Das Buch, 1979 von Angela Sommer-Bodenburg geschrieben, mauserte sich schnell als Buchreihe zum Verkaufsschlager, wurde in über 30 Sprachen übersetzt, eroberte die Kinderzimmer und trifft mit seiner Mensch-Vampir-Freundschaftsgeschichte offenbar genau den Geschmack der kleinen Leser und Hörer – das junge Premierenpublikum im Landestheater konnte sich zeitweise kaum stillhalten, als wollte es in besonders spannenden und spaßigen Momenten selbst in die irre Vampirwelt einsteigen.
In die will selbst der kleine Anton (Tim Oberließen) nicht ganz tief einsteigen – bei aller Freundschaft und Sympathie zu den flatterhaft-blutsaugenden Wesen. Er liebt zwar Gruselgeschichten, Gänsehautschauer und ganz besonders hingezogen fühlt er sich zu blutrünstigen Vampiren. Als Jung-Vampir Rüdiger von Schlotterstein (Gregor Schulz) ihm in seinem Kinderzimmer einen Besuch abstattet ist er dennoch zunächst skeptisch: »Ich hab‘ ganz schlechtes Blut«, behauptet er. Doch Rüdigers Interesse ist, wie sich zeigt, ganz anderer Natur.
Überhaupt scheint dieser Langzahn irgendwie aus der Art zu schlagen: Dunkelheit macht ihm nämlich selbst Angst. Vorbehalte zur gegenseitigen Andersartigkeit scheinen beide nicht zu kennen, ist doch die Welt des jeweils anderen einfach nur aufregend neu und voller spannender Verlockungen.
So lernt Anton fliegen, entdeckt die Freiheit der Lüfteund die blutsaugende und durchgeknallte Vampir-Verwandtschaft seines neuen Freunds. Dessen Vampir-Schwester Anna (Patrizia Unger) findet Anton mehr als nur nett, ist aber auch kein Biss-chen an seinem Blut interessiert. Dafür findet die immer (blut)durstige Tante Dorothee (Genia Maria Karasek) Anton zum Anbeißen, kommt aber letztlich, weil sie gar zu häufig vergisst, ihre Zahnprothese einzusetzen, nicht wirklich zum Zug.
Auf der »menschlichen« Seite gibt die seltsame Freundschaft ihres Söhnchens zu den unerzogenen Blassgesichtern Antons Eltern Grund zur Besorgnis: »Ungewöhnliche Freunde«. »Ja, ungewöhnlich toll«, prahlt Anton. Die Freundschaft hat schließlich für die Jung-Vampire schmerzhafte Folgen: Es hagelt Gruftverbot für die Verletzung des Vampirkodex (Vampiren ist Freundschaft zu Menschen verboten) – Verbannung also und somit bei Sonnenaufgang Lebensgefahr.
Dass so ein Vampirleben jenseits von wilden Tangotänzchen und nächtlichen Flugabenteuern (genial – an Seilen über der Kulisse der Bühne hängend) nicht immer ein Zuckerschlecken ist, dafür sorgt auch Friedhofswächter und Vampirhasser Geiermeier (Alessandro Visentin), der dem Grufttreiben den Garaus machen will. Sein Friedhof soll verschönert werden, alle Gräber sollen weg und ihren blutsaugenden Bewohnern will er mit Kreuzen, Knoblauch und Holzpflock ans Leder.
Bei einer wilden Verfolgungsjagd um die Grabsteine wird an den Reaktionen des jungen Publikums klar, auf welcher Seite sie stehen: Lautstarkes Eingreifen ins Bühnengeschehen macht dem Vampirfeind das Anschleichen unmöglich, Ohrenbetäubendes Geschrei und gellendes Gelächter lassen jegliche Zweifel an der gelungenen Inszenierung schwinden. Gelungene Tanz-Choreografien (Josef Vesely) mit fetziger Musik (Uwe Vogel) runden den niveauvollen Theaterspaß ab: »Tanz den Vampir«, singt das ganze Haus.
Letzten unblutigen und überraschenden Endes wird deutlich, dass eben so ein Vampir auch nur ein Mensch ist, dass echte Freundschaft unabhängig von Herkunft und Gesinnung »funktioniert« und dass gute Schauspieler Kindern genau das vermitteln können – und das mit Nachhaltigkeitsprädikat und immensem Spaßfaktor.
»Der kleine (Salzburger) Vampir« ist für Kinder ab 6 Jahren empfohlen und noch bis zum 10. Januar zu sehen. Karten gibt es per E-Mail unter service@salzburger-landestheater.at oder unter der Telefonnummer 0043 662/871512-222.
Kirsten Benekam