»Ach so. Und noch was«, sagte eine befragte Person mit dem Verweis: »Das schreibst jetzt aber nicht.« Und begann mit seiner konkreteren Meinungsäußerung, die aber nicht im »Berchtesgadener Anzeiger« stehen sollte.
Es war ein kompliziertes Unterfangen, für dieses pikante Politikthema Interviewstimmen zu finden. Die Befragten aus allen politischen Lagern hatten zwar eine Meinung, äußerten sich recht umfangreich, wollten aber nicht in der Zeitung zitiert und namentlich erwähnt werden. Und schon gar nicht mit Foto. Ganze zwei Personen standen am Ende der langen Umfrage uneingeschränkt zu ihrer öffentlichen Aussage. Auch Folgendes wurde oft gemeint: »Wenn man heute etwas gegen Ausländer sagt, ist man gleich ein Nazi.«
Ein Tabuthema? »Ich muss meine politische Einstellung ja nicht von jedem Berg schreien«, hieß es auch einmal. »Das geht dann ja auch ins Internet und so. Und das will ich dann lieber nicht.« Da wurde es vielen doch unerwartet zu heiß. Das Thema schien für alle eine Sensibilitätsherausforderung zu sein. Enttäuschend das Umfrageresultat. Vielen brannte es zwar gewaltig auf den Nägeln, aber keiner wollte an die Öffentlichkeit. Der Reporter respektierte die Brisanz und brach die Umfrageaktion ab. Grund für ihn: Die wenigen gesammelten Meinungen hätten keinen repräsentativen Querschnitt ergeben. Danach käme es vermutlich noch zu ungewollten Polarisierungsvorwürfen.
Interessant aber war die Nachfrage, warum eigentlich die Antworten nicht veröffentlicht werden sollten. Das wollte der Reporter schon noch wissen und hakte nach. Er erhielt oft Antworten wie: »Na, dann muss ich mir im Nachhinein blöde Sprüche anhören«, oder: »ich werde dann als Rechtsradikaler beschimpft. Mein Ruf steht auf dem Spiel.« Rumms. Das saß. Jörg Tessnow