In Bad Reichenhall, dem Sitz der heimischen Schlaraffia, beziehen sie sich auf den historischen Bezug zum Salz mit der Bezeichnung »Hala bavarica«. Entstanden ist der Zusammenschluss aus dem »Schlaraffia-Reych Juvavia« (Salzburg) und es gibt einen weiteren Ableger in Traunstein.
Heute zählt der Schlaraffen-Verein Hala bavarica in Bad Reichenhall 41 Mitglieder und feiert dort in diesen Tagen sein 100-jähriges Bestehen. Ihr Ursprung geht auf das Jahr 1859 zurück, als sich in Prag einige Männer zusammenfanden, die sich der Pflege von Kunst, Kultur und Freundschaft verschrieben haben – ohne Ansehen der Person.
Neben den Künstlern kamen in Bad Reichenhall schon Musiker, Ärzte und Gelehrte hinzu. »Und doch sind wir kein elitärer Verein, denn gesellschaftlicher Status zählt in unseren Reihen nicht, wir sind alle gleich, ganz egal aus welchen beruflichen oder gesellschaftlichen Hintergrund wir kommen«, bekräftigt Dr. Christoph Werner, der gemeinsam mit Johannes Hofmann der »Schlaraffia Hala bavarica« vorsteht.
Als Bühne des Diskurses wählten die Gründer in Prag das Ritterspiel. Das Jahrzehnt zwischen 1850 und 1860 war noch von den Nachwirkungen des Prager Pfingstaufstandes im Juni 1848 geprägt, als sich tschechische Nationalisten gegen das Kaisertum Österreich erhoben. In vielen Regionen Europas hatten sich soziale, wirtschaftliche und politische Spannungen aufgebaut und entluden sich gewaltsam. Man musste mit der »Freiheit des Geistes« zu jener Zeit also noch sehr vorsichtig umgehen.
Nicht umsonst ist die Narrenkappe in allen Wappen der örtlichen Zusammenschlüsse zu finden, denn Narren sprechen die Wahrheit. »Wir bewegen uns in den wöchentlichen Treffen in einer Kunstwelt und als Kulisse dient die Welt des Mittelalters, eine Ritterspiel-Persiflage. Es ist ein Raum für sich, ohne Arbeitsdruck, ohne aktuelle politische oder gesellschaftlich angespannte Themen, um zu sich selbst zu finden, sich zu verwirklichen. Humor mit einer guten Portion Selbstironie ist dabei der zentrale Punkt«, erklärt Dr. Werner das unterhaltsame Treiben.
Die als Ritter verkleideten Schlaraffen, mit Schwertern aus Holz und Helmen aus Stoff, kommen dazu wöchentlich in ihrem Vereinslokal, der »Schlaraffenburg«, zusammen. Sie bekleiden dort dem höfischen Mittelalter entnommene Rollen.
Dementsprechend sind sie ein Männerverein und die Frauen sind nur zu besonderen Festen geladen, so auch zum jetzigen 100. Stiftungsfest. Einer der Gründer war Dr. Carl Schöppner, viele Jahre Vorstand der Reichenhaller Liedertafel, und Namensgeber einer Straße in der Kurstadt. Zusammen mit seinem Schwiegersohn, dem Schriftsteller Dr. Fritz Seufferheld sowie Rudolf Mayer, Besitzer des Fürstenbades, Eugen Otto (Königlich Bayerischer Bahninspektor) und dem Schauspieler Paul Hubl gründete er 1922 die Vereinigung »Schlaraffia Hala bavarica« als Ableger des weltweiten Verbandes »Allschlaraffia«.
Dass dieser freigeistige Zusammenschluss durchaus ernst genommen wurde, zeigt seine zwangsweise Auflösung durch das NS-Regime. Nach dem Krieg fand sich die Vereinigung aber auch in Bad Reichenhall wieder zusammen.
Es ist den Schlaraffen ein Anliegen, Kunst, Freundschaft und Humor bei ihren Treffen erleben und leben zu können und dabei bewährte Traditionen zu bewahren, wie ihr Vorsitzender Dr. Werner betont: »Es ist uns eigentlich in die Wiege gelegt, denn Kunst geht immer mit der Zeit. Musik von heute ist eine ganz andere wie die eines Gustav Mahler, der übrigens auch ein Schlaraffe war. Wir wollen offene Menschen aus allen gesellschaftlichen Kreisen einbinden.«
Gerd Spranger