Bischofswiesen: Das Tunnel-Rätsel am Kreisverkehr – Straßenabsenkungen wohl wegen Bunkeranlagen
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Der Stollenweg wurde mit Betonblöcken stabil gebaut. Allerdings waren nur die ersten fünf Meter begehbar, danach versperrten Lehm und Schlamm ein weiteres Vordringen. (Fotos: Christian Wechslinger)

Das Tunnel-Rätsel am Kreisverkehr

Bischofswiesen – Neben dem Kreisverkehr am Stangenwald klafft derzeit ein großes Loch. Dahinter verbirgt sich ein Tunnel, der den Zugang zu einem Bunkersystem aus der NS-Zeit darstellt. Eine Baufirma hatte kürzlich begonnen, diesen zubetonierten Eingang zu öffnen. Grund dafür war, dass sich eine Straße auf dem 50 Meter darüber liegenden Grundstück der Jägerkaserne abgesenkt hatte. Da das nicht zum ersten Mal passiert war, vermutet man nun, dass die Bunkeranlage dafür verantwortlich ist.


Bei einem Ortstermin am Mittwoch trafen sich Verantwortliche des Dienstleistungszentrums der Bundeswehr, der Standortälteste des Gebirgsjägerbataillons, ein Vertreter des staatlichen Bauamtes Traunstein, ein Geologe sowie Mitarbeiter der Baufirma, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Vor etwa 20 Jahren hatte sich die besagte Straße in der Jägerkaserne schon einmal gesenkt. Damals haben Bauarbeiter ein Gewebe eingebracht und den Hohlraum anschließend verfüllt. Doch die Maßnahme war nicht ausreichend, vor wenigen Wochen senkte sich die Straße erneut.

Das staatliche Bauamt Traunstein sorgte zunächst dafür, dass die Senkungen aufgefüllt wurden. Doch der Boden gab wieder nach, weil die Verfüllung erneut nach unten gespült wurde. Somit muss nach der Ursache geforscht werden, denn das Dienstleistungszentrum der Bundeswehr ist für die Verkehrssicherung im Bereich der Kaserne zuständig. Die Baufirma öffnete den unteren Zugang zum Bunker. Doch schon nach etwa fünf Metern war kein Weiterkommen im Tunnel möglich – zäher Lehm, Sand und Schlamm versperrten den Weg.

Geologe Stefan Kellerbauer erklärte, dass man bei den Aufräumungsarbeiten von unten nach oben vorgehen, aber zu allererst einmal nach Plänen mit Grundrissen forschen müsse. Wenn mehr über die Untertageanlage bekannt sei, gäbe es auch die Möglichkeit, diese komplett zu verfüllen. Es könnte auch sein, dass die Bunkeranlage nicht mehr vollendet und teilweise mit Holz abgestützt wurde. Dieses Holz könnte verrottet sein und daher nachgegeben haben. Weil Gefährdungsbereiche gegeben seien, müssten diese nun genau ermittelt werden. »Dann kann Abhilfe geschaffen werden«, so der Geologe.

Die Arbeiten unter Tage seien gefährlich und man sollte deshalb genau wissen, wie die Stollen verlaufen. Angeblich soll es alte Unterlagen geben, in welchen von einem Bunker auf drei Etagen mit sieben Meter dicken Betonwänden die Rede ist. Allerdings könnte es sein, dass die Siegermächte diese Pläne nach Kriegsende mitgenommen haben. Weil die Suche nach diesen Plänen über verschiedene Instanzen wohl einige Zeit in Anspruch nehmen wird, verschloss die Baufirma den Bunkereingang vorerst mit Felsbrocken und Erdreich.

In den letzten beiden Kriegsjahren des Zweiten Weltkriegs wurde die »Organisation Todt«, eine Bautruppe der Nationalsozialisten, damit beauftragt, im gesamten Reichsgebiet Luftschutzanlagen für die Zivilbevölkerung zu bauen. Nicht nur am Obersalzberg, sondern auch im Tal wurden mehrere solcher Bunkeranlagen gebaut. Bekannt ist beispielsweise die unterirdische Verbindung von der Bahnhaltestelle am Tristramweg zur alten Reichskanzlei.

Doch das Bunkersystem unter der Gebirgsjägerkaserne mit dem Zugang am Stangenwald-Kreisverkehr blieb bisher unerforscht, die verschiedenen Eingänge wurden einfach versperrt und waren so auch nicht mehr zu sehen.

Christian Wechslinger

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Die Bauarbeiter kamen nicht weit.