rechts in die Seewände ab und windet sich in engen Kurven hinauf. Rund 350 Meter Steigtrasse wurden nach geltenden Nationalpark-Standards neu angelegt, etwa die Hälfte davon im klassischen Steigbau, die andere Hälfte mit Trittbügeln, Seilversicherungen, Holzstufen und Vorlegern. Das Revier Königssee koordinierte den Einsatz, umgesetzt wurden die Maßnahmen von der Firma HTB in Tirol.
Durch den neuen Verlauf hat sich die Schwierigkeit des Kaunersteiges zwangsweise verändert: Der bislang »Rot« und damit »mittelschwer« klassifizierte Steig ist nun »Schwarz« eingestuft und damit gemäß Wegekonzept ein »schwerer« Steig, der schmal, steil und teilweise ausgesetzt ist sowie drahtseilgesicherte Passagen und ungesicherte Kletterstellen enthält.

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