Bleibt es ein Café, wird es zum Hotel oder werden hier künftig gut Betuchte wohnen? Fakt ist: Die einzige Villa am Königssee in exquisiter Seelage ist verkauft. Der Bürgermeister der Gemeinde Schönau am Königssee, Hannes Rasp, bestätigt den Eigentümerwechsel am Telefon.
Nachdem Maler, Schriftsteller und Reiseautoren eindrucksvolle Naturbilder verbreitet hatten, wurde der Königssee im 19. Jahrhundert zum Inbegriff der Hochgebirgsromantik – und zum Reiseziel vieler Ruhesuchender. »Die Villa des sächsischen Ministers Friedrich Ferdinand von Beust zeugt noch heute von den ersten Ansiedlungen Fremder«, teilt das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege schriftlich auf Anfrage mit. Beust gilt als Gegenspieler von Bismarck. Er starb im Jahr 1886. Der zweigeschossige Flachsatteldachbau war im Jahr 1869 errichtet worden. Die Villa gilt als »wichtiger Bestandteil des Ensembles Schiffslände Königssee«. Es umfasst den bebauten Bereich der Schiffslände am Nordende des im Nationalpark gelegenen Sees. »Das Ufer ist an dieser Stelle vorwiegend mit Hotels und Schiffshütten bebaut, die meist dem frühen 20. Jahrhundert entstammen und sich zu einem einheitlichen Bild zusammenschließen, das vom Berchtesgadener und Salzburger Heimatstil geprägt wird«, heißt es beim Denkmalamt.
Beim Berliner Investor weiß man um die Bedeutung des Villen-Bauwerks Bescheid, das oberhalb des Königssees thront und das bis vor der Coronapandemie ein beliebtes Ausflugsziel war. In Berlin, heißt es, habe man Kenntnis darüber, dass es unter Einheimischen mit Vorsicht genossen werde, wenn sich »ein Berliner Investor hier einkauft«, sagt eine Mitarbeiterin.
Die Team Global Management GmbH verfolge die Absicht, das bestmögliche Konzept für den Standort umzusetzen. Die Bauten am Königssee dienen noch immer dem Fremdenverkehr und lassen den Aufschwung des Tourismus »am See um 1900 anschaulich werden«, begünstigt durch moderne Massenverkehrsmittel wie die ehemalige Königssee-Linie der Eisenbahn und den 1909 auf dem See eingeführten Elektromotorschiff-Verkehr, heißt es beim Denkmalamt. Von besonderer Bedeutung für das Ensemble-Bild sind die 13 Schiffshütten der Königssee-Schifffahrt, die barocke Schiffmeisterkapelle und das Alte Seewirtshaus. Zum Ensemble gehören auch die Landestege, die Kastanienpflanzungen der Promenade, die Kiosk-Bauten und die Nebengebäude der Hotels.
Kaffee und Kuchen auf der Freiluftterrasse mit Blick auf die Königssee-Seelände: Das war für viele Grund genug für einen Abstecher in die als »Café Malerwinkel« bekannte Restauration. Von dort aus konnten Besucher einen guten Blick auf die über den See gleitenden Königssee-Elektroboote genießen. Die Gaststätte war im Jahr 1949 eröffnet worden. Das Café ist seit zwei Jahren geschlossen. Der Eigentümerwechsel soll im vergangenen Jahr erfolgt sein.
Viele Informationen sind über die Villa nicht bekannt, wie der Archivar der Gemeinde, Erhard Moldan, auf Anfrage mitteilt. Auch Kreisheimatpfleger Johannes Schöbinger bestätigt die dürftige Informationslage. Selbst in der Chronik der Gemeinde findet sich kaum etwas über das Gebäude. Im »Begleiter durch das Berchtesgadener Land« aus dem Jahr 1949 wird die Einrichtung am Malerwinkel als das »einzigste (sic!) am See gelegene Café - Restauration - Gaststätte« angepriesen – samt »Terrasse mit Ausblick auf See und Gebirgspanorama«.
Investor Lukasz Gadowski gilt als Mitgründer des sozialen Netzwerks studiVZ, das Anfang 2007 verkauft worden war. Zu seinen Gründungen und Beteiligungen gehören unter anderen der Online-Shopping-Club brands4friends, der Ende 2010 für 150 Millionen Euro an ebay verkauft wurde, zudem der Werbedienstleister madvertise, der Brillen-Händler Mister Spex und der Pizza-Service Lieferheld.
Kilian Pfeiffer


