Bildtext einblenden
Nach einer langen Wintersaison ist Bob-Bundestrainer Christoph Langen jetzt mit der Leistungsauswertung beschäftigt. (Foto: Wechslinger)

»Jeder kleinste Fehler wirkt sich sofort aus«

Berchtesgaden – Bob-Bundestrainer Christoph Langen war einer der weltbesten Bobfahrer, der seine Karriere wie viele andere an der Bremse begonnen hatte. Als Deutschland im Bobsport nicht ganz top war, begann er als Anschieber bei Anton Fischer. Kurz darauf saß er bereits an den Lenkseilen und holte bei den Olympischen Spielen in Albertville Bronze. Es folgten eine weitere Bronze- und zwei Goldmedaillen. Ferner wurde er als Pilot siebenmal Weltmeister und siebenmal Europameister. Den Gesamtweltcup gewann Langen dreimal im Zweier- und zweimal im Viererbob. Nach einer nach dem Sotschi-Dilemma sehr guten Saison sprach der Bob-Bundestrainer über die Saison und die Aussichten für die Zukunft.


Wie sieht der Rückblick auf die vergangene Saison aus?

Christoph Langen: Auf jeden Fall sehr positiv. Wir blicken auf einen Generationswechsel zurück, der sehr gut verlaufen ist. Unsere jungen Sportler haben kräftig Gas gegeben und gezeigt, dass sie schon an der Weltspitze mitfahren können.

Bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi liefen die Bobs nicht gut. In diesem Jahr waren sie jedoch wieder schneller. Wie ist das zu erklären?

Langen: Wir haben im vergangenen Jahr die Bobs von der FES (Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten) recht spät bekommen. Da ergaben sich dann Probleme wie beim Motorsport, in dem es auch auf die richtige Einstellung der Technik in Verbindung zu den Teams passen muss. In diesem Jahr haben wir ein neues Fahrwerk bekommen, mit dem die Athleten einfacher umgehen können und sich wohler fühlen. Wenn ich aber genauer hinter die Kulissen blicke, haben wir auf gewissen Bahnen schon noch einige abzuarbeitende Baustellen. Da haben wir noch nicht die Performance, die wir anstreben. Auf solchen Gleiterbahnen wie in Winterberg, Igls und St. Moritz sind wir schon sehr schnell. Den wirklichen Stand zeigen nicht unbedingt die Ergebnisse der Weltmeisterschaften in Winterberg, sondern die komplette Saison.

Dann werden Sie mit Ihrem Trainerstab und der FES auch weiter nachbessern.

Langen: Das müssen wir unbedingt, denn die anderen Nationen rüsten ebenfalls auf. Wir erwarten im nächsten Jahr neue Geräte der Nordamerikaner und auch der Russen. Dabei dürfen wir auch Korea nicht außer Acht lassen. Die Szene im Hintergrund bewegt sich ganz gewaltig. Da ist auch keine Rede von Einsparungen. Die Bobszene fordert immer wieder neues technisches »Know-how«, das natürlich auch viel Geld kostet.

Wie können Sie sich persönlich in die Entwicklung einbringen?

Langen: Wir haben dazu ein Kompetenzteam gebildet, in dem Matthias Höpfner die Koordination leitet. Da bin ich natürlich auch dabei und gebe klar vor, was zu machen ist. Meine Aufgabe ist es dann, die Vorgaben mit der FES umzusetzen und die neuen Updates ganz einfach früher zu bekommen. Wir müssen schließlich die Bobs noch testen. Mit neuen Bobs müssen sich die Piloten erst anfreunden. Die gesamten Umstände werden immer ausgefeilter. Die Bahnen und die Bobs werden ebenso besser wie die Fahrer und Anschieber. Jeder kleinste Fehler wirkt sich sofort auf die Zeit aus, wenn man nur einen Winkel um einen halben Grad verändert und sich dadurch das gesamte Fahrverhalten des Bobs ändert.

Kenner der Szene warnen vor allzu großer Euphorie, weil einige starke Nationen in einem nacholympischen Jahr ihr Augenmerk nicht ganz so auf Erfolge legen wie unmittelbar vor den nächsten Olympischen Spielen.

Langen: Das ist richtig. Bei einigen Nationen, den USA, Kanada und Russland, verringern sich die Fördergelder. Die starten mit ganz jungen Leuten einen Neuaufbau. Da muss man ganz einfach abwarten, wohin das geht. Ich gehe davon aus, dass die Qualität in den nächsten Jahren wieder stark ansteigt. Und da müssen wir dabei sein. Nach den Olympischen Sommerspielen von Rio im nächsten Jahr kommen bestimmt neue Anschieber, welche die Bobs schnell machen.

Sie haben jetzt mehrere Toppiloten und einige Talente im Team. Wie stellt sich die Situation für die Zukunft dar?

Langen: Ich gehe zunächst einmal vom Athletischen aus, wo Francesco Friedrich und Johannes Lochner führend sind. Bei Maximilian Arndt muss man abwarten, er ist ja zuletzt im Zweierbob gar nicht mehr dabei gewesen. Wir müssen auf alle Fälle beim Startniveau, das derzeit der Lette Melbardis vorgibt, dabei sein. Die Jüngeren sind im Startniveau noch nicht ganz vorne dabei.

Was ist mit Thomas Florschütz und Manuel Machata los?

Langen: Ich möchte die beiden Verdienten so nicht gehen lassen. Sie haben die Möglichkeit, sich bis in den Sommer entsprechend vorzubereiten und können dann ihr Potenzial zeigen. Wenn es dann nicht mehr reicht, müssen sie halt zurücktreten. Mit Manuel Machata werden wir in der nächsten Woche ein Gespräch führen.

Gibt es im Sommer Anschub-Wettbewerbe?

Langen: Wir haben traditionell in Oberhof einen Anschub-Wettbewerb auf Eis. Ferner finden Startwettkämpfe wie immer in Ilsenburg auf Rollen statt. Zudem war in Stuttgart die Anschub-Weltmeisterschaft geplant, aber ich höre nichts mehr davon.

Trainer Hans Wimmer kündigte jüngst seinen Rücktritt an.

Langen (lächelnd): Das hat er im vergangenen Jahr auch schon gesagt. Aber Spaß beiseite. Hans wird nicht mehr die langen Reisen nach Nordamerika mitmachen. Ich bin sehr froh, wenn Hans Wimmer mit seiner großen Erfahrung in Europa dabei ist. Er steht mir immer mit Rat und Tat zur Seite und ich nehme das gerne an. Schließlich hat er ein ungemeines Wissen, auch was den Materialsektor betrifft. Ich lerne auch heute noch dazu und kann Hans hundertprozentig vertrauen. Solange er noch Zeit hat, ist er uns willkommen.

Wie lange wird es noch den Bundestrainer Bob Christoph Langen geben?

Langen: Mein klares Ziel ist Pyeongchang. Dann muss man sich neu orientieren und schauen, wie die Strukturen sind. Im deutschen Sport gibt es ja immer wieder Änderungen.

Gibt es auch noch den Privatmenschen Langen, der auch einmal Zeit hat, seinen Hobbys nachzugehen?

Langen: Im Winter habe ich so gut wie keine Zeit für Privates. Aber im Sommer nehmen wir uns schon die Zeit, einmal kurz zu verreisen. Ich fahre gerne mit dem Bergrad, was man hier sehr gut machen kann. Aber Freizeit generell ist im Leistungssport schon sehr begrenzt.

Jede Gewerkschaft würde bei unserem Zeiteinsatz die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Christian Wechslinger