»Rekorde sind da, um gebrochen zu werden.« Mit diesen Worten hatte Toni Palzer dem neuen Rekordhalter Hannes Namberger noch am Dienstag zu seiner fabelhaften Zeit gratuliert (zu unserem Bericht). Doch der Ramsauer gab sich damit natürlich nicht geschlagen, sondern wollte sich den Rekord gemäß seiner eigenen Devise schnell wieder zurückholen. Schon länger hatte er den Plan, einen Film über eine Speed-Überschreitung zu drehen und dabei den Rekord unter drei Stunden zu drücken.
»Den eigenen Rekord zu verbessern, ist aber keine echte Herausforderung«, sagt Palzer. Deshalb war er sogar froh, dass Hannes Namberger am Dienstag eine neue Bestzeit aufgestellt hatte. So freute sich Palzer auf einen echten Vergleich und konnte dabei gleichzeitig seine eigene persönliche Entwicklung testen.
Aber Toni räumt auch ein: »Mir war schon wichtig, dass der Rekord wieder in die Ramsau kommt. Schließlich hänge ich am Watzmann und schaue auch jeden Tag dort hinauf«.

Perfekte Bedingungen am Berg
Am Freitag – nur drei Tage nach Nambergers Spitzenleistung – war der ideale Zeitpunkt für einen erneuten Rekordversuch am Watzmann gekommen. Perfektes Bergwetter, kein Schnee mehr auf dem Watzmanngrat und Toni in bester Laufverfassung. Normalerweise erholt sich der Ramsauer im Juni noch von der langen Saison im Skibergsteigen. Coronabedingt endete seine Winter-Wettkampfsaison in diesem Jahr jedoch frühzeitig im März. Daher konnte er in den vergangenen Monaten bereits viele Lauf-Trainingseinheiten in der Heimat absolvieren. Immer den Watzmann, seinen Berg, vor Augen.
»Ich war schon ein bisserl nervös, aber super motiviert. Da aktuell keine Wettkämpfe stattfinden, war es an der Zeit, dass ich mir wieder eine Herausforderung suche. Das Training sind die Hausaufgaben, aber irgendwann muss auch wieder eine Prüfung kommen«, sagt Palzer. Die begann am Freitag um kurz vor 7 Uhr morgens. Schon 49 Minuten später war Palzer am Watzmannhaus angekommen, wo es natürlich gleich weiter in Richtung Hocheck ging. Nach insgesamt 1:21 Stunden war auch diese Zwischenetappe erreicht.
Weiterer Pluspunkt: Wenig Leute unterwegs
»Es war super, dass an diesem Tag so wenige Leute unterwegs waren«, erinnert sich der 27-Jährige. So brauchte er nur 24 weitere Minuten bis zur Südspitze, auf der er nach insgesamt 1:45 Stunden ankam. Zeit für eine Gipfelrast war freilich nicht, sondern es ging sogleich im Laufschritt hinunter ins Gries. Ein wenig konnte Toni Palzer auf den verbliebenen Altschneeresten abrutschen, doch richtig hilfreich waren sie nicht. »Es war teilweise hart und damit etwas brenzlig, ich bin dann lieber wieder in den Schotter ausgewichen«, erklärt er.

Nach 2:18 Stunden war die Grieshütte erreicht und dann ging es in vollem Tempo die letzten acht Kilometer das Wimbachgries hinaus. 2:47:08 Stunden zeigte die Uhr, als Toni Palzer wieder an der Wimbachbrücke stand. Belegt ist Tonis Zeit auf seinem Strava Account. Damit hatte der Ramsauer die Zeit von Hannes Namberger noch einmal um 14 Minuten unterboten.
Eine kaum vorstellbare Leistung, wenn man bedenkt, dass die meisten Bergsteiger die Runde in rund 15 Stunden als Zwei-Tages-Tour bewältigen. »Ich war mir heute so sicher, es gab nie eine Situation in der es kritisch war, und deswegen ist es auch so gut gelaufen. Ich hab Spaß gehabt, ich hab wirklich Spaß gehabt. Gut, die letzten drei Kilometer vielleicht nicht mehr, da hat's weh getan.«

Ein Rekord nach dem anderen aufgestellt
Toni Palzer setzte bereits 2012 als gerade einmal 19-Jähriger mit 3:27 Stunden eine erste Zeitmarke für die Watzmann-Überschreitung. 2015 verbesserte er seinen eigenen Rekord um rund 17 Minuten, um ihn 2018 mit nur 3:06:55 Stunden eher zufällig, aus einer Trainingsrunde heraus, erneut zu unterbieten. Seitdem war der »Sub3-Gedanke«, also die Drei-Stunden-Marke zu knacken, in Tonis Kopf verankert. Weniger als Rekordjagd, vielmehr als persönlicher Gradmesser, zu welcher Leistung er unter idealen Bedingungen auf der Strecke mit Kletterpassagen im zweiten Schwierigkeitsgrad körperlich und mental in der Lage ist. Und klar ist er auch ein wenig stolz darauf, als Ramsauer die schnellste Zeit am Watzmann nun wieder inne zu haben.
Toni mahnt jedoch vor Nachahmung da die hochalpine Traverse auf dem Watzmanngrat nur für absolut erfahrene Bergsteiger machbar ist: »Die Watzmann-Überschreitung ist wahrlich kein Kinderspaziergang, sondern eine hochalpine Tour. Das sollte jeder wissen, der sich auf den Weg macht. Und bitte respektiert immer die Regeln des Nationalparks.«
Lesen Sie auch unseren vorherigen Beitrag:
Ruhpoldinger stellt neuen Rekord am Watzmann auf
Ulli Kastner
