Die Zeiten in den Sportkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein sind schwierig. Das wurde beim Kreistag im Gasthaus »Bürgerbräu« in Bad Reichenhall deutlich. Geladen waren zu den Vorstandswahlen nicht nur die Vertreter der Sportvereine, sondern auch BLSV-Vizepräsident Leistungssport Harald Stempfer. »Die Kreise sind unverzichtbar«, sagte der kommissarische Vorsitzende im Berchtesgadener Land, Gerhard Rink aus Schönau am Königssee, der das Amt seit fünf Jahren innehat. »Wir befinden uns in Zeiten, in denen es schwierig ist, die Position eines Vorsitzenden zu besetzen.« Die Bereitschaft zum Ehrenamt sei kaum mehr gegeben. »Das ist definitiv anders als vor 15 Jahren.«
Umso freudiger zeigte er sich über die Personalie von Claudia Daxenberger, die bereits den Vorsitz des Sportkreises Traunstein innehat und dort 160 Vereine betreut. In Personalunion vertritt sie ab sofort auch das Berchtesgadener Land und gibt gleichzeitig ihre Funktion als BLSV-Bezirksvorsitzende ab. »In den Kreisen kann man noch vieles bewegen«, gibt sie sich kämpferisch.
Als »Brückenschlag mit sinnvollen Synergien« bezeichnete Vizepräsident Harald Stempfer die Personalie, wohl wissend, dass dem BLSV nichts anderes übrig bleibt. Mit bayernweit 22 Sportkreisen und mehreren Millionen Vereinssportlern vertritt der BLSV den gesamten Breitensport im Freistaat. Die Mehrarbeit sei zu stemmen, sagte Claudia Daxenberger zuversichtlich. Um sich herum will sie ein gutes Team wissen. Allerdings: Bei den Neuwahlen waren die meisten der neu gewählten Vorstandsmitglieder nicht anwesend.
»Wo ein Ort keine Vereine mehr hat, fällt das soziale Miteinander«, verdeutlichte Stempfer. Er macht keinen Hehl daraus, dass es um das sportliche Vereinsleben schlecht bestellt ist, verpackt das Ganze aber mit positiven Worten. Dass es den Sportvereinen nicht besonders gut geht, zeigte sich dann auch während der Veranstaltung. Mehrere Vereine hatten Anträge eingereicht, in denen sie ihre Situation schilderten.
Familien mit Kindern, heißt es etwa beim DJK Weildorf, würden es sich momentan zweimal überlegen, aktuell noch Mitglied eines Vereins zu bleiben. Während der Coronapandemie in den vergangenen beiden Jahren hatten Vereine eine doppelte Vereinspauschale erhalten – zur finanziellen Unterstützung. Kleine Vereine, heißt es auf Vereinsseite, seien damit »vor dem Absturz« bewahrt worden. Nicht nur in Weildorf ist man auf den monetären Bonus angewiesen, sondern auch im Rest des Landkreises. Mehrfach hatten sich Vereine nicht nur an den BLSV in München gewandt, sondern auch an Sportminister Joachim Herrmann geschrieben. »In seinem letzten Antwortschreiben führte der Minister aus, dass er meine Anregung gerne und überzeugt aufgreift, da ihm die bisherigen Verdoppelungen gezeigt hätten, dass diese spürbar zur Sicherung einer vielfältigen Vereinslandschaft beigetragen hätten«, schreibt der Vorsitzende der DJK Weildorf. Passiert sei seitdem nichts mehr. Die Vereinspauschale sei nur regulär ausgezahlt worden.
Hinzu kommt: Weil Mitglieder im Berchtesgadener Land vermehrt kündigten, hat sich die Vereinspauschale in der Auszahlung drastisch reduziert. Bei der DJK Weildorf hat sich die Anzahl der Vereinsmitglieder gar halbiert. »Das bedeutet: doppelt betroffen«, heißt es vom Vorsitzenden. Claudia Daxenberger sagte, sie werde sich als ehemalige Bezirksvorsitzende im Ministerium einsetzen.
Dass es um die Finanzkraft der Sportvereine nicht gut bestellt ist, weiß sie aus ihrem eigenen Zuständigkeitsgebiet: 11.000 Euro Mehrkosten bilanziert ein Traunsteiner Verein mit 600 Mitgliedern angesichts derzeitiger Kostensteigerungen. Dass da Unterstützung notwendig ist, sei nicht von der Hand zu weisen. Wenig Hoffnung auf eine Verdoppelung der Gelder macht sich aber BLSV-Vizepräsident Harald Stempfer, wie er anmerkte.
Unverständnis gibt es vereinsseitig zudem, weil der BLSV eine Beitragsanpassung für das Jahr 2023 plant. Betroffen sind von der Anhebung der Beiträge die Sportkreise – und damit auch die Vereine. Claudia Daxenberger sagte, sie habe sich gegen die Beitragsanpassung ausgesprochen. Schon jetzt gehe den Vereinen das Geld aus. Mit Beiträgen allein seien die Kosten nicht mehr zu decken.
Kilian Pfeiffer