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Mit einer Klage wehrt sich die Gemeinde Bischofswiesen gegen die von der Regierung durchgesetzte Einweisung von bis zu 80 Asylbewerbern im ehemaligen Hotel »Almrausch« hinter dem Panorama Park. Foto: Anzeiger-Archiv/Wechslinger

Weitere Klage gegen den Freistaat Bayern

Bischofswiesen – Nicht nur im Streit um die Almrechte auf den Watzmannalmen (siehe Donnerstagausgabe) zieht die Gemeinde Bischofswiesen gegen den Freistaat Bayern vor Gericht. Auch um die von der Regierung gegen den Willen der Gemeinderatsmehrheit verordnete Unterbringung von bis zu 80 Asylbewerbern im ehemaligen Hotel »Almrausch« wird es einen Rechtsstreit geben. Bürgermeister Toni Altkofer und Geschäftsleiter Rupert Walch informierten den Gemeinderat darüber auf der Dienstagssitzung. Und prompt gab es wieder eine Grundsatzdebatte zu Baurecht und Moral.


Die Beschwerde von Paul Grafwallner (UBB) bei der Kommunalaufsicht des Landratsamts war wohl ausschlaggebend für diese Information im Gemeinderat. Grafwallner hatte bei der Behörde seine Zweifel angemeldet, ob ein Rechtsstreit gegen den Freistaat Bayern in Bezug auf die Unterbringung der Asylbewerber ohne Einbeziehung des Gemeinderats möglich sei.

Geschäftsleiter Rupert Walch trug im Gemeinderat detailliert die Entwicklung dieser Angelegenheit vor, in der die Gemeinde seit 18. Dezember von einer Rechtsanwaltskanzlei vertreten wird. Demnach hat auch der Bayerische Gemeindetag die Gemeinde Bischofswiesen bestärkt, sich gegen die Zwangsunterbringung zu wehren. Der Streitwert wurde mittlerweile auf 5 000 Euro festgesetzt. Allerdings trägt die Gemeinde laut Rupert Walch und Toni Altkofer kein Risiko, weil das Verfahren durch die Rechtsschutzversicherung abgedeckt sei.

Der Gemeinderat Bischofswiesen hatte mehrheitlich eine Unterbringung von bis zu 80 Asylbewerbern im ehemaligen Hotel »Almrausch« mit der Angabe von baurechtlichen Gründen abgelehnt. Man ist der Auffassung, dass für die Einrichtung einer Sammelunterkunft für Asylbewerber eine Nutzungsänderung erforderlich ist. Das sahen Landratsamt und Regierung von Oberbayern anders, weshalb man sich über den Gemeinderatsbeschluss hinwegsetzte.

Für Dr. Werner Vietze (SPD) handelt es sich hier nicht nur um eine baurechtliche Angelegenheit. Nach seiner Meinung hätte man die Sache vor einer Klageeinreichung schon noch einmal im kleinen Kreis besprechen müssen. »Ich hätte mir hier einfach mehr Sensibilität gewünscht«, sagte Vietze. Auch Paul Grafwallner kritisierte das Vorgehen des Bürgermeisters, denn der habe es nicht für notwendig erachtet, den Gemeinderat über diesen Schritt zu informieren, obwohl es die Gelegenheit dazugegeben hätte. Man sollte sich in dieser Angelegenheit auch daran erinnern, was die beim »runden Tisch« anwesenden zwei Pfarrer gesagt haben: Man solle hier die baurechtlichen Dinge zurückstellen und mehr das Menschliche in den Vordergrund rücken.

Kaspar Stanggassinger (Freie Wähler) fragte sich, warum er seit 30 Jahren im Gemeinderat sitze, wenn die Regierung den Ratsbeschluss einfach mit einer Zwangseinweisung übergehe. Für Stanggassinger macht es keinen Sinn, wenn man 80 Asylbewerber in unmittelbarer Nähe zu einem Einkaufsmarkt unterbringt. »Das sind Leute, die selbst nichts haben, die müssen dann mit dem Konsum der anderen fertig werden«, sagte Stanggassinger und verwies auch auf die Bedenken der Anwohner. Bürgermeister Toni Altkofer fügte ein baurechtliches Argument an, indem er fragte: »Wie kann es sein, dass der Immissionsschutz für die einen gilt, für die Asylbewerber aber nicht?« Hans Metzenleitner (SPD) hatte eine Antwort darauf: »Weil diese Klientel durch den Kugelhagel so immunisiert ist, dass sie sich durch den Lieferverkehr beim Panorama Park nicht mehr gestört fühlt.« Für Hans Metzenleitner geht es hier nämlich um höherwertige Gründe als baurechtliche Argumente. »Diese Debatte hat nach außen hin eine fatale Wirkung. Wir sollten hier auch den humanitären Ansprüchen Rechnung tragen.«

Für Bürgermeister Toni Altkofer ist der vom Landkreis propagierte Unterbringungs-Notstand für Asylbewerber reine Panikmache. »Viele Möglichkeiten werden einfach nicht genutzt«, sagte der Rathauschef und verwies auf Wohnblöcke an der Landesgrenze in Marktschellenberg, auf das leer stehende Schwesternheim beim Krankenhaus Berchtesgaden und auf die »Winklstub'n«. »Die Leute müssen nicht in Turnhallen untergebracht werden, wie es immer wieder heißt«, betonte Altkofer. Die damalige Ablehnung des Asylbewerberheims im Schwesternheim empfindet Hans Metzenleitner ebenfalls als »beschämend«. Doch der Druck werde in den nächsten Monaten sicher noch größer werden, prophezeite er. Und nicht nur Metzenleitner ist der Ansicht: »Die Debatte wird sicherlich bald weitergeführt.« Ulli Kastner