Mit interessanten Hintergrunderzählungen führten Pföß und Dressler durch den Abend und stellten dabei auch ihre Instrumente vor, die nur selten bei Konzerten zu erleben sind. Auf der Suche nach passender Literatur erstanden sie vor etwa einem Dreivierteljahr nach der Insolvenz eines auf Alte Musik spezialisierten Notenverlags Noten des völlig unbekannten Francesco Barsanti (1690 bis 1770). Dessen musikalisch reizvolle Kompositionen, darunter zwei Sonaten mit teils sehr getragenen, teils ausgesprochen virtuosen Sätzen und Bearbeitungen schottischer Volkslieder, ließen sie in Dialog treten mit einer beschwingten Sonate von Francesco Geminiani (1687 bis 1762).
Interessanterweise gingen beide Italiener zusammen nach London an die italienische Oper. Danach trennten sich ihre Wege und ihre Leben verliefen völlig unterschiedlich: Während Geminiani anerkannt und erfolgreich die meiste Zeit in der Dependance des Earl of Essex in Dublin residierte, ging Barsanti in die Dienste der schottischen Lady Charlotte Erskine. Als er nach 1743 wieder in London war, verarmte er durch den Verlust seiner vormaligen Beziehungen.
Zu seinem Werk gehören unter anderem eine Sammlung von 50 schottischen Volksliedern, zu denen er selbst einen Bass komponierte – laut Pföß eine schöne Verbindung von Volksmusik und Kunstmusik dieser Zeit, wobei die anmutigen Verzierungen stets auskomponiert sind. Sechs dieser Volkslieder streute das Duo in das abwechslungsreiche Programm ein, darunter das Liebeslied »Peggy, I must love thee« oder das tänzerische »Lord Albonyne's welcome«.
Dazu passten auch gut zwei Stücke des irischen Barden Turlough O'Carolan (1670 bis 1738): »Lament for Terence MacDonaugh«, eine Trauermusik, deren lyrische Melodie beim ersten Mal solistisch auf Pföß' ausdrucksstarker Flöte erklang. O'Carolan, ein Fan klassischer Musik, hörte 1733 Geminiani bei offenem Fenster in Dublin Geige üben und nahm daraufhin bei ihm Unterricht. Aus dieser Symbiose entstanden in der Folklore wurzelnde, einstimmige Weisen mit typischen barocken Wendungen, die Pföß für das Duo bearbeitet hat. Dressler griff hier und bei der quirligen zweiten Weise »Miss Noble« zur Barockgitarre.
Alle anderen Kompositionen begleitete er an der »Erzlaute« mit ihrem langen Hals. Diese vereint die Vorteile von zwei Instrumenten in sich: das Griffbrett der Gitarre, über das Dresslers Finger virtuos spazierten und filigrane, fein perlende Klänge erzeugten, und die Anordnung der Basssaiten nach der Tonleiter wie bei der Harfe. Als Corpus diente einst ein Schildkrötenpanzer. Als es den Arabern gelang, ihn aus Holz nachzubauen, nannten sie das Instrument einfach »Al oud« (das Holz). Daraus entstand der heutige Name »Laute«.
Die Flöte von Patrick Pföß wurde nach einem Originalinstrument von 1720 angefertigt. Die hölzerne Traversflöte ist wie eine Blockflöte verkehrt-konisch und begnügt sich neben den sechs Grifflöchern im Gegensatz zur modernen Querflöte mit nur einer Klappe. Die Intonation der Töne benötigt viel Feingefühl, dafür aber ist der Klang unaufdringlich und fein und passt besser zu den filigranen, barocken Klanggeflechten und auch zur silbrigen Klangfarbe der Laute.
Ein Höhepunkt des Konzerts war eine Sonate in C-Dur von Antonio Vivaldi. Solistisch zeigte Dressler sein Können in der Allemande in g-Moll des nach 1650 geborenen Giovanni Zamboni.
Als Dankeschön für den Applaus spielten die Musiker den aus der Barockzeit stammenden Folksong »John Anderson my jo« in einer modernen Fassung im Bluegrass-Stil, begleitet mit einem »Five String Banjo«. Pföß wechselte zwischen Flötenspiel und Gesang, und trotz der kirchlichen Kulisse fühlten sich die Zuhörer kurzzeitig in ein Pub versetzt. Veronika Mergenthal