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Mit geballter Muskelkraft gegen den »roten Hahn«. (Fotos: Meister/2 und B. Stanggassinger/3)
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Ein Mannschaftstransportfahrzeug, das in den 1940er Jahren auf dem Obersalzberg zum Einsatz kam.
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Anreise der Freiwilligen Feuerwehr Seekirchen.
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Antreten vor dem Einsatz.
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Die Karlsteiner blasen zum Einsatz.

Zwei Jahrhunderte Brandbekämpfung

Berchtesgaden – Zwischen Neuhaus- und Schlossbogen gab es am Samstag Gedränge nach dem ausgelösten Alarm. Ein Mannschaftstransportwagen rückte an, von der anderen Seite rollte die Drehleiter aus dem Jahre 1912 ins Geschehen, wackere Feuerwehrmänner rollten Schläuche aus, schlossen sie an einen Verteiler an. Nicht weniger Wackere setzten sich mit Muskelkraft ein, um den über 200 Jahre alten Pumpen das Feuer bekämpfende Wasser zu entlocken. Alles gelang. Wer im dicht gedrängten Zuschauer-Spalier der Schaulustigen ein paar Tropfen davon abbekam, nahm es wohl eher dankbar als Abkühlung. Die Feuerwehr von Berchtesgaden feierte ihr 150-jähriges Bestehen. Und viele, viele ließen es sich nicht nehmen, beim Aufmarsch der historischen Feuerwehrfahrzeuge und -geräte dabei zu sein.


Der erwähnte Mannschaftstransportwagen aus dem Jahre 1942 war übrigens »in seiner Jugend« auf dem Obersalzberg im Einsatz und ist jetzt im Besitz der Pidinger Wehr. Eine der Handpumpen, mit deren Hilfe man zwar früher mühsam und schweißtreibend, aber zu ihrer Glanzzeit effektiv Feuer bekämpfen konnte, kam von der Bad Reichenhaller Saline zur Feuerwehrschau nach Berchtesgaden und war gleichzeitig der Veteran unter den auf Hochglanz polierten Schönheiten vergangenen Tage. Ihr Geburtsdatum liegt im Jahre 1791. Und sie funktioniert immer noch.

Immerhin 65 Fahrzeuge fanden den Weg nach Berchtesgaden. In der Regel mit eigener Kraft, wenn auch der berühmte Zahn der Zeit bei manchem Veteran die Geschwindigkeiten der Gegenwart gedrosselt hat. Die Feuerwehren des Talkessels beteiligten sich am Berchtesgadener historischen Feuerwehrfest, ebenso die Wehren aus der bayerischen Umgebung. Und eine starke Armada aus verschiedenen österreichischen Orten verstärkte die Feuerwehrgeschichte, blank geputzt und in imposanter Reihe aufgestellt, enorm. Die Feuerwehrler aus der österreichischen Nachbarschaft präsentierten übrigens am frühen Nachmittag ihre betagten Handwerkszeuge in beeindruckender Weise vor dem Gasthof »Neuhaus«.

Die erwähnte Handpumpe von 1791 war das älteste Stück, ein für Feuerwehrbelange ausgerüsteter Unimog, der erst im Vorjahr seine »Jungfernfahrt« unternahm, das jüngste. Georg Kastner, Jugendwart der Berchtesgadener Wehr und verantwortlich für die historische Schau im Markt, sah es auch als besondere Gelegenheit für nicht mehr aktive Feuerwehrmänner (Frauen sind in einer historischen Schau noch sehr selten), sich wenigstens für ein paar Stunden der »alten« Leidenschaft zu widmen. Und die freuten sich über die Gelegenheit, wie Nachfragen, beispielsweise bei den Wehrmännern aus dem österreichischen Abtenau, ergaben. Mindestens so sehr wie die vielen hundert Zuschauer, die bei herrlichem, fast sommerhaftem Wetter gekommen waren und den Tag zu einer Art Volksfest werden ließen.

Vor einem Vierteljahrhundert habe man den 125. Geburtstag mit einem sonntäglichen Festzug mit rund 75 Fahrzeugen als Hauptattraktion gefeiert. Die Überlegungen diesmal seien dahingegangen, auch dem Publikum am Samstag etwas zu bieten. So sei die Idee zur historischen Fahrzeugschau entstanden.

Die Feuerwehr feierte also und ließ mit Aktionen rund um den Schlossplatz und in der Fußgängerzone daran teilhaben. Der Einladung folgten sehr viele und erfreuten sich am sorgfältig präsentierten feuerwehrtechnischen Geschichtsunterricht. Dass Spaß und Ernst allerdings auch sehr dicht beieinander liegen können, zeigte sich in der späteren Mittagszeit, als sich Feuerwehrmänner in geordnetem Laufschritt durch die Feiergesellschaft kämpften und zu den aktuellen Einsatzwagen eilten, die am Rande der Fahrzeugschau warteten. Mancher mag den hastigen Aufbruch mit Sirene und Blaulicht für einen Teil der Vorführung gehalten haben. War es nicht. Die Berchtesgadener Feuerwehr war unterwegs zu einem »echten« Einsatz.

Die Haupttage des Jubiläumsfestes der Feuerwehr Berchtesgaden sind nun ebenfalls schon Geschichte. Für Interessierte an Feuerwehrausrüstung und historischem Wissen um dieses Thema sei noch einmal auf die Ausstellung im Schloss Adelsheim hingewiesen, wo bis Mitte Juli eine imposante und vor allem sehenswerte Ausstellung die 150-jährige Entwicklung der Feuerwehr in kompakter Form bei freiem Eintritt präsentiert. Dieter Meister