So hieß es bisher zum Beispiel: »Wir bieten Unternehmern und Bürgern einen Spitzenservice, der im Vergleich zu anderen Wirtschaftsräumen an den Alpen führend ist.« Das findet sich so in der nun überarbeiteten Fassung nicht mehr.
Einen Überblick verschaffen sollte aus Verwaltungssicht Manuel Münch, allerdings fiel der Sachvortrag – wohl auch angesichts der stattlichen Tagesordnung – ziemlich kurz aus. Landrat Bernhard Kern betonte, dass sich Kreisräte und Fraktionen mit diesem Vorhaben »im Vorfeld intensiv befasst haben«, wobei sie sich auch auf die Unterstützung des Berchtesgadener Land Wirtschaftsservice (BGLW) vertrauen konnten. Geschäftsführerin Dr. Anja Friedrich-Hussong war auch zur Kreistagssitzung gekommen.
Neben der gestrichenen Superlative gibt es weitere deutliche Änderungen – allen voran die Einarbeitung der zentralen Erkenntnisse, Herausforderungen und Ziele der Sozialraumanalyse für den Landkreis Berchtesgadener Land sowie der in der Folge entwickelten Gesamtstrategie zu den wichtigsten Themenfeldern »Demografischer Wandel und Fachkräfte«, »Schaffung von Wohnraum« und »Ausbau der Bildungs- und Betreuungsangebote«. Außerdem gibt es in der neuen Version nun einen deutlichen Bezug zu den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) der Vereinten Nationen und zur UNESCO-Biosphärenregion. Zu diesen 17 UN-Zielen zählen zum Beispiel »Keine Armut«, »Kein Hunger«, »Gesundheit und Wohlergehen«, Geschlechtergleichheit« oder auch »«Bezahlbare und saubere Energie«.
Zielgruppe verändert
Ebenfalls neu: Das bisherige Wirtschaftsleitbild sprach sämtliche Kommunen, kommunale Organisationen und Unternehmen an. Das neue Leitbild fokussiert sich nun auf die Zielgruppe des Landkreises und der Landkreisgesellschaften. Zudem wurden die Stärkung des ÖPNV und die Verbundintegration im Unterkapitel »Zukunftsfähige Mobilität« explizit mitaufgenommen. Und das bisherige Unterkapitel »Ermöglichungskultur« wird in seiner grundsätzlichen Bedeutung als Leitprinzip aufgewertet. Konkret heißt es zu letzterem Punkt: »Wir erleichtern Zugänge, wir vereinfachen Prozesse und wir setzen Potenziale frei.« Für die Mitarbeiter in der Landkreisverwaltung heißt das zum Beispiel: »Sie sind für Innovation offen, motiviert durch Wirkung und gestützt durch moderne Arbeitsprozesse.«
Nicht mehr die Größten, Besten und Schönsten
Bei den Kreisräten traf das überarbeitete Wirtschaftsleitbild überwiegend auf Zustimmung, allerdings wurden auch Erwartungen daran formuliert. SPD–Sprecher Roman Niederberger lobte den »konstruktiven Austausch im Vorfeld« und hielt als erster fest: »Ich freue mich, dass man die Superlative zurückgestutzt hat und wir nicht mehr die Größten, Besten und Schönsten sein müssen.« Ebenso freute er sich, dass nun die Formel »Hohe Wertschöpfung bei möglichst geringem Flächenverbrauch« festgehalten wurde. Mit Blick auf Digitalisierung und »Ermöglichungskultur« mahnte Niederberger aber auch: »Das werden wir in den kommenden Haushalten mit Mitteln unterlegen müssen.«
Dieses Thema treibt auch Simon Köppl (Grüne) um, der das Wirtschaftsleitbild in diesem Punkt für sehr gelungen hält: »Es beschreibt die Rolle gut, die der Landkreis einnehmen muss.« Ebenso hat er beim Thema Mobilität »zukunftsfähige Elemente« ausgemacht und sieht im Hinblick auf Energie »alle Energieträger berücksichtigt, auch die Windkraft«. Sein Wunsch zum Wirtschaftsleitbild: »Jetzt kann man nur hoffen, dass sich das möglichst schnell in den Verwaltungen und Institutionen wiederfindet.«
Ein Gedanke, den Georg Wetzelsperger (CSU) direkt aufgriff: »Papier ist geduldig.« Er forderte, das Wirtschaftsleitbild »mit Leben zu erfüllen und in die Umsetzung zu kommen«, denn nur dann werden auch die Bürger davon profitieren können.
Des einen Freud, des anderen Leid: Simon Köppls Windkraft ist für Wolfgang Koch (AfD) ein rotes Tuch. Der Kreisrat, der in Anger lebt, hielt fest: »Man kann dem zustimmen, ich muss es aber trotzdem ablehnen, weil die Windkraft drin steht und Anger dann katastrophal betroffen ist.«
Die Verwaltung muss schneller werden
Die »Ermöglichungskultur« wollte Franz Eder (Grüne) noch mal ins Visier nehmen hinsichtlich der Bearbeitung von Anträgen und Anfragen in der Verwaltung: »Da müssen wir schneller werden. Dass Bearbeitungen jahrelang dauern, darf es einfach nicht geben. Deswegen mein dringender Appell, dass es in der Verwaltung schneller wird.«
Michael Koller (Freie Wähler) erinnerte an das erst jüngst im Landtag beschlossene dritte Modernisierungsgesetz als »Beitrag für Vereinfachung und Bürokratieabbau«. Er zeigte sich überzeugt: »Da passt unser Wirtschaftsleitbild gut dazu.«
Eine Überarbeitung war Dr. Bartl Wimmer (Grüne) zu unscharf, hinsichtlich der Konzentration auf Landkreis und seine Gesellschaften: Für ihn gibt es da schon auch noch einen Bezug auf die Betriebe, »das kommt so jetzt nicht raus«.
Nur eine Gegenstimme
Letztlich gab der Kreistag mit überwältigender Mehrheit dem neuen Wirtschaftsleitbild seinen Segen und beauftragte gleichzeitig die Verwaltung, »die Entwicklung von Projekten und die Gestaltung von Prozessen an dieses Leitbild auszurichten«. Einzig AfD-Mann Koch stimmte wie angekündigt dagegen. Thomas Jander