Bereits von der Resonanz des ersten Treffens im Schloss vor zwei Wochen waren die Initiatoren Jürgen Merks und Lena Wichmann aus Bad Reichenhall überwältigt. Einheimische, Kulturschaffende, ehrenamtlich Engagierte und Interessierte an einem Wohnprojekt kamen zusammen. Sie alle waren überzeugt vom Entwurf mit einer Mischung aus privatem Wohnprojekt und Öffnung des Schlosses als Treffpunkt und Ort für Kunst- und Kulturveranstaltungen. Das Schloss soll dabei auch einen betont regionalen, ökologischen und sozialen Anstrich bekommen.
Möglich wäre dies alles, wenn die Gruppe den Zuschlag vom bisherigen Eigentümer, dem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband erhält. Der wolle das Schloss nur in beste Hände, sprich ortsverträgliche Nutzung, übergeben, betonen Jürgen Merks und Lena Wichmann. Die wissen aber auch, dass genauso ein ausländischer Investor zum Zuge kommen könnte. Um dies abzuwenden, muss die Arbeitsgruppe um Merks und Wichmann rasch einen wirtschaftlich tragfähigen Finanzierungsplan auf die Beine stellen. Daran wird aktuell eifrig gearbeitet. Deshalb wird dem Gebäudeensemble derzeit ordentlich auf den Zahn gefühlt. Energie-Gutachten, Denkmalschutz, Brandschutz, Grundrissänderungen, Nutzungskonzept und Geldgeber sind Hürden, die in der verbleibenden Zeit ambitioniert erscheinen.
Die Gruppe hofft deshalb auf weiteren Rückenwind aus dem Markt Berchtesgaden, auf Menschen, die bei der kniffligen Sachlage mit Rat und Tat zur Seite stehen wollen. Vielleicht ist es aber auch gerade der Zeitdruck, der allen klar macht, was Merks befürchtet: »Zaudern bedeutet, ein Stück ortsbildprägende Heimatgeschichte für den Markt Berchtesgaden aufs Spiel zu setzen.«
Man freut sich, dass es auch Bürgermeister Franz Rasp so sieht. Auch ihm wäre am neuen Leben des in die Jahre gekommenen Gebäudes sehr gelegen. Deshalb will er das in seiner Macht Stehende tun, um dem Projekt den Weg zu ebnen. Dieser Zuspruch ermutigt Merks, das Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen, damit Schloss Fürstenstein für den Markt sinnstiftend erhalten bleibt.
Gerade das Erdgeschoss mit seinen wunderschönen Räumlichkeiten biete Platz und Ambiente für Veranstaltungen, Beisammensein, Bildung, Kunst und Geschichte jeglicher Couleur, sagt Merks und erwähnt den Charme der ehemals fürstpröpstlichen Kapelle. Sie strahlt heute als entweihter Rokokosaal immer noch den ehemaligen Glanz auf seine Besucher aus. Wichtig wäre es nach Ansicht von Merks und Wichmann außerdem, das reichliche Raumangebot gastronomisch zu flankieren.
Die Privatinitiative trifft sich morgen Donnerstag um 19 Uhr zum zweiten Mal im Erdgeschoss des »Schlosses Fürstenstein«, Fürstensteinweg 14. Interessenten können sich hier zum Projektstand informieren lassen. Lena Wichmann fügt lächelnd hinzu: »Es war einmal ein Schloss … und wir küssen es wach.«
In dem Schloss lebte Michael Balthasar Graf von Christalnigg sechs Jahre lang, bis er 1764 im Alter von 58 Jahren verstarb. Christalnigg war kein Mann des verschwenderischen Luxus. Er hielt seine Wohnräume bescheiden. Großzügig allerdings ließ er die Kapelle ausschmücken, die noch heute ein kunsthistorisches Schmuckstück ist.
Bis in die 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts verbrachten dann Hunderte von Lehrerinnen und Lehrern in »Schloss Fürstenstein« ihre Ferien. In den 90er Jahren renovierte der BLLV einen Teil des Anwesens, ein anderer wurde fest vermietet. Es entstanden sechs gut ausgestattete Ferienwohnungen. Ulli Kastner