40 Tage nach Christi Geburt wird Mariä Lichtmess gefeiert. Bis 1912 war das große Marienfest ein offizieller Feiertag, der an den Besuch Mariens mit dem Jesusknaben im Tempel zu Jerusalem erinnert, weil das mosaische Gesetz vorschrieb, dass eine Mutter 40 Tage nach der Geburt ihres Neugeborenen dem Priester im Tempel ein Reinigungsopfer bringen musste (siehe Lukasevangelium 2. Kapitel, Verse 22 - 38). Dort bezeichnet der weise Simeon Jesus als der »Licht zur Erleuchtung«.
Dienstherrnwechsel
Aus dem Alltag verschwindet der Festtag immer mehr, während er früher den Jahresablauf mitbestimmte. So wechselten an diesem Tag die Dienstboten ihren Dienstherrn. Ein überlieferter Spruch verdeutlicht dieses wichtige Datum im bäuerlichen Kalender: »Heit ist der Lichtmesstag, singan de Moasn, heit is a scheena Tag, heit muaß i roasn ..!« Die Dienstboten bekamen am Lichtmesstag ihren Jahreslohn ausbezahlt; vor hundert Jahren geht man von 80 bis 100 Mark aus. Dazu gab es in der Regel ein Paar Stiefel/Schuhe, eine Pfoad, wie man nach gotischer Herkunft das Hemd nannte, respektive einen Unterkittel, einen Schaber (Arbeitsschürze) und einen großen Laib Brot. Außerdem bekamen die Bediensteten einige Tage frei. Diese sogenannten Schlenkeltage waren damals der einzige Urlaub für Mägde, Knechte und Dienstboten. An der neuen Stelle genügte ein Handschlag, dazu gab es 5 Mark, das Schlenkelgeld als Einstand.
In einer Zeit, als der elektrische Strom noch nicht einen nahezu uneingeschränkten Lichtbedarf ermöglichte, hatten Kerzen und Wachs eine heute kaum nachvollziehbare Bedeutung. Auch im Berchtesgadener Land verfügte wohl jeder Bauernhof über einen eigenen Bienenstock. An Lichtmess versorgte man sich auf den üblichen Märkten mit dem notwendigen Vorrat an Kerzen. Den größten Verbrauch an Wachs beziehungsweise Kerzen hatten natürlich die Kirchen. Wachs- und Kerzenspenden, fällig an den einzelnen Hochfesten, waren sogar in den Satzungen der örtlichen Bruderschaften und Handwerkszünfte geregelt.
Stand auf dem Marktplatz
Bis zum Zweiten Weltkrieg hatte der Berchtesgadener Lebzelter und Wachszieher Erlmoser auf dem Marktplatz vor seinem Laden einen Stand aufgerichtet, an dem er Kerzen und vor allem Wachsstöcke für Lichtmess verkaufte (Marktplatz 5, heute Café und Bistro). Außerdem bot er eigene Lichtmesskerzlein an; circa 15 cm lang und circa 0,5 cm dünn – in Berchtesgaden auch als »Pfenningliachtln« bekannt. Beim Lichtmessgottesdienst wurde jener häusliche Jahresvorrat einschließlich der Wetter- und Mettenkerzen in der Stiftskirche geweiht beziehungsweise gesegnet. Das Wachsstöckl war ein Anerkennungsgeschenk der Hausfrau für die treuen Dienste der Magd, aber auch der Hausknecht bedankte sich mit dem »Aufbettstock« für deren übernommene Frauenarbeit.
Unabhängig vom religiösen Inhalt waren mit »Mariä Lichtmess« Regeln verbunden, die deutlich Kalendercharakter haben und mit den Lichtverhältnissen zusammenhängen, wie es in einem Spruch heißt: »Maria bläst's Licht aus, Michaeli zünd's wieder an.« Für die Bauern begann nun die Feldarbeit, die Handwerker arbeiteten nicht mehr bei Kunstlicht, das seit dem Michaelitag, dem 29. September, die tägliche Arbeit begleitete.
Für die Lichtarbeit lieferte der Fragner den Unschlitt, den begehrten Rindertalg, der besonders für die Lampen dringend benötigt wurde. Anfang Februar wird offensichtlich, dass sich das Tageslicht deutlich verlängert hat. Wer kennt nicht die folgende Weisheit: »Zu Stephani a Muckngahn, zu Neujahr a Hahnentritt, zu Heilig Drei König a Hirschensprung und zu Maria Lichtmess a ganze Stund.« Wären die Wachszieher wie die Erlmosers nicht ausgestorben, vielleicht gäbe es noch traditionelle Wachsmärkte, auch Licht(er)messen genannt und damit namensgebend für diesen Festtag. Lichterprozessionen und Kerzenweihen kamen später hinzu und ließen letztmals weihnachtlichen Glanz aufleuchten.
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