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Großneffe Christoph Lochner initiierte die Retrospektive mit Werken seines berühmten Familienmitglieds Michael Lochner im »Haus der Berge«. (Fotos: Dieter Meister)
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Nicht die Alm-Idylle, sondern die Bergwelt war Michael Lochners Hauptanliegen.

»Bilder aus der Heimat« im »Haus der Berge«: Ausstellung zum 125. Geburtstag von Michael Lochner

Berchtesgaden – Vor einem Vierteljahrhundert erinnerte eine Ausstellung zum 100. Geburtstag im damaligen Nationalpark-Haus am Franziskanerplatz an den Künstler Michael Lochner vom Obersalzberg.


Initiiert hatte sie seinerzeit sein Großneffe Christoph Lochner, der zu diesem Anlass auch einen kleinen Bildband herausgab, der vor allem Gemälde und Aquarelle des »Altmeisters« vorstellte, und sie mit handschriftlichen Texten aus dessen Hand ergänzte. Christoph Lochner ist es auch zu danken, dass 25 Jahre später wieder an den Maler erinnert wird. Die Ausstellung »Bilder aus der Heimat« im »Haus der Berge« belegt, dass der Künstler auch im hohen Alter, immerhin wurde Michael Lochner 96 Jahre alt, seine Tage mit Pinsel und Stift ausfüllte.

Lochners Postkartenverlag

Der Schwerpunkt der Ausstellung gehört allerdings dem Verleger und Fotografen Michael Lochner, einer, wie Christoph Lochner sagt, bisher wenig bekannten und ebenso gewürdigten Seite des Künstlers, der aus wirtschaftlicher Sicht einen Postkartenverlag gründete und ihn mehr als vier Jahrzehnte betrieb. Für die Motive sorgte er selbst mit dem Fotoapparat, durch den er mit dem Auge des Malers schaute und Ansichten der Heimatregion festhielt, die heute nicht nur den künstlerischen Wert zeigen, sondern auch gewissermaßen Zeitzeugen sind der teilweise enormen Veränderungen der Landschaft.

Am 3. September 1897 auf dem Obersalzberg geboren und knapp ein Jahrhundert später in der Strub gestorben, ist Michael Lochner ein Jahrhundertzeuge, dem die Schönheit seiner Heimat und ihre künstlerischen Fixierung ein Hauptanliegen gewesen ist. Der ursprüngliche »Anstreicher« hatte das Glück, bei Malermeister Renoth, dem selbst eine künstlerische Ader zu Eigen war, zu lernen und gefördert zu werden. Zwei Weltkriege, an denen er aktiv teilnehmen musste, die Weimarer Republik, die Nationalsozialisten und deren Untergang sowie der Wiederaufbau der Bundesrepublik und deren goldener Aufstieg gehören zu seiner Biografie und bewirkten gelegentliche Hemmnisse in seiner künstlerischen Entwicklung.

Als Maler entfalten konnte sich Michael Lochner eigentlich erst ab Mitte der 1960er-Jahre. Da war er eigentlich schon im Rentenalter. Sein Malstil veränderte sich im Laufe der Jahrzehnte sehr. Schienen seine frühen Bilder mitunter durchaus als »naiv« im positiven Sinn und Teil einer auch so genannten Bewegung, wurden sie, wie es Christoph Lochner bezeichnet, »immer abstrakter«. Das zeigt sich besonders in seinen Aquarellen aus der Spätzeit des Künstlers, die mit einem fast unbekümmerten »Farbenmeer« immer noch zu überzeugen wissen.

140 Schwarz-Weiß-Bilder

Einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden mehr als 140 Schwarz-Weiß-Bilder von Michael Lochner, die der Maler als Fotograf von der heimischen Landschaft anfertigte und die wie die Gemälde, Aquarelle und Skizzen das Malerauge nicht verleugnen können. Einen Teil der Fotos hat Michael Lochner zu Ansichtskarten werden lassen, die vielfach die Schönheiten »seiner Landschaft« in die Welt brachten. Lochner hat, aus wirtschaftlicher Sicht, Ende der 1920er-Jahre seinen Verlag gegründet, weil, so sagt es Christoph Lochner, die Einkünfte des Malers nicht reichten oder doch zumindest unsicher waren.

Auffällig ist, dass er die Ansichtskarten nach den Fixpunkten der Landschaft benannte. Nicht die flüchtige Szenerie beschrieb, sondern beispielsweise »Watzmann 2714 m. Hochkalter 2607 m – Blick vom Feuerhörndl/Saletalpe« und nicht auf die vor dieser Traumkulisse weidenden Rinder einging. Oder wie er nicht die Königssee-Idylle mit zwei voll besetzten Booten in den Fokus nahm, sondern »Blick vom Malerwinkel auf Gotzenalm, Stein. Meer u. Falkensteinwand« als Titel wählte. Darüber hinaus geben die Karten, die in kleiner Auflage auch noch teilweise erwerbbar sind, auch noch Auskunft über die Veränderungen der Landschaft und Siedlungen. Von der Natur ausgehend oder vom Menschen gemacht.

Holpriger Beginn

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die von Christoph Lochner konzipierte Ausstellung einen holprigen Anfang hatte, weil einige Texte und Fotografien aus der Zeit des Nationalsozialismus nach Meinung des Veranstalters als nicht »ganz politisch korrekt« empfunden wurden und korrigiert werden mussten. Die Einigung war aber relativ schnell hergestellt und so darf die umfassende Retrospektive bis Ende November Zeugnis ablegen vom Leben und Schaffen eines vielseitigen Künstlers, der seine Heimat wohl über alles liebte und sie in überzeugend-betörender Weise aus der Sicht des Malers und des Fotografen festhielt. Für die Ewigkeit. Vielleicht.

Dieter Meister