»Es schaut net schlecht aus«, zeigte sich Köhler-Vorstand Martin Maier zufrieden. Strahlen konnte er vor allem angesichts der Sonne nach einem sehr nassen Morgen. »Heut früh um Fünf, wie ich den Brotteig angesetzt hab’, hat es in Strömen gegossen, und ein richtiger Sturzbach ist runter gelaufen«, verriet Alois Prechtl. »Aber mia Köhler san brave Leut und ham gwusst, dass sich das Wetter nach uns richtet. Und der Pfarrer hat uns a no sein Segen dazua gebn«, meinte Martin Maier schmunzelnd. Pfarrer Martin Klein genoss mit befreundeten Ruhpoldingern und Mesnerin Juliane Obermayer ebenfalls das Fest und wurde wie an diesem Tag üblich im Gesicht eingeschwärzt.
Oben am Meiler kümmerten sich fünf bis sechs Köhler um das »Auseinanderstiern« der Kohle. Mit Schaufel und Rechen wurde die Kohle vom Meiler herausgeholt und in Blechwannen geladen. Der feine Kohlenstaub kam auf einen eigenen Haufen. Daraus entsteht später eine Art »Terra preta« zur Bodenverbesserung, die ebenso wie die Grillkohle beim Verein erhältlich ist. Die wenigen »Brände«, unverkohlte Holzscheite, wurden aussortiert und mit einem Wasserschlauch bespritzt.
Wenn die Lore voll war, wurde sie auf Schienen den Berg hinunter gelassen. Lore und Schienen hat der Verein vom Torfmuseum Rottau gekauft. Unten nahmen vier Köhler die dampfende heiße Kohle in Empfang, löschten sie mit Wasser ab und breiteten sie zum Auskühlen auseinander. Ein »Bergkuli«, eine 14-PS-Motor-Seilwinde von 1969, die früher zur Holzbringung eingesetzt wurde, zog die Lore wieder hinauf.
Auch »Chauffeur« des Bergkulis braucht Pause
Jede Stunde war Schichtwechsel. Auch der »Chauffeur« des Bergkulis wechselte. »Der muss auch seine Ruhezeiten einhalten«, scherzte Maier.
Unterdessen buk ein ebenso eingespieltes Team unermüdlich Brot. 2011, als der Köhlerverein das alte Maurerhandwerk präsentierte, war auf dem Areal ein Holzbackofen aufgestellt worden. Alois Prechtl hat in Eigenregie das Brotbacken erlernt, unterstützt von den Bäckermeistern Stefan Oswald und Hans Maier, letzterer bereits Pensionär. Zwölf, dreizehn Scheite brauche man beim ersten Einheizen für die optimale Hitze von 280 Grad, erklärte er. Beim zweiten Back-Durchgang, wenn der Ofen bereits warm ist, sei es ein bisschen komplizierter, die richtige Holzmenge zu erraten.
Wenn die nötige Hitze erreicht ist, räumt Prechtl die Glut heraus und macht mit hinein gestreutem Roggenmehl einen Test. »Wenn das Mehl braun wird, passt es. Wenn es verbrennt, ist es zu heiß.« Dann wird der Ofen ausgewischt, und die von Hans Maier mit Wasser bestrichenen und von Christa Prechtl mit einem alten Model verzierten Laibe kommen hinein. In eineinviertel Stunden sind sie fertig und gehen weg wie die warmen Semmeln.
Am Kramerladen freuten sich die Kinder über Seifenblasen und konnten sich aus großen Gläsern Fruchtgummis, Schokolinsen, Pfefferminztaler oder Popkorn in Papiertüten packen lassen. »Das ist alles selbst gemacht«, erklärte »Krämerin« Helga Prechtl stolz und zeigte auf Herzen und Gestecke aus alten Stadel-Brettern, dekorativ in Ton-Gugelhupfe gepflanzte Hauswurz, Zirben-Kissen, Arnika-Tinktur, Heuherzen oder Apfel-Bananen-Brombeer-Marmelade. Anderes war gespendet, wie eine alte Waage mit Gewichten. Eine echte Rarität war ein mindestens 60 Jahre alter BMW-Helm.
Dekoration wie in alten Kinder-Kaufläden
Die Dekoration bildeten Waren, wie sie aus alten Kinder-Kaufläden bekannt sind, wie Brandt Markenzwieback oder ein Vollwaschmittel in einer nostalgischen Blechdose. Im Rahmen der Vorstellung alten Handwerks hatte der Köhlerverein vor zwölf Jahren den Kramerladen eingeführt. Der Erlös kommt der Vereinskasse und damit der Pflege alter Handwerkstraditionen zugute.
Zu den Klängen der Bergschützen-Tanzlmusi aus Anger und der Musikkapelle Neukirchen genossen die Gäste von Köhlerliesl Silke Brandl und ihren Vorgängerinnen servierte Brotzeiten, Kaffee und Kuchen und süffiges Bier. Nach getaner Arbeit zogen die Köhler am Nachmittag in einer Prozession mit ihren Arbeitsgeräten vom Berg und feierten noch lange miteinander. vm