Für Hubert Job ist klar: Dauerhaft geht es am idyllischen Wassergumpen-Hotspot im Nationalpark Berchtesgaden nicht anders. Instagram-Poster und »Social-Media-Fanatiker« würden nicht weniger. Das Knipsen »cooler Selfies vor attraktiver Naturkulisse« sei in Mode. Aber nicht nur dies: »Dort sind auch moderne GPS-Schatzsucher und Mikroabenteurer unterwegs, die den Park in Alaska wähnen und keine Vorstellung davon haben, wie invasiv sie auf sensible Tierarten wirken.« Das landschaftsangepasste Naturerlebnis werde zudem durch Bergsport-Magazine und Outdoor-Portale »ad absurdum geführt«. Wegen seiner überschaubaren Größe, des großen Bekanntheitsgrads und der beschränkten Zugänglichkeit durch die Lage im Hochgebirge habe der Nationalpark Berchtesgaden die »höchste Besucherdichte aller deutschen und aller alpinen Parks«. Regionalforscher Job positioniert sich deutlich: »Das geht so nicht weiter.« Job fordert, einen »strengeren Rahmen« zu setzen. Die Nationalpark-Verwaltung sei zum Handeln aufgefordert.
Auch in anderer Hinsicht müsse Geplantes überdacht werden: »Die Leitung begeht einen großen Fehler, auf Druck von Alpenverein und Lokalpolitik immer mehr Wege für Radfahrer zu öffnen. Das Gegenteil wäre richtig.«
Laut Lehrstuhlinhaber Job habe die E-Bike-Nutzung etwa im Klausbachtal, mitten im Nationalpark, stark zugenommen: »Solange die Radler auf dem Weg bleiben, passt das. Nicht alle halten sich aber daran und dringen tief in den sogenannten backcountry-Bereich der Kernzone vor.« Zudem werde das E-Bike als Einstieg genutzt, um Wanderwege anzusteuern, die zu Fuß nicht so einfach zu erreichen sind. »Der Nutzungsdruck auf sensible Naturräume wird dadurch erhöht«, so der Professor. Jobs Vorschlag: Der Alpenpark sollte künftig nur mehr zu Fuß, via Elektro-Almbus oder Elektroboot zu besuchen sein.
Die Königssee-Schifffahrt sei für den »bayerischen Finanzminister überaus rentierlich«, schlussfolgert der 62-Jährige. Bereits hier müssten die Verantwortlichen mit der Besucherlenkung ansetzen. Tickets grundsätzlich vorab zu buchen, würde eine »bessere Verteilung über Zeit und Raum« nach sich ziehen. Darüber hinaus sollten deutlich weniger Schiffe bis zur Haltestelle Salet fahren, rät der Regionalforscher. Damit würden Obersee und Röthbachfall von »Heerscharen an Flip-Flop-Touristen« entlastet und das Abholer-Problem gelöst. »Das alles ist unpopulär, aber gut für Natur und Naturliebhaber, die ihr mit dem nötigen Respekt begegnen.«
Kilian Pfeiffer