An diese einfache Regel erinnert die ILS zum heutigen »Tags des Notrufs«. Im vergangenen Jahr zogen Abertausende Anrufe bei der Notrufnummer fast 92.000 Einsätze im Südosten Bayerns nach sich.
Die Landkreise Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf und Traunstein betreiben zusammen den Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung – und damit die Integrierte Leitstelle in Traunstein.
Zwei wichtige Notrufnummern
An der Spitze wirken Verbandsvorsitzender Siegfried Walch, Geschäftsführer Josef Gschwendner und ILS-Leiter Anton Groschak. Involviert sind auch Dr. Joaquin Kersting als Ärztlicher Leiter Rettungsdienst und Dr. Wolfgang Krämer, Chef des Traunsteiner Gesundheitsamts.
Zwei wichtige Notrufnummern gibt es nach Josef Gschwendner – die 110 für die Polizei und die 112 für den Rettungsdienst bei medizinischen Notfällen wie auch für die Feuerwehr. Beide seien ausschließlich für echte Notfälle bestimmt. Im medizinischen Bereich sei der Notruf 112 »Patienten mit lebensgefährlichen Erkrankungen oder Verletzungen« vorbehalten. Bei Erkrankungen, bei denen normalerweise ein niedergelassener Arzt aufgesucht werde, aber die Behandlung aus medizinischen Gründen nicht bis zum nächsten Tag warten könne, sei der Notruf 116 117 des ärztlichen Bereitschaftsdienstes die richtige Telefonnummer. Eine Zahl dazu: Das Kreiskrankenhaus Traunstein verlassen 60 Prozent der eingelieferten Patienten noch am gleichen Tag wieder.
Nach den Worten Gschwendners registriert die Traunsteiner Leitstelle im Schnitt 600 Anrufe innerhalb von 24 Stunden. Über 220.000 Menschen suchen pro Jahr Hilfe über 112. Bei heftigen Unwettern wie im Jahr 2021 gingen 4000 Notrufe auf den Einsatzleitplätzen (ELP) ein – in nur drei Stunden.
Darauf reagierten die Verantwortlichen: Drei ELP kamen 2022 neu dazu. Aktuell gibt es elf, an denen die Disponenten Notrufe annehmen, Einsatzkräfte alarmieren und durch den Einsatz führen. Zusätzlich richtete die ILS Traunstein vergangenes Jahr acht Plätze ein, die ausschließlich Notrufe entgegennehmen. Das bedeutet: Im Ernstfall kann sich das Team zeitgleich um 19 Anrufe kümmern.
Schnelle Entscheidung am Telefon nötig
Die Frauen und Männer am Telefon müssen in kürzester Zeit entscheiden, was zu tun und welches Rettungsmittel das richtige ist. Manchmal helfen sie direkt, Menschenleben zu retten, leiten an, wie Anrufer die Zeit bis zum Eintreffen von Notarzt und Rettungsdienstpersonal überbrücken können. Etwa zehnmal pro Monat ist diese Erste Hilfe via Telefon gefragt. Bei einer »Telefonreanimation« zum Beispiel werden Schritt für Schritt Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung erklärt. Dabei zählt jede Minute.
Der Brief einer dankbaren Patientin zeugt davon, was auch mit solch einer Form der Hilfeleistung erreicht werden kann. Sie schrieb: »Liebes ILS-Team, ohne euch und meinen Mann als Ersthelfer hätte ich den Herzstillstand nicht überlebt.«
Josef Gschwendner führt die Geschäfte der ILS seit 2007. Damals war die Leitstelle noch an der Hochstraße in Haslach. Er begleitete den Aufbau der im Januar 2010 eingeweihten »Integrierten Leitstelle« im Gewerbepark Kaserne mit derzeit 35 Mitarbeitern. Die Zahl der Notrufe steige seit Jahren kontinuierlich, stellt der Geschäftsführer fest. Die Ablaufprozesse hätten sich durch gesellschaftliche und technische Entwicklungen enorm verdichtet – mit entsprechender Mehrbelastung des Personals.
Gschwendner spricht von einer »bedenklichen Tendenz« bei Notrufen, die festzustellen ist: »Manche Bürger gehen von einer Art ›Bestellservice‹ bei den Blaulichtorganisationen, einem Anspruch auf deren Leistungen aus.« Die ILS wirke diesem Trend entgegen durch »gezieltere Abfragen« auf den Einsatzleitplätzen. Die Mitarbeiter mit ihrer feuerwehrfachlichen und medizinischen Kompetenz müssten immer hinterfragen, ob ein Blaulichteinsatz wirklich gerechtfertigt sei.
Respekt vor Rettungskräften nimmt ab
Die ILS Traunstein sei in jeder Hinsicht »top«, unterstrich Gschwendner: »Wir werden von anderen beneidet. Wir haben die modernste Leitstelle im Freistaat. Im Nachbarland Österreich gibt es kein Rettungsdienstgesetz, keine Hilfsfristen. Wir müssen uns aber auf die Patienten konzentrieren, die eine fahrbare Intensivstation benötigen.« Ähnliches gelte für den Sektor Feuerwehr. Gschwendner betont, manche Hilfeleistung erübrige sich »durch die Fahrt zum Baumarkt«.
Jeden Einsatz in den vier Kreisen müsse die ILS koordinieren. Kämen große Schadensereignisse wie Unwetter hinzu, steigen die Anforderungen an die Mitarbeiter enorm. Gschwendners Wunsch an die Bürger ist, das System zu entlasten. Es solle denen vorbehalten bleiben, »die Hilfe wirklich brauchen«.
Hohe Anforderungen an die Ehrenamtlichen
Das unterstützt Verbandsvorsitzender Siegfried Walch. Die Anforderungen an die hauptamtlichen, aber überwiegend ehrenamtlichen Einsatzkräfte würden immer höher. Gleichzeitig nehme der Respekt vor ihnen ab. Glücklicherweise sei es hierzulande noch nie zu Szenen wie in München oder Berlin gekommen, hob der Ärztliche Leiter Rettungsdienst, Dr. Joaquin Kersting hervor.
Corona: Ein »Katalysator« für die Kliniklandschaft
Seit dem allerersten Corona-Fall, der in Siegsdorf im Januar 2020 aufgetreten war, seien die Rettungsdienste stark durch Akuteinsätze belastet und unverzichtbar bei der Verlegung von Coronapatienten in oft weit entfernte Kliniken gewesen. Das berichtet der Ärztliche Leiter Rettungsdienst, Dr. Joaquin Kersting. »Es war kein Spaß, bei Infekterkrankungen in Schutzanzügen zu arbeiten.«
Viele Krankenhäuser seien damals »vom Netz gegangen«, hätten keine Coronapatienten aufgenommen. Verbandsvorsitzender Siegfried Walch erinnert sich, dass manch private Klinik sich total zurückgezogen hatte – im Gegensatz zu den kommunalen Häusern.
Einen positiven Effekt von Corona hebt Dr. Kersting indes heraus: »Das Kooperationsniveau der Kliniken wird bestehen bleiben. Da ist vieles zusammengewachsen. Corona war ein Katalysator für die Kliniklandschaft.« Auch Walch sieht hier durchaus »einen langfristigen Nutzen« – nicht zuletzt durch den IT-Austausch.
kd