Dabei stand der Langstreckenspezialist bei der extremen Hitze wie viele andere Fahrer auch mehrmals vor dem vorzeitigen Aus. Temperaturen an der 40 Grad Grenze machten die 19. Auflage des Klassikers zum Martyrium.
505 Kilometer
Trotz einer Streckenverkürzung waren noch 505 Kilometer über 12.200 Höhenmeter zu absolvieren. Nauders am Reschenpass auf 1400 Metern erlebte mit 34 Grad die heißesten Temperaturen seit diese aufgezeichnet werden.
Dem Rennen über elf Berge wurde dieses Jahr eine Attraktion gestrichen. Der Gaviapass war wegen Lawinen und Geröllabgängen gesperrt und musste umfahren werden. So kamen die Fahrer bereits nach dem 27 Kilometer langen Anstieg hinauf zum Stilfser Joch in 2757 Metern Seehöhe zum schwersten Berg des Rennens.
Über Bormio ging es Richtung Tirano nach Mazzo di Valtellina zum Anstieg in den Mortirolo. Hier zeigte das Thermometer beim Einstieg unfassbare 38 Grad. Für Popp, der eher die Kälte vorzieht, ein wahres Fiasko. Die steilsten Passagen mit 18 Prozent Steigung kamen gleich zu Beginn und nach zwei Kilometern war es um den Oldie geschehen. Er hatte Beine wie Sandsäcke und hohen Puls. So ging erst einmal gar nichts mehr, da er absteigen und von seinen Betreuern gekühlt werden musste.
Nach zehn Minuten radelte der große Kämpfer irgendwie weiter. Es wurde besser. Er erreichte den Pass auf 1870 Metern Seehöhe. Auf der kurvenreichen Abfahrt platzte ein Reifen, Popp konnte aber sein Rad aussteuern. Doch bis die Betreuer da waren vergingen wieder wertvolle Minuten. Über Edolo folgte die Skistation Aprica bevor es von Tirano aus in den 30 Kilometer langen Anstieg hinauf zum Berninapass ging.
Für viele Fahrer war dies der entscheidende Punkt. Wer den Bernina bezwingt, schafft auch das Rennen. Der Berchtesgadener wurde von seinen Betreuern Peter Birgmann und Andi Egger perfekt mit Flüssignahrung versorgt und so kurbelte das Marathon-Urgestein hinauf auf 2330 Metern Seehöhe.
Temperatursturz in der Höhe
Oben angekommen folgte ein Temperatursturz auf fünf Grad. Popp musste sich für die Abfahrt schützen. Noch von der Hitze zitternd schlingerte er sich Richtung St. Moritz, bevor es über den Albula und Tiefencastel ins acht Grad kühle Davos ging. Danach folgte der Flüelapass und der Ofenpass. Danach kam der Kämpfer allerdings nicht mehr richtig in die Gänge. Die Temperaturen stiegen wieder an und über den Umbrail ging es noch einmal auf das Stilfser Joch. Der sichtlich angeschlagene Popp setzte sich im Anstieg immer wieder kleine Motivationsziele und schaffte so die vermeintlich letzte Hürde auf dem Weg ins Ziel.
Lebensgefährlich war die darauffolgende Abfahrt, denn in beiden Richtungen herrschte starker Verkehr. Popp kam gut durch und wurde nach der Abfahrt im Vinschgau von 37 Grad Hitze empfangen. Immer wieder stieg er ab und stellte sich in die Wasserspender der Wiesen, um nicht zu überhitzen. So ging es den Reschenpass hinauf ins Ziel nach Nauders. Fünf Kilometer vor dem Ziel wurde Popp von der Rennleitung abgeholt und eskortiert. Schwer gezeichnet aber stolz dieses Monsterrennen noch einmal beendet zu haben, genoss der Schönauer die abendliche Siegerehrung. Eine unfassbare Leistung für den fast 60-Jährigen.
Nächstes Jahr folgt das 20. Jubiläumsrennen des Klassikers. Aber weder die Organisatoren noch Rundfahrtsprecher Othmar Peer konnten die Berchtesgadener Rad-Ikone dazu überreden, doch noch einmal an den Start zu gehen. Denn für den sechsfachen Weltmeister und Race across America Finisher endete mit diesem Rennen das Kapitel »Extremradsport«. Gewonnen hat im Übrigen Thomas Hoffmeister aus Dresden, während der Salzburger Pauli Lindner als glänzender Dritter auf dem Siegerpodest stand. cw