Eine endgültige Entscheidung fällt der Kreistag am kommenden Freitag, aber der Umweltausschuss hat die Biotonne jetzt schon einmal empfohlen oder besser gesagt, empfehlen müssen. »Wir kommen nicht mehr aus«, kommentierte Bischofswiesens Bürgermeister Thomas Weber die Situation, »die Frage ist jetzt nur, wie setzen wir es um.« Weber befürwortet eine bürgerfreundliche Variante, also ein Abholsystem. Als einziger Bürgermeister im inneren Landkreis war er zuerst dagegen. »Das Problem ist, dass das Abholen der Bioabfälle nach wie vor nicht wirtschaftlich zu machen ist und auch keinen ökologischen Mehrwert hat«, gab sich Weber auch im Umweltausschuss skeptisch. Dennoch sei ein weiterer Widerstand zwecklos, »in anderen Landkreisen funktioniert es auch«.
Tatsächlich ist das Berchtesgadener Land einer der letzten drei Kreise in Bayern, die die Biotonne einführen. Weber sprach auch die Kosten schonungslos an. Neben den Einführungskosten von rund 1 Million Euro wird die Gebühr pro Haushalt und Jahr rund 40 bis 50 Euro betragen, »und auch die Kosten für die Restmülltonne werden steigen, also in Summe wird es für die Bürger deutlich teurer«.
Ein Kostenvergleich mit anderen Landkreisen mit Biotonne zeigt folgendes Bild: Im Kreis Garmisch-Partenkirchen kostet eine 120-Liter-Tonne inklusive Biomüll 160 Euro, in der Landeshauptstadt München nur 150 Euro. Im Berchtesgadener Land kostet die Restmülltonne alleine ohne eigene Biomülltonne schon 195 Euro im Durchschnitt, wobei die günstigste Gemeinde es mit 151 Euro pro Jahr schafft, die teuerste mit 253 Euro.
Der Leiter der Abfallwirtschaft im Landratsamt, Gerhard Dinkel, erinnerte daran, dass der Kreistag die Biotonne noch im Februar 2014 abgelehnt hatte. Ein Gutachten hatte ergeben, dass die Biotonne wirtschaftlich nicht zumutbar sei. Das stört die Regierung von Oberbayern aber nicht, technisch sei ein Abholsystem machbar. Dass es unwirtschaftlich sei, kümmert die Regierungsbeamten wenig, immerhin hätten alle anderen Landkreise die Biotonne längst eingeführt. Das bundesweite Kreislaufwirtschaftsgesetz aus dem Jahr 1996 schreibe nun einmal vor, dass Bioabfälle getrennt zu erfassen sind.
Andere Landkreise in der Region 18 sehen die Biotonne unterschiedlich. So hat der Landkreis Traunstein die Einführung der Biotonne zwar bereits im Juli 2013 beschlossen, allerdings seither nie eingeführt. Im Landkreis Altötting will man weiter abwarten, einzig der Kreis Mühldorf stellt die Biotonnen ab Sommer 2016 auf. Für Dinkel steht daher fest, dass das Berchtesgadener Land das System Biotonne »nicht neu erfinden muss«. Der Zwang zur Biotonne könnte nach Ansicht Dinkels nur entfallen, wenn ein Gehöft oder ein Ortsteil schwer erreichbar ist. »Wenn 70 Prozent aller Haushalte erfasst werden, sprechen wir ohnehin von einer Vollversorgung.«
Die Biotonnen sollen alle zwei Wochen entleert werden, im Sommer wegen der Geruchsbelästigung allerdings wöchentlich. Fest steht auch schon, dass die Tonne braun sein soll und in Größen von 80 bis 120 Litern zu haben sein wird. »Zusätzlich ist auch ein spezieller Deckel möglich, der als Geruchsfilter dient«, so Dinkel. Haushalte, die im Garten selbst kompostieren, sind befreit.
»Ein großes Problem mit Fleisch in der Biotonne« sieht Kaspar Stanggassinger von den Freien Wählern, vor allem im Sommer, »der Mensch ist unberechenbar«. Rudolf Schaupp als Leiter der Sitzung des Umweltausschusses ließ das nicht gelten: »In die normale Mülltonne wandern ja auch alle Nachtisch-Abfälle.« Auch der Abfallreferent räumte ein: »Ja, die Biotonne stinkt, alles andere wäre ja weltfremd, aber jetzt landen Schnitzel, Kartoffel und Co. eben in der normalen Mülltonne.« Bestätigt mit der nun kommenden Biotonne fühlen sich die Grünen. »Wir haben das schon immer gefordert«, so Bernhard Zimmer. Die zwölf Mitglieder des Umweltausschusses haben die Biotonne am Ende einstimmig empfohlen, der Kreistag wird dann schon in seiner nächsten Sitzung am kommenden Freitag endgültig entscheiden. Michael Hudelist