Am See bietet sich eine herrliche Winterlandschaft. Die Steinbockplastiken am Eingang der Fußgängerzone geben einem das Gefühl, als stünde man am Teufelshorn im Hagengebirge. Links und rechts türmen sich zusammengeschobene Schneehaufen. Man erblickt interessante Eis- und Schneegebilde an Dachrinnen und den historischen Gebäuden. Mit einem Schild »Vorsicht Glatteis« warnt die Bayerische Seenschifffahrt GmbH die Besucher der Seelände. Auf der Straße ist auch glattes Eis zu finden – wo das Eis bisher aber noch fehlt, ist auf der Seeoberfläche.
Die mit Raureif verzierten Bäume auf der Insel Christlieger glitzern im Sonnenlicht. Der Königssee ist hier noch absolut eisfrei, soweit das Auge reicht. Die Enten tummeln sich im Wasser wie im Sommer. Im Schatten liegen Bootshüten, das Betriebsgelände und die Bootswerft Königssee.
Das herrliche Winterwetter lockt Hunderte von Besuchern zum Königssee und zu einer Überfahrt nach St. Bartholomä. Es wird nach Fahrplan gefahren, mit zusätzlichen Kursen. Insgesamt sind drei Schiffe im Einsatz. Um 11.30 Uhr fährt bereits das vierte Kursboot mit 90 Personen an Bord. An diesem Tag sind an die zehn Boote im Fahrbetrieb. 60 bis 70 Prozent der Passagiere sind Asiaten. In Reih und Glied stellen sie sich vor dem Bootssteg an. Kurz vor Abfahrt wird noch ein Gruppenfoto gefertigt.

Ich entscheide mich für eine Überfahrt. Der Kapitän überreicht bei der Abfahrt Flyer an die nicht deutsch sprechenden Fahrgäste und erklärte die Fahrt sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch. Die Bootstour nach St. Bartholomä war eine traumhafte Schifffahrt durch eine zauberhafte Winterwunderwelt. Passagiere entdecken in Ufernähe Gämsen und sind von dem Naturerlebnis begeistert. Aus den mit Schnee angefüllten Felsbändern der Watzmann-Ostwand donnern Lawinen herunter. Die Wildfütterung am Reitl ist verwaist. Kein einziges Stück Rotwild ist zu sehen. »Das ist außergewöhnlich«, sagt der Kapitän. »Normal sind sie den ganzen Tag in der Nähe der Fütterung.«
Geschlossene Eisdecke hinter St. Bartholomä
Minus 6 Grad Celsius hat es am Mittag in St. Bartholomä. Rund 200 Meter hinter der Bootsanlegestelle ist die erste geschlossene Eisdecke im See zu sehen. Diese dürfte bis Salet reichen. Warum zwischen St. Bartholomä und der Seelände überhaupt kein Eis auf dem See war, weiß Kapitän Stefan Punz: Es ist der Wind, der eine Vereisung verhindert. »Das kann sich allerdings morgen ändern«, so Punz.
Bilder von der Bootstour über den Königssee:
Am Sonntag gab es demnach eine geschlossene, dünne Schicht auf dem See. »Hätte es da in der Nacht aufgeklart und wäre es festgefroren, hätten wir am nächsten Tag die Schifffahrt einstellen müssen.« Es kam jedoch Wind auf und der hatte in Windeseile die Wasseroberfläche wieder total frei gemacht. Auch bei den angekündigten Minustemperaturen könne über Nacht eine geschlossene Eisschicht aufziehen, nur der Wind darf nicht wehen.

Michael Brandner, Betriebsleiter der Königssee Schifffahrt, möchte bei dieser Gelegenheit mit einem Vorurteil aufräumen: »Die Vermutung, wir würden die Eisbildung mit dem Eisbrecher und sonstigen Mitteln verhindern, ist absolut nicht richtig«, betont Brandner. »Wenn es kräftig eist, haben wir samt Eisbrecher keine Chance. Was wir vor uns weg machen, macht hinter uns zu.«
Das Fazit: Schön ist es am winterlichen Königssee immer, egal, ob mit oder ohne Eisdecke. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der See in diesem Winter noch eine Eisdecke bildet. Der Winter ist noch nicht vorbei und vielleicht können wir doch noch nach St. Bartholomä wandern – schön wäre es. Bernhard Stanggassinger
