Diese drei Verzichte stellen die Kernkriterien der Naturgartenzertifizierung dar. Zusätzlich müssen weitere 14 Kann-Kriterien zumindest teilweise erfüllt werden. Streitfelders Garten konnte in allen Bereichen punkten. Wer selbst einen Garten hat, der in Sachen Naturnähe gut aufgestellt ist, kann sich für die Zertifizierung als Naturgarten bewerben. Die Kriterien und weitere Informationen zur Naturgartenzertifizierung sind zusammengefasst im Internet unter www.lwg.bayern.de/naturgarten.
Im Rahmen ihrer Bemühungen, ihren Garten in Hanglage zu einem Paradies für Pflanzen und Tiere zu verwandeln, hat Streitfelder in den vergangenen Jahren einige Projekte umgesetzt – zum Beispiel 18 neue Hochstamm-Obstbäume, die vergangenes Jahr auf den umlegenden Hängen gepflanzt wurden, sowie 40 schwachwachsende Apfelbäume verschiedener Sorten in ihrem Garten. Oft ist die Bodenpflege unter Spindelbäumen ein Problem. Gras sollte nicht hoch wachsen, da es in starker Konkurrenz zu den schwachwachsenden Wurzeln der Bäumchen steht – mähen ist zwischen den eng stehenden Stämmen eine Herausforderung. Streitfelder hat Erdbeeren gepflanzt, die nicht nur eine köstliche Ernte liefern, sondern auch den Graswuchs verdrängen. »Das habe ich beim Osogo (Obstsortengarten Ohlsdorf am Attersee) gesehen und sofort ausprobiert. Es funktioniert fantastisch«, erklärt sie. Das Vorhandensein von Obst, Gemüse, Kräutern und heimischen Gehölzen sind Kriterien der Naturgartenzertifizierung.
Ihr macht es Spaß, zu experimentieren: Auf 850 Metern Höhe testet sie, welche wärmeliebenden Gewächse in geschützten Standorten gedeihen können. In ihrem Garten wachsen unter anderem Feigenbäume und Maulbeeren. Sie träumt davon, die ein oder andere Zitruspflanze, Olivenbäume oder Eukalyptus winterhart in ihrem Garten halten zu können.
Um Flora und Fauna viele verschiedene Lebensräume zu bieten, sind überall ums Haus Magerbeete angelegt. Auf diesen »Kiesbeeten« können sich Hungerkünstler-Pflanzen wie Mauerpfeffer, Schafgarbe, Königskerzen, Wolfsmilch oder Glockenblumen entfalten, ohne von konkurrenzstarken Gräsern bedrängt zu werden. Diese Beete sehen in den ersten Jahren noch relativ karg aus – der Unterschied zu den »toten Geröllfeldern« so mancher Neubauten besteht darin, dass im Magerbeet Sand mit Feinstanteilen enthalten ist, die Pflanzenwachstum möglich machen. Doch die nährstoffarmen Böden kommen nicht nur bestimmten Pflanzen zugute, sondern auch vielen bodenbrütenden Insekten, die offenen Boden zur Eiablage benötigen. So sind zwei Drittel der heimischen Wildbienenarten Bodenbrüter.
Zusätzlich bieten überall in den Beeten verteilte große Stücke Totholz und Naturstein-Trockenmauern ein Habitat für Käfer- und Insektenlarven. Ein »wildes Eck«, das nur alle zwei bis drei Jahre gemäht wird und ein toleranter Umgang mit Beikräutern bieten zusätzlich Nahrung für Insekten, die auf die im Garten eher unbeliebten Pflanzen wie Vogelmiere, Brennnesseln und Lattichgewächse et cetera angewiesen sind.
Anita Streitfelder aus Bad Dürrnberg ist seit 2023 Vorständin des Obst- und Gartenbauvereins Ober-au. 2024 schloss sie die Salzburger Baumwartausbildung erfolgreich ab. Zudem ist sie Gartenbäuerin und seit vergangenem Jahr selbst eine von sieben Naturgartenzertifizierern im Kreisverband BGL. Ihre Expertise ist gefragt, wenn es darum geht, die Kunst der naturnahen Gartenpflege weiterzugeben und anderen Gartenbesitzern zu helfen, ihre Gärten nachhaltig zu gestalten.
Bei Interesse, seinen Garten mit der Naturgartenplakette zu veredeln, Anmeldung bei Kreisgartenfachberater Sepp Stein unter Telefon 08651/773853 oder per E-Mail an kreisgartenfachberatung@lra-bgl.de. Für allgemeine Gartenfragen steht der Kreisgartenfachberater selbstverständlich ebenso zur Verfügung. fb