Darüber hinaus konnte Bürgermeister Hannes Rasp im Vortragssaal des Rathauses auch Vertreter des Landratsamtes, der Wohlfahrtsverbände, der Kirchen sowie der Schulen und Kindergärten begrüßen. Nachdem die Regierung von Oberbayern die Errichtung einer Gemeinschaftsunterkunft im »Tauernhof« auf Anfrage des »Berchtesgadener Anzeigers« vor eineinhalb Wochen noch nicht bestätigen wollte, machte es Bürgermeister Hannes Rasp am Mittwoch kurz: »Die Würfel sind gefallen, maximal 98 Asylbewerber sollen im Tauernhof untergebracht werden.« Zwar zeigte sich der Rathauschef besorgt, weil der drittgrößten Tourismusgemeinde in Oberbayern damit weitere Betten fehlen würden. »Aber wir können uns unserer moralischen Verpflichtung angesichts der Zustände in der Welt nicht entziehen.« Zudem habe er die Zusage der Regierungsvizepräsidentin und von Landrat Georg Grabner, dass der »Tauernhof« die einzige Asylbewerberunterkunft in der Gemeinde bleiben werde. »Ich würde mich freuen, wenn die Integration auch durch die Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger gelingt und man den Flüchtlingen in der Gemeinde eine vorübergehende Heimat bietet«, sagte Rasp.
Durchschnittlich sieben Monate Bearbeitungszeit
Regierungsvizepräsidentin Maria Els informierte die Zuhörer zunächst über den Verteilungsschlüssel für Asylbewerber, die Hauptfluchtrouten und die Aufnahmeeinrichtungen. »Wir hatten im Jahr 2014 zwar einen Anstieg der Asylanträge von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Aber es waren dennoch nur halb so viele Anträge wie 1992«, sagte Maria Els. Man gehe davon aus, dass es im laufenden Jahr mindestens genauso viele Anträge werden.
Nach der Ankunft der Flüchtlinge in der Münchner Aufnahmeeinrichtung, nach Äußerung des Asylbegehrens, einer Gesundheitsuntersuchung und Registrierungsmaßnahmen würden die Personen solange in anderen Unterkünften untergebracht, bis das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über den Asylantrag entschieden hat. Das dauert derzeit durchschnittlich sieben Monate, Ziel sei eine Reduzierung auf drei Monate.
Noch Umbauarbeiten im »Tauernhof«
Man habe sich mit Bürgermeister Hannes Rasp auf eine Maximalzahl von 98 Asylbewerbern geeinigt, sagte die Regierungsvizepräsidentin. »Und es wird die einzige staatliche Unterkunft in der Gemeinde bleiben, wenn sich an der weltpolitischen Lage nichts Dramatisches ändert«, versprach Maria Els. Bis zur Eröffnung am 1. April sind nach ihren Worten noch Umbauarbeiten zur Verbesserung des Brandschutzes und zum Einbau einer Gemeinschaftsküche notwendig.
Der Freistaat Bayern wird die Gemeinschaftsunterkunft mit hauptamtlichem Personal betreiben. Es wird einen Verwaltungsleiter, einen Verwaltungsmitarbeiter und einen Hausmeister geben. Außerdem wird vermutlich die Caritas die Sozialbetreuung der Asylbewerber übernehmen. Regierungsvizepräsidentin Els geht davon aus, dass die meisten Flüchtlinge aus Syrien und Eritrea nach Schönau am Königssee kommen werden.
Während es sich bei den Syrern überwiegend um Familien, zum Teil auch Großfamilien, handelt, sind die Afrikaner meist alleinreisende Männer im Alter von 20 bis 30 Jahren. Die weiteren Asylbewerber werden sich in geringerer Zahl auf die Länder Iran, Irak, Afghanistan und Somalia verteilen. »Wir werden uns bemühen, eine Mischung aus Familien und Alleinreisenden sowie aus zusammenpassenden Nationen zusammenzustellen, damit es möglichst nicht zu Konflikten kommt«, versprach Maria Els.
Schulunterricht mit Sprachförderung
Drei Monate nach der erfolgten Einreise – also vermutlich bereits ab der Ankunft im »Tauernhof« – besteht für Kinder im schulpflichtigten Alter Schulpflicht. Die Kinder werden in den entsprechenden Schulklassen untergebracht, erhalten aber gesondert Sprachunterricht. Bei kleineren Kindern besteht auch Anspruch auf einen Kindergartenplatz. »Es wäre sehr wünschenswert, wenn es in der Gemeinde ehrenamtliches Engagement zur besseren Integration dieser Menschen gäbe«, so der Appell der Regierungsvizepräsidentin. Vor allem bei der Sprachförderung könnten Einheimische gut helfen.
Nach einer entsprechenden Gesetzesänderung können Asylbewerber nun bereits nach drei Monaten arbeiten. Allerdings nur dann, wenn sie keinem Deutschen oder EU-Bürger eine Arbeitsstelle wegnehmen. Arbeitgeber können sich bei Bedarf an das Ausländeramt im Landratsamt, an das Jobcenter oder direkt an den Verwaltungsleiter der Gemeinschaftsunterkunft werden.
Menschen versorgen sich selbst
An Verpflegung- und Taschengeld erhalten die Asylbewerber monatlich rund 300 Euro, Kinder etwas weniger. »Die Menschen werden sich selbst versorgen, also auch einkaufen und kochen«, sagte Maria Els und appellierte an die Bürgerinnen und Bürger: »Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Einrichtung in Ihren Alltag integrieren. Denn die Schicksale dieser Menschen rühren oft an.«
Im Anschluss an den Vortrag der Regierungsvizepräsidentin entwickelte sich noch eine engagierte Diskussion. Welche Sorgen die Bürgerinnen und Bürger vorbrachten, welche Fragen sie stellten und was Vertreter von Ämtern und Wohlfahrtsverbänden zu sagen hatten, ist in der Samstagausgabe zu lesen. Ulli Kastner