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Ein Zweitgutachten für die Kehlsteinstraßen soll für Klärung sorgen. Davon sind der Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Staatsforsten, Martin Neumeyer (l.), Berchtesgadens Bürgermeister Franz Rasp (M.) und Landrat Georg Grabner überzeugt. (Foto: Pfeiffer)

Zweitgutachten verzögert Projekt

Berchtesgaden – Die Baumaßnahme an den teerhaltigen Kehlsteinwegen wird erst deutlich später in diesem Jahr beginnen. Das bestätigte Landrat Georg Grabner am Montagabend in einem Pressegespräch im Berchtesgadener Rathaus. Zunächst soll nun ein zweiter Gutachter beauftragt werden. Denn die kritischen Stimmen gegen das Projekt waren in den letzten Monaten immer lauter geworden.


»Die Berchtesgadener hängen an ihren Wegen am Obersalzberg«, weiß Bürgermeister Franz Rasp. Ob Spaziergänger oder Fahrradfahrer: Wer die Kehlsteinstraßen nutzt, weiß um deren malerisch angelegtes Wegesystem Bescheid. »Natürlich sind diese in so einem Fall dem Auge des kritischen Beobachters ausgesetzt.« Für den Gemeindechef ist es wichtig, das Wegesystem weitestgehend zu erhalten, zumindest da, wo es möglich ist und kein giftiger Eintrag (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) aus dem verbauten Teer stattfindet. Regen kann den aufgebrochenen Teer durchspülen und die Giftstoffe in das Grundwasser tragen.

Gift und Trinkwasser

Ein Problem sei jedoch, dass sich die Wasserversorgung Berchtesgadens in unmittelbarer Nähe befindet. »Ich verfolge mit Nachdruck, dass der Teer aus der Schutzzone im Bereich der Scharitzkehlalm entfernt wird«, sagt Bürgermeister Rasp. Ähnlich sieht das Landrat Georg Grabner, für den der Gesundheitsaspekt oberste Priorität genießt. Rasp plant, ein verdichtetes Messsystem rund um die Berchtesgadener Wasserversorgung installieren zu lassen. Er möchte ausschließen, dass giftiger Eintrag in den Wasserkreislauf gerät. Den eigenen Messergebnissen zufolge gibt es bislang keine Hinweise darauf.

Gutachten Teil zwei

Weil die Gegnerschaft groß ist, hat sich Landrat Grabner nach Rücksprache mit Staatsminister Helmut Brunner dazu entschlossen, ein zweites Gutachten in Auftrag zu geben. Dies begrüßt auch der neue Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Staatsforsten, Martin Neumeyer, der sich am Montagnachmittag bei einem Rundgang am Kehlstein ein eigenes Bild des Wegesystems gemacht hatte: »Einige Straßenstücke sind kaputt, der Teer ist herausgebrochen, teils lässt er sich einfach herausnehmen.« Bei derartigen Teilstücken gebe es keine Alternative als eine Entfernung. Zu groß sei die Gefahr: »Wir sind zur Vorbildlichkeit verpflichtet«, so Neumeyer im Rathaus. Ein Konsens mit den Gegnern sei gefunden worden. Dort, wo die Straßen zerstört sind, soll der Teer entfernt werden.

Jedoch gibt es noch viele Kilometer Wege und Straßen in besserem Zustand. Nicht geklärt ist, wie es dort weitergehen soll. Im Erstgutachten war das Fazit gezogen worden, alle Kehlsteinwege müssten entfernt und neu gebaut werden. Das nun geplante Zweitgutachten könnte zu einem anderen Ergebnis kommen, etwa, dass eine Versiegelung bei manchen Teilstücken als Alternative durchgehen könnte. »Wir wollen der fachlichen Meinung aber nicht vorgreifen«, sagt Neumeyer. In vier Wochen soll der Gutachter ausgewählt sein und mit seiner Arbeit beginnen können. Kommt dieser zu einem anderen Ergebnis als der Erstgutachter Dr. Jörg Danzer, wird die Entscheidungsfindung schwierig. »Dann müssen sich die Gutachter zusammensetzen und einen Kompromiss finden«, sagt der Chef der Bayerischen Staatsforsten, Martin Neumeyer. Über 30 000 Euro hatte das erste Gutachten gekostet, wie Dr. Daniel Müller, Betriebsleiter des Forstbetriebs Berchtesgaden, sagt. Geht es nach Müllers Chef, sollen auf dem Kehlstein keine »Forstautobahnen« entstehen, vielmehr überschaubare Wege mit drei Metern Fahrbahnbreite.

Laut Landrat Georg Grabner werden die Arbeiten am Kehlstein nicht wie geplant im Mai losgehen, sondern »voraussichtlich erst im Herbst«. Eine zeitnahe Umsetzung sei das Ziel. Unter Umständen könnten kleinere Arbeiten, etwa an Teilstücken, die sowieso entfernt werden sollen, bereits vor Herbst beginnen. Kilian Pfeiffer