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Landrat Georg Grabner (l.) und der neue Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Staatsforsten, Martin Neumeyer, begutachteten gestern die Kehlsteinwege. Es wird eine Zweitmeinung geben. (Fotos: Pfeiffer)
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Derzeit schwer beschäftigt: Forstbetriebsleiter Dr. Daniel Müller.

Aller guten Dinge sind zwei

Berchtesgaden – Die Wege und Straßen am Kehlstein spalten die Gemüter: Nun hat Landrat Georg Grabner nach Rücksprache mit dem Bayerischen Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Helmut Brunner, eine Zweitmeinung über die Kehlsteinstraßen, die für eine Millioneninvestition weggerissen und erneuert werden sollen, in Auftrag gegeben. Bei einem Vor-Ort-Besuch am Montagnachmittag wollte sich auch der neue Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Staatsforsten, Martin Neumeyer, ein eigenes Bild von den Teerstraßen aus der NS-Zeit machen.


Rita Poser, die Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz, ist zuversichtlich, dass das letzte Wort in Sachen Kehlsteinwege noch nicht gesprochen ist. Über mehrere Wochen lang hat sie gemeinsam mit vielen Mitstreitern Unterschriften in der Bevölkerung gesammelt. 750 Bürger haben sich in die Listen eingetragen. Allesamt Gegner des angekündigten Vorhabens. Geplant ist, 6,5 Kilometer Straßen und Wege rund um den Kehlstein zu entfernen und in einer mehrere Monate langen Baumaßnahme zu erneuern. Der Verdacht: Die Straßen enthalten giftige Stoffe, die von Wasser ausgewaschen werden und in den Boden eindringen können. Das zumindest sagt jener Gutachter, den die Bayerischen Staatsforsten beauftragt haben. Der Gutachter ist Dr. Jörg Danzer, seiner Meinung nach gibt es keine Alternative zum Abriss der Straßen (der »Berchtesgadener Anzeiger berichtete mehrfach).

Die Gegner hingegen schlagen Alarm, die Straßen rund um den Kehlstein könnten erhalten werden, etwa durch eine Versiegelung.

Landrat Georg Grabner sagt, dass er ein transparentes Verfahren wolle, die Öffentlichkeit soll eingebunden werden. Und wenn der Aufschrei in der Bevölkerung schon so groß ist, dann werde er eine Zweitmeinung einholen. Ein zweites Gutachten, das – so wünschen es sich die Gegner des Vorhabens – darlegen könnte, dass die Straßen erhalten bleiben können. »Weder der Forstbetrieb Berchtesgaden noch das Landratsamt haben rechtlich gesehen Fehler gemacht«, gibt Grabner zu bedenken. Der Forstbetrieb Berchtesgaden hatte sich an das Landratsamt gewandt, sich erkundigt, wie es um die Entfernung der Kehlsteinstraßen bestellt ist. Das Landratsamt hatte daraufhin erklärt, nur ein Gutachter könne für Aufklärung sorgen. Dieses Gutachten wurde erstellt, Rückenstärkung erhält Dr. Jörg Danzer vom Wasserwirtschaftsamt Traunstein, das die enthaltenen giftigen Stoffe bestätigt.

Die Zweitmeinung sei zwar nicht notwendig, sagt Landrat Georg Grabner. Aber in diesem Fall dürfte sie zumindest beruhigend auf jene Gemüter einwirken, die, wenige Wochen vor dem Start der Großbaustelle, auf Höchsttemperaturen erhitzt sind. Für Grabner hat die Sicherheit Vorrang: »Wenn die Straßen für die Umwelt gefährlich sind, zählen keine touristischen Aspekte.«

Martin Neumeyer, der Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Staatsforsten, sagt, dass man »besser miteinander redet, als übereinander.« Daher sei er auf den Obersalzberg gekommen, wolle sich ein eigenes Bild machen. Für ihn sind zwei Dinge von entscheidender Bedeutung: »Die Natur darf nicht durch mögliche Giftstoffe beeinträchtigt sein.« Außerdem sei der Wald am Kehlstein Schutzwald. Diese Funktion müsse gesichert bleiben. »Forstautobahnen wollen wir keine«, sagt er. Er strebe eine »naturnahe Lösung« an. Rita Poser vom Bund Naturschutz sagt, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung bislang zu wünschen übrig lasse. Das soll sich nun ändern, sagt Neumeyer. Deshalb sei er da. Und nahm von Poser die 750 Unterschriften entgegen.

Der »Berchtesgadener Anzeiger« wird in einer der nächsten Ausgaben über die weitere Entwicklung am Kehlstein berichten. Kilian Pfeiffer